«Erstaunliche Technologie»
Eine beiläufige Bemerkung von Jamie Dimon katapultiert das Startup der Geschwister Haley und Goly Abivardi ins Rampenlicht. Investoren sollen jetzt Schlange stehen bei den bekannten Zahnärztinnen.
22. Januar 2025 • Beat Schmid

Jamie Dimon ist der mächtigste Banker der Wall Street, vielleicht sogar der ganzen Welt. Sein Wort hat Gewicht. Was das bedeutet, durften die beiden bekannten Schweizer Zahnärztinnen Haley und Goly Abivardi erfahren, die vor einigen Jahren das Dentalunternehmen vVardis gründeten. Eine scheinbar beiläufige Bemerkung des JP-Morgan-Chefs auf einer Gesundheitskonferenz in den USA löste offenbar eine Flut von Reaktionen aus.

Bei einem Galadinner am Vorabend der JP Morgan-Konferenz in San Francisco, dem Super Bowl der Pharma- und Medtech-Szene, soll sich Dimon mit den beiden Gründerinnen aus der Schweiz unterhalten haben. Dabei müssen Haley und Goly Abivardi bei dem 68-jährigen Banker einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

Denn zu ihrer Überraschung erwähnte Dimon ihr Unternehmen am nächsten Tag in seiner Eröffnungsrede. Er habe die «erstaunliche Technologie des Unternehmens, die Karies ohne Bohrer behandelt», gelobt und gesagt, ihr Beispiel zeige die «Kraft der Innovation», schreiben die Geschwister in einem Social-Media-Post.

Seitdem sei das Unternehmen mit Anrufen überschwemmt worden, sagten sie danach in einem Interview. Die Zahl der Interessierten, die in ihr Unternehmen investieren wollten, habe sich «mehr als verdoppelt», so Haley Abivardi. Über die Grösse der Finanzierungsrunde machte sie keine Angaben. «Wir sind begeistert», sagte sie. «Das Interesse ist jetzt wirklich riesig.»

Berner Professor ist skeptisch

vVardis entwickelt Produkte zur Bekämpfung von Karies im Frühstadium. Bei den Behandlungen der Marke Curodont kommen Zahnspülungen und Gele zum Einsatz, die in die Karies eindringen und den Zahnschmelz regenerieren sollen. Eine normale Karies-Behandlung dauert beim Zahnarzt etwa zwei Stunden. Mit Curodont soll die Prozedur nur noch wenige Minuten dauern.

An der JP Morgan Healthcare Conference präsentieren Pharma- und Medtech-Unternehmen ihre neuesten Entwicklungen und versuchen, bei der Finanzindustrie einen guten Eindruck zu hinterlassen. Die beiden Schweizer Zahnärztinnen wollen die neuen Mittel für Marketing, Entwicklung und Personal einsetzen. In vier bis fünf Jahren könnte ihr Unternehmen einen Jahresumsatz von einer Milliarde Dollar erreichen, sagt Haley Abivardi.

Ob die Technologie tatsächlich die Industrie auf den Kopf stellen wird, bleibt abzuwarten. Unabhängige klinische Studien zur Technologie von Curodont – der sogenannten biomimetischen Schmelzregeneration bei Initialkaries mit speziellen Peptiden – «zeigen kaum Vorteile gegenüber der konventionellen Fluoridierung», wird Hendrik Meyer-Lückel, Klinikdirektor an der Universität Bern, in einem Bloomberg-Bericht zitiert.

«Das optische Verschwinden von Karies, das bei Frontzähnen oft erwünscht ist, lässt sich mit anderen zahnschonenden Methoden wie der Kariesinfiltration besser erreichen.» Meyer-Lückels Spezialgebiet ist die Erforschung präventiver und therapeutischer Aspekte der Karies.