Andreas Gottschling sass zwischen 2017 und 2021 im Verwaltungsrat der Credit Suisse. Ab 2018 war er zudem Vorsitzender des Risikoausschusses. Der gebürtige Deutsche war nach Urs Rohner der am zweithöchsten entlöhnte Verwaltungsrat. Er erhielt eine Vergütung von 950’000 Franken pro Jahr.
Unter seiner Aufsicht kam es zu den grössten Flops in der Geschichte der Credit Suisse – Archegos, Greensill, York Capital etc. Sie haben Milliarden gekostet und den Ruf der Bank massiv geschädigt. Es waren keine Altlasten aus früheren Zeiten, sondern eklatante Fehlleistungen, die während seiner Amtszeit begangen wurden.
Um einer drohenden schmachvollen Abwahl durch die Aktionäre zu entgehen, trat er im April 2021 von seinem Posten zurück. Andreas Gottschling, der in Schindellegi lebt, verfügt seither noch über einziges namhaftes VR-Mandat. Seit 2020 sitzt er im Aufsichtsrat der Deutschen Börse.
Der Milliardenkonzern, der selber an der Börse kotiert ist, verschweigt seine frühere Tätigkeit bei der Credit Suisse. Im Lebenslauf auf der Website finden sich keine Angaben zu seinem Engagement im CS-Verwaltungsrat. Sein beruflicher Werdegang endet 2016. Er war bis dahin Chief Risk Officer der Erste Group Bank AG in Österreich.
Das Ausblenden seiner CS-Vergangenheit erstaunt umso mehr, als Gottschling auch Vorsitzender des Risikoausschusses der Deutschen Börse ist. Wäre es nicht ein Gebot der Transparenz, die Öffentlichkeit über seine frühere Tätigkeit ins Bild zu setzen?
CS-Vergangenheit wegradiert
Genauso wegradiert ist die CS-Vergangenheit von Severin Schwan, dem Verwaltungsratspräsidenten des Pharmariesen Roche. Im aktuellen Geschäftsbericht und auf der Website findet sich kein Hinweis auf sein langjähriges Engagement als Vizepräsident und sogenannter Lead Independent Director der Credit Suisse.
Jahrelang war er hinter Präsident Urs Roher die Nummer zwei im obersten Gremium der Bank. Er bezog ein Honorar von 400’000 Franken. Der Nicht-Banker Schwan sass zudem zusammen mit Gottschling im Risikoausschuss der Grossbank. Auf der Roche-Website ist davon nichts zu lesen.
Ein Sprecher der Deutschen Börse teilt auf Anfrage mit, das Unternehmen halte sich an die gesetzlichen Transparenzvorschriften. Demnach müssten nur aktuelle Mandate angegeben werden. Da Gottschling nicht mehr im CS-Verwaltungsrat sitze, müsse dies nicht transparent gemacht werden.
Buchstabengetreu
Damit mag die Börse das Gesetz buchstabengetreu anwenden. Allerdings haben VR-Mandate in der Schweiz ein anderes Gewicht als in Deutschland und werden völlig anders entschädigt. Im Fall Gottschling hatte das Mandat den Charakter einer vollwertigen beruflichen Tätigkeit. Das zeigt sich nur schon daran, dass er ab 2016 keine weitere exekutive Tätigkeit ausübte.
Im Fall von Roche scheint es einen Spielraum zu geben, welche Engagements, auch frühere, von Verwaltungsräten offengelegt werden und welche nicht. So gibt Nestlé-CEO Mark Schneider, der seit 2023 im Verwaltungsrat von Roche sitzt, an, dass er zwischen 2014 und 2017 Mitglied des Verwaltungsrats des US-Chemiekonzerns DuPont war. Severin Schwan verzichtet auf die Offenlegung seiner langjährigen Funktion als Vizepräsident der Credit Suisse.