Milliarden-Vision Nuos von Roger Lienhard
Der Blue-Horizon-Chef sucht Investoren für eine Proteinfabrik in der arabischen Wüste. Er verspricht nicht weniger als die Weltmarktführerschaft.
15. September 2023 • Beat Schmid

Nachdem Roger Lienhard mit seiner Zürcher Impact-Boutique Blue Horizon auf dem Boden der Realität gelandet ist, will er jetzt noch höher hinaus: Er sucht Investoren für den Bau einer «Gigafactory», in der vegane Lebensmittel aus alternativen Proteinen im ganz grossen Stil produziert werden sollen. Die gigantische Fabrik soll in der arabischen Wüste entstehen.

Nuos heisst das ehrgeizige Projekt. Die Computeranimation erinnert an ein James-Bond-Abenteuer. Irgendwo in der Wüste plant ein visionärer Unternehmer eine riesige, vollautomatische Fabrik für technisch erzeugte Lebensmittel. Hochbahnen bringen Beschäftigte in weissen Kitteln in Labors, wo sie an neuen pflanzlichen Proteinen forschen. Auf dem Gelände wachsen auf kreisrunden Feldern die pflanzlichen Rohstoffe, die in riesigen Produktionshallen zu veganem Chicken Masala oder Currywurst verarbeitet werden. Lastwagen bringen die Lebensmittel zu den Häfen, von wo aus sie in die ganze Welt verschifft werden.

Es habe mehr als ein Jahrzehnt gedauert, die Welt davon zu überzeugen, dass die Zukunft des Transports elektrisch sei, heisst es auf der Website von Nuos. «Der gleiche Wandel vollzieht sich nun bei der Ernährung und ihrem Hauptbestandteil: dem Eiweiss.» Die Sterne stünden günstig für eine Zukunft, in der die Technologie einmal mehr eine Schlüsselrolle spielen und gleichzeitig gigantische Werte für Investoren schaffen werde.

«Leidenschaftliche Partner» gesucht

Hinter dem Projekt Nuos stehen die Macher der Zürcher Impact-Boutique Blue Horizon. Sie haben an der Tödistrasse 61 in Zürich die Firma Nuos Ltd. eingetragen, wo sich auch die Büros von Blue Horizon befinden. Im Handelsregister sind Björn Witte, Chef von Blue Horizon, ein weiterer Blue-Horizon-Mann und Roger Lienhard als Verwaltungsräte eingetragen. Lienhard ist Gründer des Zürcher Impact Investors und bekennender Veganer.

Obwohl bisher nicht viel mehr als eine AG in Zürich und Computeranimationen existieren, wird auf der Website vollmundig verkündet, Nuos stehe für «grössten Erfolg in der modernen, nachhaltigen Proteinproduktion». Klar ist, dass Lienhard ein solches Projekt nicht alleine finanzieren könnte. «Wir suchen leidenschaftliche Partner mit starken Investitionsmöglichkeiten, die es gewohnt sind, zu den Besten zu gehören», steht deshalb auf der Website. Er verspricht ihnen, dass Nuos «Weltmarktführer in der sauberen Proteinproduktion» werden will.

Roger Lienhard zielt mit seinem neuen Venture auf Investoren aus dem Nahen Osten. Das Versprechen: Nuos soll durch den Betrieb einer «innovativen Netto-Null-Gigafabrik» wesentlich zur «Ernährungssicherheit» beitragen. Dadurch werde nicht nur das Bruttoinlandsprodukt gesteigert, sondern auch ein attraktiver Exportmarkt geschaffen, heisst es. Als Investoren dürfte er vor allem Staatsfonds im Visier haben.

Scherbenhaufen bei Blue Horizon

Lienhard will seine Erfahrung als Investor in vegane Start-ups einbringen. Sein Team habe «direkten Zugang zur kumulierten Erfahrung von Hunderten von Jahren, in denen wir die Zukunft der Ernährung entwickelt haben», heisst es.

Vor der Gründung von Blue Horizon investierte er in mehrere kleinere vegane Unternehmen und bündelte die Investments im sogenannten Livekindly Collective. Für das Livekindly-Board konnte Lienhard namhafte Persönlichkeiten wie Ex-Unilver-Chef Paul Polman gewinnen. Eine Sprecherin des bekannten Managers bestätigte, dass er nach wie vor im Verwaltungsrat sitzt. Ob Polman über das Nuos-Projekt Bescheid wisse, sagte sie nicht.

Auch bei Blue Horizon konnte Lienhard einige prominente Persönlichkeiten wie Ex-Migros-Topmann Walter Huber oder die ehemalige Finma-Kadermitarbeiterin Caroline Clemetson für den Verwaltungsrat gewinnen, die aber vor über einem Jahr geschlossen zurücktraten. Wie Tippinpoint berichtet, kam es zum Eklat mit den Limited Partnern des Blue Horizon Venture Fund. Inzwischen wurde dem Unternehmen das Management des Investments entzogen. Von den ursprünglich über 30 Mitarbeitenden haben inzwischen fast alle die Investment-Boutique verlassen.

Elon Musk als neues Vorbild

Gründer Roger Lienhard ist mit Blue Horizon hart gelandet. Der Vegan-Guru wurde vom «Manager Magazin» als «Extremist der New-Food-Szene» gefeiert. Er wolle Blue Horizon zum Berkshire Hathaway der Lebensmittelindustrie machen, sagte er dem «Forbes Magazine». Lienhards Plan war es, Blue Horizon an die Börse zu bringen. Es gelang ihm, namhafte Investoren anzulocken. Der Traum, der Warren Buffet des veganen Zeitalters zu werden, dürfte für Lienhard ausgeträumt sein.

Nun scheint Roger Lienhard einen neuen Traum zu träumen: Er mit seiner Gigafactory ganz offensichtlich der Elon Musk des veganen Zeitalters werden. Eine Sprecherin von Blue Horizon will das Projekt Nuos nicht kommentieren. In einer Stellungnahme schreibt sie: «Blue Horizon ist weiterhin an Investitionen in Infrastruktur interessiert und prüft verschiedene Optionen».

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