Börsengehandelte Fonds (ETF), die direkt in Bitcoin investieren, haben am Mittwoch nach US-Börsenschluss von der US-Aufsichtsbehörde grünes Licht erhalten und am Donnerstag den Handel aufgenommen. Dies ist ein erwarteter Meilenstein für den Krypto-Sektor, der den Zugang zum Token sowohl an Wall Street als auch darüber hinaus erweitern wird. Nach einem fulminanten Lauf in den letzten Monaten des Jahres 2023 und einer hohen Volatilität zu Beginn des Jahres machte der Bitcoin-Kurs als Reaktion auf die Genehmigung keine allzu grossen Sprünge, überschritt am Donnerstag nur kurzfristig die Marke von 47'000 Dollar.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Stabelcoin-Anbieter will an die Börse
Ein Bitcoin-Händler meinte dazu, dass die Kotierung in seinem Bereich wenig Gewicht habe: «Die Regulierung wird massiv überschätzt, die Kurse werden von Käufern und Verkäufern gemacht». Investoren, die in Bitcoin investieren wollten, hätten bereits bisher zahlreiche Möglichkeiten gehabt, das zu tun. Der konkurrierende Coin Ether, von Ethereum, der gemessen an der Marktkapitalisierung zweitgrössten Blockchain, stieg dagegen aufgrund von Spekulationen, dass er als nächster an der Reihe sein könnte, stark an. Kryptoaktien in den USA setzen ihre jüngste Rally fort.
Gensler relativiert «Bitcoin-Liebe»
«Für ETF-Anbieter herrscht Goldgräberstimmung, das Geschäft möchte man sich nicht entgehen lassen, sind doch die operativen Kosten für Verwahrung und Verwaltung verhältnismässig gering», sagt Nourdine Abderrahmane, Partner bei der Beratung LPA in Zürich. Die Nachfrage seitens der Investoren sei aktuell ungebrochen auch vor dem Hintergrund der jüngeren Inflationswelle. Es sei bereits zu beobachten gewesen, dass hinsichtlich der ETF-Kosten echter Wettbewerb herrsche. Insofern sei das grosse Angebot für die Anleger sicherlich ein positiver Trend.
Der SEC-Chef Gary Gensler gilt aber weiterhin als scharfer Kritiker diverser Krypto-Player und generell als Skeptiker im Bereich der Kryptosphäre. «Obwohl wir heute die Notierung und den Handel von bestimmten Bitcoin-ETF genehmigt haben, haben wir Bitcoin damit weder genehmigt noch befürwortet», schrieb Gensler in einer Erklärung vom 10. Januar, nur eine Stunde nachdem die Zulassungen erteilt wurden. Gensler bekräftigte die Haltung seiner Behörde gegenüber der marktführenden Kryptowährung und verglich den «spekulativen» Charakter von Bitcoin mit dem «praktischen Nutzen» von Edelmetallen wie Gold, Silber und Platin. Er fügte hinzu, dass die Regulierungsbehörde «wertneutral» bleibe und keine Meinung zu bestimmten Unternehmen, Investitionen oder den einem Indexfonds (ETF) zugrunde liegenden Vermögenswerten vertrete.
Folgen jetzt andere Kryptowährungen?
«Nicht vergessen sollte man jedoch, dass der Bitcoin in den USA bereits zuvor regulatorisch gegenüber anderen Kryptowährungen herausgestellt war», sagt der LPA-Partner. Faktisch könnten ETF-Anbieter entgegenhalten, dass durch die «Verkapselung der Assetklasse» in ein ETF-Produkt nun viele Probleme der Geldwäsche und Kundenidentifikation gelöst würden. Nun wird es gemäss Abderrahmane spannend zu beobachten, wie Forderungen nach Spot-ETF auf andere Kryptowährungen in den kommenden Monaten gehandhabt werden.
«Für bestehende Krypto-Börsen ist diese Entwicklung sicherlich Fluch und Segen zugleich – einerseits verleiht er der Assetklasse wieder mehr Seriosität und lockt andere Käuferschichten an, andererseits werden Kryptobörsen nun reagieren müssen, um solche Kunden zu halten, die ihre Anlagen einzig deswegen halten, um in Bitcoin investiert zu sein», sagt Nourdine Abderrahmane.
Hat der SEC-Entscheid auch Einfluss auf die Schweiz und sollen hiesige Anleger nun amerikanische Bitcoin-ETF kaufen? Aus Schweizer Perspektive gibt es gemäss Hans-Jörg Morath, Head Product Strategy & Client Coverage der Digital Asset Solutions AG, einige wichtige Überlegungen im Zusammenhang mit der Entscheidung, in US-ETF zu investieren: «Hauptsächlich handelt es sich dabei um steuerliche Aspekte, darunter die jeweilige Quellensteuer und die US-Erbschaftssteuer, die individuell betrachtet werden müssen».
Schweizer Investoren hätten jedoch mittlerweile eine breite Palette von Anlageprodukten zur Verfügung, um nicht nur von der Kursentwicklung von Bitcoin, sondern auch von anderen digitalen Vermögenswerten zu profitieren. Zum Beispiel können Anleger bereits jetzt über ETP (Exchange Traded Products) und AMC (Actively Managed Certificates) in verschiedene Krypto-Assets wie Bitcoin, Ether, Solana und andere Projekte investieren.
Andere Produkte werden Volumen einbüssen
Es bleibe abzuwarten, wie die ETF von den Investoren aufgenommen werden und welche Volumina sie generieren können, sagt Thomas Ankenbrand, Leiter Kompetenzzentrum Investments an der Hochschule Luzern (HSLU) mit dem Kerngebiet Fintech. Ankenbrand arbeitet jeweils an der jährlichen Fintech- und Krypto-Asset-Studie der Hochschule mit. «Es ist aber zu erwarten, dass die US-Anbieter ihre Produkte auch in anderen Märkten auflegen werden». Wahrscheinlich werden Produkte wie ETP zu Lasten von ETF verlieren. «Aber am Beispiel von Aktienindizes sehen wir, dass es ETF, ETP, AMC und Strukturierte Produkte auf einer Basisanlage gebe – je nach Bedürfnis des Investors», sagt Ankenbrand.
ETP werden aber das bevorzugte Instrument für Investitionen in andere Kryptowährungen bleiben. Nach Ansicht des HSLU-Dozenten muss es sich noch zeigen, ob der Bitcoin langfristig wirklich das beste Underlying für Krypto-Anlageprodukte ist, denn «der Bitcoin hat noch ein ungelöstes Problem mit seinem grossen Energieverbrauch».
Eigentlich nur ein Unterscheidungsmerkmal
Im Vergleich zu anderen Anlageklassen weist der Krypto-Markt (oder in diesem Zusammenhang der Bitcoin-Makrt) noch ein bescheidenes Volumen auf. Die beachtliche Anzahl von neuen ETF-Emittenten muss sich nun anstrengen, genügend Kunden und damit Anlagevolumen anzuziehen. «Die Anbieter verfügen in der Regel über eine Vielzahl von Möglichkeiten, um ihre Produkte im Wettbewerb hervorzuheben», sagt Hans-Jörg Morath. Diese Möglichkeiten erstreckten sich von der Auswahl des zugrunde liegenden Index über die Wahl der Replikationsmethode und die Ausgestaltung der Wertpapierleihe bis hin zum Domizil des ETF und der Gesamtkostenquote (TER). «Bei Spot Bitcoin ETFs besteht jedoch nur die TER als wirkliches Unterscheidungsmerkmal».
Interessanterweise hat dies gemäss dem Digital-Asset-Solutions-Manager dazu geführt, dass die Anbieter bereits vor der Zulassung dieser ETF durch die SEC einen Preiskampf ausgelöst und selbst in den Stunden vor der Genehmigung Preisreduzierungen vorgenommen hatten. Die aktuellen Basisgebühren der führenden Anbieter sehen derzeit wie in Tabelle links aus (Anmerkung des Autors: Im Gegensatz zur gestern publizierten Tabelle, die nur die Gebühren umfasste, handelt es sich hier um die TER).
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Stabelcoin-Anbieter will an die Börse
Circle, der Emittent des USD-Coins (USDC), will an die Börse. Einen entsprechenden Antrag habe das Unternehmen bereits bei der US-Börsenaufsicht eingereicht. Das Unternehmen, mit vollem Namen Circle Internet Financial, hat gemäss eigenen Angaben einen «vertraulichen» Antrag bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht. Die Anzahl der angebotenen Aktien sowie der Emissionspreis seien aber noch nicht bestimmt. Bereits im Jahr 2022 hatte Circle einen Börsengang erwogen. Der anvisierte SPAC-Deal (Reverse-Takeover mit Börsenmantel) platzte jedoch wenig später aus unbekannten Gründen. Mit USDC, bietet das Unternehmen eine Kryptowährung an, die den US-Dollar eins-zu-eins abbildet. Auch ein Euro-Stablecoin ist im Angebot. Der USDC ist die Nummer 7 unter den Kryptowährungen und weist aktuell eine Marktkapitalisierung von 25,3 Milliarden Dollar auf.