Interview
Stephan Zimmermann ist seit Mai Präsident der Liechtensteiner Bank. Sinkende Erträge drücken auf den Gewinn. Ein Kostenprogramm soll Entlastung bringen. Doch reicht das, um die Unabhängigkeit zu wahren?
21. August 2024 • Beat Schmid

Hört man sich auf dem liechtensteinischen Finanzplatz um, ist das Gesprächsthema schnell gefunden: die VP Bank. Nach dem abrupten Abgang von CEO Paul Arni war klar, dass sich etwas ändern musste. Ist die Bank eigenständig überlebensfähig oder wird sie übernommen? Die von drei Stiftungen kontrollierte Bank befindet sich im Umbruch. Der langjährige UBS-Spitzenmanager Stephan Zimmermann, der seit Mai an der Spitze der Bank steht, spricht über Skaleneffekte, die Suche nach einem neuen CEO und sanktionierte russische Kunden.

Herr Zimmermann, bleibt die VP Bank eigenständig oder wird sie verkauft?

Ob wir verkauft werden oder nicht, müssen unsere Aktionärinnen und Aktionäre entscheiden. Wenn ich mit all unseren Ankeraktionären spreche, sagen sie mir, dass sie unseren Weg unterstützen.

Und dieser Weg heisst: Kosten runter und Erträge rauf, damit beide Grössen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Schafft die Bank das?

Es ist klar, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Erträgen im Moment nicht gut ist. In einer solchen Situation kann man zwei Dinge tun: mehr Geld verdienen oder die Kosten senken. Wir wollen beides tun.

Sie wollen 20 Millionen sparen. Das sind deutlich weniger als 10 Prozent des gesamten Kostenblocks. Ist das nicht zu wenig?

Wir haben rund 1000 Mitarbeitende. Das ist eine gute Grösse für unser Geschäft. Wir nutzen die Ressourcen, die wir haben, und stellen den Kunden wieder stärker ins Zentrum. Wir erwarten, dass wir damit die Erträge steigern können. Wir glauben daran, denn wir haben nicht nur Businesspläne, sondern auch konkrete Aktionslisten, um das umzusetzen.

Wie genau wollen Sie wachsen?

Wir sehen eine Wachstumsdynamik bei den Intermediären, die wir für uns nutzen wollen. Zudem wollen wir uns ernsthaft mit der Zukunft des Treuhandgeschäfts in Liechtenstein auseinandersetzen. Liechtenstein gilt bei Kunden als sicherer Hafen. Hier sind wir als Bank gefordert, die Erwartungen der Kunden an Produkte und Dienstleistungen zu antizipieren und einen klaren Mehrwert zu schaffen. Das erfordert eine Grösse, wie wir sie haben, auch in den Systemen. Die Skalierbarkeit des Geschäfts ist für die Bank ein wichtiger Punkt. Wir haben einen Maschinenraum, der noch mehr Volumen verträgt.

Die VP Bank hat ein Retailgeschäft, das in Liechtenstein systemrelevant ist, und ein internationales Geschäft, das anders funktioniert, aber mit grossen Risiken und erheblichen Kosten etwa in der Risikokontrolle verbunden ist. Stichworte: russische Kunden, Treuhänder, Intermediäre. Wie schafft man diesen Spagat?

Ich sehe diese Differenzen nicht so. Wenn wir zurückblicken: Die Bank wurde von Treuhändern gegründet, um Dienstleistungen für Treuhänder anzubieten. Dass sie dann in ihrem Heimmarkt zu einer Universalbank wurde, ist eine Entwicklung, die man auch bei anderen Banken sieht. Wir verfügen ganz einfach über Stärken, die wir auch als Universalbank ausspielen können.

Sie sind seit Mai Präsident des Verwaltungsrates. Wie lange werden Sie dieses Amt ausüben?

Ich habe eben erst begonnen. Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung ist spannend und macht Freude. Und wir haben einiges zu tun. Es gibt keine Altersgrenze und auch keine Amtszeitbeschränkung. Natürlich ist es meine Aufgabe, den Stab zum gegebenen Zeitpunkt weiterzugeben. Das wird von uns allen erwartet.

Die Suche nach einem neuen CEO dürfte für Sie oberste Priorität haben. Was für einen neuen CEO suchen Sie? Jemanden, der für Wachstum sorgt, der Sparmassnahmen umsetzt oder jemanden, der darauf achtet, dass es keine Ausrutscher gibt?

Theoretisch muss sie oder er alle drei Fähigkeiten mitbringen. Dazu kommen die Freude und Energie, etwas zu bewegen. Es ist klar, dass eine CEO-Entscheidung für eine Bank eine sehr wichtige Rolle spielt.

Wann kommt diese Person?

So schnell wie möglich. Ich gehe davon aus, dass wir den neuen CEO noch in diesem Jahr bekannt geben können.

Wäre die jetzige Übergangslösung auch eine Möglichkeit?

Wir führen derzeit Gespräche mit verschiedenen Persönlichkeiten. Schliesslich wird der Verwaltungsrat, die aus seiner Sicht für die Bank beste Wahl treffen.

Die Bank hat im ersten Halbjahr 300 Millionen Franken an Kundenvermögen «forciert» abgebaut. Weitere 600 Millionen sollen hinzukommen. Dabei dürfte es sich mehrheitlich um sanktionierte russische Kunden handeln. Wie viele Kunden sind das? Dutzende, Hunderte?

Es sind deutlich mehr als ein Dutzend Kunden. Darunter sind sanktionierte Kunden. Es gibt aber auch Kunden, die wir aus anderen Gründen nicht mehr bedienen wollen, zum Beispiel weil die Kundendokumentation nicht den in dieser Situation nötigen Ansprüchen genügt.

Sanktionierte Kunden kann man nicht loswerden, weil sie nicht zu einer anderen Bank wechseln können. Warum sondern Sie diese in ein Exit-Buch aus?

Es ist in unserem Interesse, diese Kunden aus dem bestehenden Kundenstamm herauszulösen, damit wir die Kundenvermögen künftig transparenter darstellen können und sich unsere Kundenberater wieder auf neue Kunden konzentrieren können.

Sie wollen beim Neugeld wieder auf eine Wachstumsrate von fünf bis sechs Prozent kommen. Läuft man da nicht Gefahr, wieder Vermögen zu akquirieren, von denen man sich später wieder trennen muss? Warum soll es diesmal besser laufen?

Wir wollen jetzt dort wachsen, wo wir unsere Stärken haben. Und wir haben einen klaren Fokus auf unsere Zielmärkte. Und deshalb gehen wir davon aus, dass das künftige Wachstum nachhaltig sein wird.

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