Die Frage ist nicht mehr, ob Romeo Lacher zurücktritt, sondern wann. Oder noch konkreter: Ob der Bär-Präsident an der Generalversammlung im Frühjahr 2025 abtreten wird oder ein Jahr später. Länger werde es Lacher nicht machen, sagen ihm nahestehende Quellen.
Für Druck sorgen die angelsächsischen Mitglieder des Verwaltungsrats, angeführt von Richard Campbell-Breeden, der im Frühjahr 2024 als Vizepräsident an die Seite von Lacher gestellt wurde. Zuvor hatte dieser bereits im Verwaltungsrat die Fäden gezogen. Er war eine treibende Kraft hinter der abrupten Absetzung von Philipp Rickenbacher, der die Verantwortung für das Benko-Debakel übernehmen musste.
Auch Lacher hätte es damals treffen können, denn der Bär-Präsident war Mitglied des Risikoausschusses des Verwaltungsrates und damit in die Entscheide rund um das Onboarding des Grosskunden aus Österreich und die Kredite über 600 Millionen Franken involviert, die sie René Benko gewährte. Dass Lacher diese Geschäfte damals durchgewinkt hat, lastet schwer auf seinem Ruf.
Ebenso die unglücklichen Deals, die er zuvor als SIX-Präsident eingefädelt hatte. Der Verkauf des Kartengeschäfts an Worldline erwies sich als epochaler Flop. Zwar zahlte das französische Unternehmen den höchsten Preis, doch wurde der Deal nicht mit Bargeld, sondern mehrheitlich mit Aktien bezahlt. Damit setzte sich die SIX unnötigerweise einem Kursrisiko mit enormem Wertberichtigungspotenzial aus.
Die SIX wurde zweitgrösster Aktionär von Worldline und konnte einen Verwaltungsrat stellen. Die Schweizer Infrastrukturbetreiberin konnte zwar mitreden, aber nichts entscheiden. Klüger wäre es gewesen, damals einen Konkurrenten zu bevorzugen, der zwar weniger zahlte, dafür aber Bares auf den Tisch legte.
Einen riesigen Abschreiber musste die SIX auch auf ihrer Beteiligung an der spanischen Börse hinnehmen. Diesen Deal hat Lacher zwar nicht mehr abgeschlossen, aber vorbereitet. Mit den beiden verpatzten Deals schrieb die Börsenbetreiberin im vergangenen Jahr unter dem Strich einen Verlust von einer Milliarde Franken.
Neuer CEO als Risiko
Spätestens Anfang Februar 2025 wird mit Stefan Bollinger ein neuer CEO die Führung der Bank übernehmen, gut ein Jahr nachdem Rickenbacher seinen Hut nehmen musste. Damit rückt erstmals seit vielen Jahren ein Externer an die operative Spitze der Bank. Mit einem Mann ohne Bär-Pedigree will die Bank bewusst einen Neuanfang beginnen. Angesichts der jüngeren Geschichte sicher keine schlechte Idee.
Aber eben, mit Romeo Lacher hat die Bank einen Verwaltungsratspräsidenten mit einer beträchtlichen Altlast, die sich nicht einfach wegwischen lässt. Quellen aus Lachers Umfeld gehen deshalb davon aus, dass er diesen Frühling zurücktreten könnte. Lacher habe einen neuen CEO geholt, was für einen Präsidenten immer ein Risiko sei, sagt eine Quelle. Wenn es nicht gut kommt, fällt das direkt auf den Entscheidungsträger zurück. «Ich glaube nicht, dass Lacher dieses Risiko eingehen will», sagt die Quelle.
Ein machtbewusster Engländer
Andere, die ihm nahestehen, glauben, dass Lacher unbedingt weitermachen will. Sie sehen ihn weiterhin als Asset für die Bank. Viel hängt von der Dynamik im Verwaltungsrat ab. Diese sei aber sehr schwer zu lesen, sagt eine Quelle.
Geht Lacher, stellt sich die Frage, wer das Präsidium übernehmen könnte. In sechs Monaten findet die Generalversammlung statt. Dem machtbewussten Vizepräsidenten Richard Campbell-Breeden werden Ambitionen nachgesagt. Doch ein Engländer als Präsident einer grossen Schweizer Privatbank ist eine schwierige Vorstellung. Das Portal Inside Paradeplatz brachte kürzlich Beatriz Sanchez ins Spiel, was weitherum als noch weniger realistisch gilt. Sanchez mag viele Qualitäten haben, ihr Problem ist, dass sie die «alte» Julius-Bär-Welt repräsentiert.
«Was die Bank braucht, ist eine geerdete Schweizer Persönlichkeit mit einem sehr soliden Leistungsausweis», sagt ein Beobachter.