Vorgehen gegen Täuschung
Den Behörden fehlen zwar scharfe Instrumente, um gegen Greenwashing im Finanzbereich vorzugehen. Dennoch hat die Finma bereits in über einem Dutzend Verdachtsfällen zugeschlagen.
12. Juni 2023 • Beat Schmid

Es war ein Urteil, das auch ausserhalb der Schweiz wahrgenommen wurde. So schrieb die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» diesen Donnerstag von einer «Rüge für die Fifa», weil der Fussballweltverband «fälschlich» damit geworben habe, die WM 2022 in Katar sei klimaneutral. Insgesamt sechs Umweltverbände hatten der Fifa vorgeworfen, übertriebene Angaben zu CO₂-Neutralität des Grossanlasses im Wüstenstaat gemacht zu haben.

Es ist eines der ersten Greenwashing-Urteile, das die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK), die Selbstregulierungsorganisation der Kommunikationsbranche, gefällt hat. Die SLK kann nicht wie ein Gericht Bussen verhängen oder Verantwortliche verurteilen, sondern nur Empfehlungen oder eben Rügen aussprechen. So gesehen ist der Weltfussballverband mit Gianni Infantino an der Spitze mit einem blauen Auge davongekommen. Es bleibt beim Imageschaden.
Nicht immer kommen Verantwortliche so glimpflich davon. Wie hart die Behörden durchgreifen können, zeigte sich im vergangenen Jahr in Deutschland. Nachdem eine Whistleblowerin Greenwashing-Vorwürfe gegen die Deutsche Bank und ihre Fondstochter DWS erhoben hatte, durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft die Büros der Konzerne in Frankfurt am Main. Die Aktien der Finanzriesen stürzten kurzzeitig um fast fünf Prozent ab. Nur gerade zwei Tage später musste DWS-Chef Asoka Wöhrmann seinen Posten räumen. Er ist einer der ersten Topmanager, der wegen Greenwashing-Vorwürfen seinen Job verliert. Das zeigt: Greenwashing ist längst kein Kavaliersdelikt mehr.

Finma-Präsidentin will «effektive Instrumente»

Auch in der Schweiz gehen die Behörden verstärkt gegen Greenwashing vor – allerdings noch mit recht stumpfen Instrumenten. «Insgesamt ist der Handlungsspielraum der Finma zur effizienten Greenwashing-Prävention und -Verhinderung limitiert», heisst es in einem Bericht der Behörde von Ende 2021. Regulatorische Massnahmen könnten der Finma zusätzliche Instrumente geben, um den Kampf gegen Greenwashing noch breiter und wirksamer zu gestalten, heisst es weiter. Finma-Präsidentin Marlene Amstad weibelt seit Monaten «für neue effektive Instrumente», wie sie wiederholt betonte.

Doch die Behörde hat auch mit dem heutigen Werkzeugkasten Möglichkeiten, gegen Greenwashing vorzugehen. Dabei steht der Schutz von Kunden und Anlegern vor Täuschung im Vordergrund. Und sie greift auch durch: Wie die Finma auf Anfrage mitteilt, hat sie seit 2021, als Greenwashing also erstmals richtig auf den Radar kam, insgesamt 18 sogenannte Vor-Ort-Kontrollen bei Fondsgesellschaften und Vermögensverwaltern durchgeführt.

Im Jahr 2023 hat die Behörde erstmals auch sogenannte Point-of-Sale-Kontrollen durchgeführt. Laut der Behörde ist es 2023 bisher zu drei Kontrollen an solchen Kundenberatungsstellen gekommen. Die Finma führte über 40 Fondsanalysen durch, teilweise aufgrund von Hinweisen aus der Presse. Zudem prüft sie die Nachhaltigkeitsberichte aller Schweizer Immobilienfonds. Ob und welche Sanktionen die Finma verhängt hat, ist nicht bekannt.

Der Kampf gegen Greenwashing ist damit innert kurzer Zeit zu einer wichtigen Aufgabe der Finanzaufsicht geworden. Zum Vergleich: Im Zusammenhang mit Geldwäscherei führte die Finma in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 48 Kontrollen durch. Im Krypto-Bereich waren es drei und fünf Vor-Ort-Kontrollen in den Jahren 2021 und 2022.

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