Foodtech
Die Belegschaft des Zürcher Vegan-Investors schrumpft auf eine Handvoll Personen um Gründer Roger Lienhard. Ein verbliebener Fonds steht offenbar zum Verkauf. Zugreifen könnte ein bekanntes Family Office.
18. August 2023 • Beat Schmid

Blue Horizon kämpft seit Monaten mit Problemen. Die Personalkosten waren stets deutlich höher als die Einnahmen, die das Unternehmen aus den Managementgebühren seiner Fonds erzielte. Das Unternehmen lebte vom Verzehr des Eigenkapitals, das 2021 aufgestockt wurde.

Nach einer längeren Auseinandersetzung mit den Investoren des ersten Fonds, dem Venture Fund, wurde Blue Horizon jedoch die Verwaltung der Investitionen entzogen. Der Fonds wird nun von einer anderen Gesellschaft abgewickelt. Der zweite Fonds, der sogenannte Growth Fund, hat nie die Flughöhe erreicht, um die mehr als 30 Mitarbeiter zu finanzieren. Bisher haben Investoren rund 100 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, angestrebt waren 500 Millionen.

Nun hat Blue Horizon die Reissleine gezogen. Tippinpoint liegt eine Liste mit 31 Namen vor, die das Unternehmen in den letzten Monaten verlassen haben. Da die Zürcher Firma nie viel mehr Leute beschäftigt hat, muss man davon ausgehen, dass heute noch eine Handvoll Personen tatsächlich an Bord sind. Dem Vernehmen nach sind dies neben dem Gründer und Verwaltungsratspräsidenten Roger Lienhard der CEO von Blue Horizon, Björn Witte, ein Verkäufer sowie wenige weitere Personen.

Ein Verkauf an die Thyssen-Bornemisza Group?

Dem Vernehmen nach wird nach einer Lösung für den Growth Fund gesucht. Gemäss Recherchen sollen Verhandlungen über einen Verkauf an das Family Office Thyssen-Bornemisza Group (TBG) der gleichnamigen deutschen Industriellenfamilie am Laufen sein. Zwischen TBG und Blue Horizon bestehen bereits Verbindungen. Das ebenfalls in Zürich ansässige Family Office ist an der Dachgesellschaft von Blue Horizon beteiligt. Mit Jeremy Abson hat die TBG auch einen Vertreter im Verwaltungsrat der Vegan-Investorin.

Offiziell will ein Sprecher von Blue Horizon weder die Abgänge noch einen möglichen Verkauf des Growth Fund kommentieren. Zu den zahlreichen Abgängen heisst es: «Blue Horizon passt seine Kostenbasis den Marktentwicklungen an, die wir in allen Branchen und auch im Bereich der nachhaltigen Lebensmittel beobachten – ein Ansatz, den unsere Investoren und Geschäftspartner von uns erwarten.»

Und zu den Verkaufsverhandlungen mit der Thyssen-Bornemisza-Gruppe schreibt der Sprecher: «Wie diverse Mitbewerber räumen wir ein, dass der Fundraising-Prozess anspruchsvoll ist. Nichtsdestotrotz hat der Fonds bereits mehr als 100 Millionen Dollar an Zusagen erhalten und ist damit im Bereich der nachhaltigen Lebensmittel gut positioniert. Aktuell sehen wir einen Stimmungswandel bei den Investoren in unserer Fundraising-Pipeline, weshalb wir die Frist für das Closing des Fonds bis Ende 2023 verlängert haben. Dabei dienen uns die bereits getätigten Investments sowie die starken Co-Investoren zum Vorteil.»

Gründer Roger Lienhard ist hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen. Der Vegan-Guru wurde von dem deutschen «Manager Magazin» als «Extremisten der New-Food-Szene» hochgejubelt. Er wolle Blue Horizon zum Berkshire Hathaway der Lebensmittelindustrie machen, sagte er dem «Forbes Magazine». Es war Lienhards Plan, Blue Horizon an die Börse zu bringen. So gelang es ihm auch, einige Cracks ins Unternehmen zu holen und namhafte Investoren anzulocken. Der Traum, der Warren Buffet des veganen Zeitalters zu werden, dürfte für Lienhard ausgeträumt sein.

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