Die institutionelle Adoption von Krypto-Technologie schreitet voran. Zwar machen Kurssprünge beim Bitcoin, die Bildung strategischer Krypto-Reserven und Meme-Coins die besseren Schlagzeilen. Aber im Hintergrund – oder soll man sagen: im Backoffice – hält die Krypto- und Blockchain-Technologie Einzug in die traditionelle Finanzwelt.
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Ein ETF auf Bitcoin-Unternehmen
• Die Bürger wollen den digitalen Euro nicht
In den USA sind Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard und Paypal oder Asset Manager wie BlackRock und verschiedene Grossbanken schon länger daran, Zahlungsdienstleistungen, Transaktionsabwicklung sowie Settlement und Custody versuchsweise auf die neue Technologie umzustellen. Die Abwicklung auf der Blockchain soll markante Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen bringen.
Doch auch auf dem Alten Kontinent läuft einiges – allein in dieser Woche. Die Deutsche Börse Gruppe kündigte an, dass sie zukünftig die Kryptoverwahrung für institutionelle Kunden anbieten werde. Eine direkte vertragliche, technische oder funktionale Beziehung zu Kryptowährungsdienstleistern ist für den institutionellen Kunden damit nicht erforderlich.
Der Börsenbetreiber ist einer der grössten Finanzdienstleister in Deutschland und setzt für das Angebot die beiden Tochterunternehmen Clearstream und Crypto Finance ein. Die Deutsche Börse erwarb Ende 2021 den Schweizer Krypto-Dienstleister Crypto Finance. Im Januar 2025 hat die Krypto-Tochter mit dem Erhalt der MiCAR-Lizenz die Möglichkeit erhalten, Kunden in ganz Europa zu bedienen. Das neue Angebot soll im April 2025 eingeführt werden.
Angebot für 2500 Banken
«Es handelt sich hier um ein gemeinsames Angebot. Die 2500 Banken, die Kunden von Clearstream Banking Luxembourg sind, werden in ihren existierenden Konten dort zukünftig neben einer breiten Palette internationaler Effekten auch Krypto Assets halten können, ohne dafür Kunden von Crypto Finance zu werden», sagt Lewin Boehnke, Chief Strategy Officer von Crypto Finance.
Für diese Kunden bedeutet dies, dass Bitcoin und Ether einfach weitere ISIN in ihrer existierenden Verbindung zu Clearstream sind und sie das dann ihrerseits auch ihren Endkunden anbieten können. Clearstream Banking Luxembourg benutzt hier Crypto Finance als Subcustodian, in Analogie zu vielen anderen Märkten, zu denen sie Zugang ermöglicht. Unabhängig davon bietet Crypto Finance ihre Dienste auch direkt an Banken und andere institutionelle Marktteilnehmer an, neben der Verwahrung auch den Handel von Krypto Assets.
Auf die Frage, ob das Angebot wegen hoher Nachfrage durch die institutionellen Kunden geschaffen worden sei, antwortet Boehnke: «Die Nachfrage von Endkunden nach Krypto Assets ist ungebrochen hoch. Für eine Bank bedeutet das, entweder die Kunden an spezialisierte und oft unzureichend regulierte, Crypto Exchanges zu verlieren oder selbst Angebote aufzubauen, was viele auch tun. Durch das Angebot von Clearstream ist dies nun ohne spezialisierte und teure Projekte möglich. Das Offering reiht sich nahtlos in die existierende Infrastruktur und operationelle Prozesse ein». Die Nachfrage ergebe sich implizit aus der hohen Zahl von Banken, die in jüngster Vergangenheit die aufwendigere Route dedizierter Setups wählen mussten, wie etwa kürzlich die ZKB, Commerzbank oder PostFinance.
Keine Stablecoins vorgesehen
Bei spezialisierten Krypto-Handelsplattformen kommen in der Handelstätigkeit als Transaktionswährung oft Stablecoins zum Einsatz, ist das bei diesem Angebot auch so? Das ist gemäss Boehnke zunächst nicht geplant: «Wir evaluieren aber konstant die Nachfrage am Markt». Die hohe Verbreitung von Stablecoins an spezialisierten Krypto Börsen ergebe sich zum Teil daraus, dass viele dieser Handelsplätze keinen schnellen und einfachen Zugang zu Zahlungen in Fiat-Währungen hätten. Da das Angebot von Clearstream sich in die existierenden Prozesse und Verbindungen einbinde, existiert dieses Problem hier nicht.
In der Pressemitteilung hält Clearstream fest, die Verwahrung von Kryptowährungen sei der nächste Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung der Finanzmärkte. Vorerst können Kunden rund um die Uhr Bitcoin und Ethereum handeln. Eine Ausweitung auf weitere Kryptowährungen wird aufgrund der Kundennachfrage in Betracht gezogen. «Weitere Kryptowährungen aufzuschalten ist jetzt sicher einfacher, zumal Crypto Finance bereits heute viele weitere Altcoins anbietet. Auch weitere Dienstleistungen, die Crypto Finance bereits offeriert, stossen auf viel Interesse. Wie etwa das Staking von verwahrten Ether», erläutert der Crypto-Finance-Manager.
UBS und ZKB beschleunigen Fondstransaktionen
Auch in der Schweiz machen diese Woche zwei grosse Finanzplayer, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die UBS, mit Blockchain-Transaktionen Schlagzeilen. Die beiden Institute gelten nicht unbedingt als Vorreiter im Kryptobereich und bewegen sich abseits des Crypto Valleys. Doch vor kurzem verkündeten die beiden Grossbanken, dass erstmals Blockchain-basierte Instruktionen für die Zeichnung und Rücknahme von Fondsanteilen für ihre Kunden ausgetauscht worden seien.
Konkret hat die ZKB Aufträge zur Zeichnung von UBS-Fondsanteilen über die Blockchain-Lösung von FundsDLT, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Börse, an die UBS übermittelt. UBS wiederum stellte die Informationen zum Transaktionsfortschritt und -erfolg über die Blockchain der Zürcher Kantonalbank zur Verfügung, wie aus der Medienmitteilung hervorgeht. FundsDLT setzt dafür auf eine private Unternehmens-Blockchain.
Fondsabwicklung hinkt hinten nach
Anders als in der Wertpapierabwicklung, bei der in den letzten Jahren markante Effizienzgewinne realisiert worden seien, bestünden im Bereich der Fonds noch weiteres Potenzial dafür, heisst es in der Mitteilung. Entsprechend wichtig seien die Erkenntnisse dieses Pilotprojekts. Dank dem Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) werde die sofortige Datenverfügbarkeit in Echtzeit über den aktuellen Status von Aufträgen im Fondskontext sichergestellt. Auf diese Weise werde eine höhere Transparenz über Fondsaufträge gefördert.
«Diese Transaktionen belegen unsere Kompetenz im Blockchainbereich und stellen einen nächsten Meilenstein in der Nutzung zukunftsweisender Technologien dar, welche die Zürcher Kantonalbank mit der Beteiligung an unterschiedlichen Initiativen weiter stärkt», lässt sich Peter Hubli, Leiter Digital Asset Solutions bei der ZKB, zitieren. Die jüngsten Transaktionen sei eine von mehreren Initiativen, mit denen die ZKB die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten der DLT-Technologie ergründe. Unter anderem habe die Bank im Rahmen des Projekts Helvetia III der Schweizerischen Nationalbank mehrere Emittenten bei der Ausgabe von digitalen Anleihen unterstützt. Das Staatsinstitut bietet seit September 2024 ihren Kunden sowie Drittbanken auch den Handel und die Verwahrung von ausgewählten Kryptowährungen an.
Digitale Bonds emittieren – aber Kunden abschrecken
Die UBS hat einen anderen Zugang zum Blockchain-Geschäft. Die Grossbank ist zwar Pionierin bei der Emission von digitalen Anleihen, die sowohl an Blockchain-basierten als auch an traditionellen Börsen gehandelt und abgewickelt werden können. Im November 2021 gelang der UBS mit der Emission einer digitalen Anleihe über 375 Millionen Franken auf der Blockchain-basierten Plattform von SIX Digital Exchange (SDX) eine Weltpremiere.
Ansonsten pflegt die Grossbank eine kritische Haltung zu Kryptos. In Mitteilungen an Kunden warnt die UBS die Kunden seit Jahren vor der «Wertlosigkeit, Volatilität und regulatorischen Unsicherheit» des Bitcoin. Den Kunden wird kein Handel mit Kryptowährungen angeboten und Konten mit Kontakten zur Kryptobranche werden angeblich gesperrt.
Stefan Höchle, Head Investment Strategy bei Digital Asset Solutions, kritisiert die Verwendung einer privaten Blockchain in diesem Projekt: «Grundsätzlich sind Einzellösungen im Blockchain-Bereich fehl am Platz. Öffentliche, dezentralisierte Systeme eliminieren Abhängigkeiten von einzelnen Akteuren. Dadurch werden sie transparenter, vertrauenswürdiger, sicherer und durch jedermann zugänglich. Kehrt man zurück zu privaten Enterprise-Lösungen, gehen diese enormen Effizienzgewinne grösstenteils verloren.»
«Nicht der grosse Durchbruch»
Der Ansatzpunkt von UBS und ZKB sei aber sinnvoll, denn im Fondsbereich existierten nach wie vor spürbare Ineffizienzen, die bereits durch imperfekte Lösungen verbessert werden könnten. Höchle fügt an: «Durch heutige Technologie, nicht nur Blockchains, sollte das bereits möglich sein. Bei 24/7 gehandelten Anlageklassen wie digitalen Assets wäre das besonders leicht. Änderungen brauchen jedoch Zeit – meist mehr, als man erwartet». Den grossen Durchbruch sieht der Manager von Digital Asset Solution aktuell nicht. Kleine Verbesserungen bei der automatisierten Abwicklung und Transparenz seien aber begrüssenswert. «Und es freut uns, dass sich die Bank-Titanen der Schweiz an die Technologie herantasten.»
Doch nicht immer sind es die Finanzinstitute, die nur langsam voran machen – es gibt auch regulatorische Hürden. Der Vermögensverwalter BIT Capital führt mit dem BIT Crypto Opportunities den einzigen UCITS Krypto Fonds in Deutschland. Neben Aktien von Krypto-Dienstleistern hält der Fonds 25 Prozent in Kryptowährungen – in Bitcoin und Ether. Aber eigentlich doch nicht. «Aus regulatorischen Auflagen können wir im UCITS-Fonds nicht direkt in Kryptos, sondern nur über Anlageprodukte, hier über ETP etwa von 21Shares oder Xtrackers investieren», sagt Marcel Oldenkott, Co-CIO und Mitgründer von BIT Capital.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Ein ETF auf Bitcoin-Unternehmen
Da werden noch einmal einige Intermediäre – die der Krypto-Sektor eigentlich vermeiden will – zwischengeschaltet. Der Krypto-Dienstleister Bitwise lanciert einen kotierten Indexfond (Exchange Traded Fund), der in Unternehmen investiert ist, die hohe Bitcoin-Bestände aufweisen. Das Anlageprodukt zielt darauf ab, den Bitwise Bitcoin Standard Corporations Index abzubilden, einen neuen Aktienindex von Unternehmen mit mindestens 1000 Bitcoin auf der Bilanz. Wenig überraschend ist die grösste Position in Index und Fonds das Unternehmen Strategy (ehemals) MicroStrategy von Michael Saylor. Die nächsten Positionen werden von den Bitcoin-Minern Mara-Holding, CleanSpark und Riot Platforms sowie dem Spieleanbieter Boya Interactive und dem Investment-Unternehmen Galaxy Digital belegt. Für Investoren wird es dabei schwierig abzuschätzen, wie die Haupttätigkeit des Unternehmens – etwa das Software-Geschäfts bei Strategy – bewertet wird und mit welchem Hebel oder Discount die Bitcoin-Bestände bewertet sind.
Die Bürger wollen den digitalen Euro nicht
Erst vor wenigen Tagen hatte die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, die Absicht verkündet, schon im Oktober 2025 den «digitalen Euro» lancieren zu wollen. Die Notenbank beschäftigt sich seit rund vier Jahren mit der digitalen Zentralbankwährung (CBDC). Doch bei den Bürgern stösst das Projekt auf wenig Gegenliebe. Rund 19’000 Bürger aus elf verschiedenen Euro-Ländern wurden dafür befragt. Die überwältigende Mehrheit der Europäer zeigt eine starke Präferenz für die bestehenden Zahlungsmethoden und sieht keinen wirklichen Nutzen in einem digitalen Euro. Die Studie betont die Bedeutung einer «besseren Kommunikation» durch die EZB, um die Zurückhaltung der Verbraucher gegenüber der CBDC zu überwinden. Die Studienautoren schreiben: «Wir finden Hinweise darauf, dass Verbraucher, denen ein kurzes Video gezeigt wird, in dem die wichtigsten Merkmale des digitalen Euro kurz und klar erläutert werden, mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit ihre Meinung ändern». Da scheint ein grosse Prise Zweckoptimismus drinzustecken. Zudem kann der digitale Euro nicht durch die EZB allein eingeführt werden – auch das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Europäischen Rat müssen zustimmen.