Eine Systemumstellung werde sich «ganz erheblich auf den Personalstand auswirken», sagt der neue Chef der Finanzaufsicht. Das sind schlechte Nachrichten für PwC, Deloitte und Co.
4. Juni 2024 • Beat Schmid

Wenn eine Bank nicht kooperiere, werde es vermehrt Vor-Ort-Kontrollen geben. Bei solchen Kontrollen dürfe die Aufsicht nicht gesetzlich eingeschränkt werden, sagte Stefan Walter in seinem ersten Interview mit der NZZ (Abo).

Mehr Kontrollen bedeuteten auch mehr Personal, sagte der Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). «Ich glaube, dass es einen durchaus substanziellen Effekt auf den Personalbestand haben würde. Für genaue Zahlen ist es noch zu früh», sagte er. Ein Vergleich mit dem Ausland zeigt, dass der Personalbestand der Finma bei einer Systemumstellung von 580 auf 3000 Mitarbeitende anwachsen könnte.

Dies könnte bedeuten, dass Beratungsunternehmen wie PwC oder Deloitte weniger häufig für die Finma zur Abklärung von Sachverhalten bei beaufsichtigten Instituten herangezogen werden. Walter scheint kein Fan des «dualistischen Systems» zu sein. Er verwies darauf, dass der Internationale Währungsfonds und das Financial Stability Board dieses System kritisiert hätten, «da es zu Interessenskonflikten führen kann». Walter: «Die Aufsicht muss die Freiheit haben, zu bestimmen, welche Vor-Ort-Kontrollen sie selbst durchführt, und darf dabei nicht durch das Gesetz eingeschränkt werden.»

Klare Vorstellungen

Walter zeigte sich im Interview als Aufseher mit klaren Vorstellungen, wie er die Schweizer Finanzaufsicht reformieren will. Von den Finanzinstituten erwarte er, dass sie ihn «proaktiv» über stabilitätsrelevante Entwicklungen informieren. «Ich verlange vollständigen und ungefilterten Zugang zu allen Informationen», sagte er. Walter will ein Institut so sehen, wie es ist.

Oberstes Ziel sei es, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davor zu schützen, im Krisenfall eines Instituts einspringen zu müssen. Walter fordert, künftig zu härteren Aufsichtsmethoden greifen zu können. «Im Extremfall muss man die Möglichkeit haben, einzelne Personen verantwortlich zu machen und, wenn nötig, zu entfernen», sagte er und wiederholte die Forderung der Finma nach einem Senior-Manager-Regime.

Zwar könne die Finma bereits heute einem Topmanager die Gewähr entziehen, doch seien die Hürden dafür nach heutiger Rechtslage sehr hoch, so der Finma-Chef. Warum diese Hürden so hoch sein sollen, erklärte er nicht.

Information der Öffentlichkeit

Die Finma will den Finanzplatz auch durch öffentliches Naming and Shaming disziplinieren. Grundsätzlich sei es der Finma untersagt, über ihre sogenannten Enforcement-Verfahren zu informieren. «Künftig soll die Nichtkommunikation die Ausnahme sein», sagte Walter.

Bei den Eigenkapitalanforderungen blieb Walter hart. Wie er zuvor in einem Referat skizziert hatte, sollen die Mutterhäuser von systemrelevanten Banken ihre Töchter zu 100 Prozent mit Eigenkapital unterlegen müssen. Die UBS wehrt sich vehement gegen zusätzliche Kapitalpuffer. Auf den schwelenden Konflikt mit der Grossbank angesprochen, sagte Walter: «Es geht nicht darum, eine Fehde zu starten, sondern um die Frage, welche Rahmenbedingungen die Aufsicht braucht, um die Stabilität des Instituts zu sichern.»

Er bekräftigte seinen Standpunkt: «Die Kapitalerfordernisse nehmen mit zunehmender Grösse zu. Die Frage der Kapitalverteilung ist damit aber nicht gelöst: Wir wollen, dass auch das Mutterhaus genügend Puffer hat, um in einer Krise nicht zum Flaschenhals zu werden.»

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