Lehren aus der CS-Krise
Heute dürfte die Landesregierung ihren Too-big-to-fail-Bericht vorstellen. Besonders interessieren dürften die Vorschläge zum Eigenkapital und zu den Boni.
10. April 2024 • Beat Schmid

Wie soll der Bund die UBS regulieren, damit sie in einer Krise den Staat nicht mit in den Abgrund reisst? Wie viel Eigenkapital muss die Grossbank künftig halten, um Verluste auffangen zu können? Wie stark soll der Staat in die Vergütungssysteme der Banker eingreifen dürfen? Das sind die wohl wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der künftigen Regulierung der Grossbank. Die Antworten darauf dürfte der Bundesrat heute in seinem Bericht über die Lehren aus dem Kollaps der Credit Suisse liefern.

Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat eine Erhöhung des Eigenkapitals verlangen wird. Davon gehen die meisten Beobachter aus. Die Bilanz der UBS ist mit rund 1,7 Billionen Dollar doppelt so gross wie die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz, was die Bank zu einem ausserordentlich grossen Brocken macht.

Sollte die UBS untergehen, gäbe es keine einheimischen Konkurrenten mehr, die sie auffangen könnten. Ein ausländisches Institut übers Wochenende herbeizurufen, um die Grossbank im Notfall zu übernehmen, wird nicht funktionieren. Auch eine geordnete Abwicklung ist fraglich. Für die globale Finanzstabilität und den Finanzplatz Schweiz wäre ein solches Experiment mit ungeahnten Risiken verbunden. Was bleibt, ist eine vorübergehende Verstaatlichung, welche die Staatsfinanzen erschüttern würde.

Nicht mal in die Nähe des Abgrunds

Vor diesem Hintergrund ist eigentlich klar, was passieren oder besser nicht passieren darf: Die UBS darf nicht pleitegehen, sie darf nicht einmal in die Nähe des Abgrunds kommen. Deshalb braucht sie mehr Kapital, sind sich viele Experten einig. Ausgehend von einem harten Kernkapital (Common Equity Tier 1) von 79 Milliarden Dollar hatte die UBS Ende 2023 eine ungewichtete Eigenkapitalquote von 4,7 Prozent.

Um eine Quote von 10 Prozent zu erreichen, wie sie etwa der Berner Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti und der Co-Chef der KOF, Hans Gersbach, fordern, müsste die Bank rund 90 Milliarden Dollar neues Kapital beschaffen. Der Nationalrat hatte im Mai 2023 eine Motion gutgeheissen, die für systemrelevante Banken eine Leverage Ratio von 15 Prozent der Aktiven verlangt, weit mehr als in der Europäischen Union, den USA und Grossbritannien.

Banken halten dagegen

Die Banken halten natürlich nichts von einer Verschärfung. Eine Erhöhung der Eigenmittel hätte «massive Auswirkungen» auf die Bevölkerung, die Unternehmen und die öffentliche Hand, schrieb der Direktor der Bankiervereinigung, Roman Studer, kürzlich in einem Gastbeitrag am Beispiel der Zürcher Kantonalbank (ZKB) vor.

Gemäss seinen Berechnungen würde die Erhöhung der ungewichteten Kapitalanforderung von 4,5 Prozent auf 15 Prozent für die ZKB bedeuten, dass sie zusätzliche Eigenmittel in der Höhe von 20 Milliarden Franken beschaffen müsste. Um diese Vorgabe zu erfüllen, gibt es laut Studer «im Wesentlichen drei Alternativen»: Entweder eine Erhöhung des Dotationskapitals durch den Kanton um 20 Milliarden Franken. Oder ein Verzicht auf Gewinnausschüttungen an den Kanton Zürich und die Zürcher Gemeinden während rund zwanzig Jahren – bei einem angenommenen Jahresgewinn von rund 1 Milliarde Franken. Oder die Reduktion der Bilanzsumme um rund zwei Drittel, was rund 60 Prozent der Hypotheken der Bank betreffen würde.

Die Frage der Boni

Das Kapital ist aber nur eine Stellschraube, an der der Bundesrat drehen könnte. Neben vielen bereits bekannten und unbestrittenen Anpassungen (Bussenkompetenz, Senior Managers Regime) dürfte vor allem die Frage der Boni bewegen. Die politische Forderung nach einem Bonusverbot für CEO, Verwaltungsrat und Risikomanagement von systemrelevanten Banken liegt bereits auf dem Tisch. Es ist davon auszugehen, dass der Too-big-to-fail-Bericht des Bundesrates auch in der Bonifrage Vorschläge machen wird. Auch Finma-Präsidentin Marlene Amstad hat bereits Sympathien für einen Eingriff bei den Boni erkennen lassen.

Es scheint sich die Einsicht durchzusetzen, dass es nicht sein kann, dass eine Bank wie die Credit Suisse jahrelang Verluste schreibt und trotzdem Boni in Milliardenhöhe ausschüttet. Die Bank hat damit über Jahre ihre Substanz ausgehöhlt. Die Frage der Boni hat in jüngster Zeit wieder an Brisanz gewonnen. Das Salär von Sergio Ermotti von 14,4 Millionen Franken für neun Monate hat nicht nur in der Politik, sondern auch in der Bankenwelt viel Kopfschütteln ausgelöst. Die Irritation ist gross darüber, wie der UBS-Verwaltungsrat diesem Lohnpaket zustimmen konnte. Nicht wenige Beobachter würden sich nicht wundern, wenn der Bundesrat der UBS mit dem Too-big-too-fail-Bericht «eins reinbrennen» würde, wie es ranghoher Banker sagt.

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