Die Kantonalbanken (KB) haben in den vergangenen Monaten das Krypto-Geschäft für sich entdeckt. Als vorerst letzte KB hat Anfang September die Zürcher Kantonalbank (ZKB) den Einstieg ins Krypto-Geschäft angekündigt. Schon länger sind die Zuger KB sowie die Kantonalbanken von Luzerner (LUKB) und St. Gallen (SGKB) als Krypto-Dienstleister unterwegs. Was wollen die Staatsinstitute in diesem Bereich und wie schlagen sie sich?
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Auch Ripple will an die Börse
• Privacy Coins geht es an den Kragen
Offensichtlich ist, dass die Banken die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft verringern wollen und Diversifikation im indifferenten Geschäft suchen. Und sonst: Wollen sie Pioniere sein und die Szene aktiv gestalten? Geht es mehr darum mit Me-too-Strategien, die tiefhängenden Früchte im Kanton zu ernten, will man sich als «Neobank» profilieren und das Geschäft nicht neuen Mitbewerbern überlassen oder macht man nur mit, weil es die Kunden fordern und man nicht als fortschrittsfeindlich gelten will?
Zug geht voran
Wenig überraschend war die Zuger KB mit einem Einstieg im Oktober 2023 der Pionier. «Das Angebot stösst auf reges Interesse. Seit der Lancierung hat sich die Nachfrage deutlich über unseren Erwartungen entwickelt. Es zeigt sich, dass das Interesse für Kryptowährungen sehr breit ist und sich über sämtliche Kundensegmente erstreckt», sagt Tobias Fries, Leiter Kommunikation der Zuger KB. Die Kunden haben die Möglichkeit, über Mobile Banking, E-Banking und Kundenberater in Bitcoin, Ethereum, Ripple, Litecoin, Polygon, Uniswap und Solana zu investieren – das Institut bietet Brokerage and Custody an.
Für eine in Zug beheimatete Bank liege es nahe, sich Gedanken über Produkte und Dienstleistungen im Bereich der digitalen Vermögenswerte zu machen, ergänzt der Sprecher. Das sei eine wichtige strategische Stossrichtung. «Ausschlaggebend für die Entwicklung des Angebots war der explizit geäusserte Wunsch vieler Kunden nach einer sicheren und einfachen Verwahr- und Handelslösung für Kryptowährungen», so Fries.
Luzern setzt auf Innovationen
Für die LUKB hat das Geschäft mit digitalen Assets eine hohe Priorität in der Strategie. «Technologisch gesehen hat die Blockchain ein grosses und möglicherweise auch disruptives Potential – insofern haben wir uns als LUKB für die Blockchain-Technologie fit gemacht», sagt Sprecher Daniel von Arx. Die Bank sehe in der Blockchain-Technologie und im Kryptogeschäft nicht nur eine Ergänzung zu den traditionellen Produkten, sondern auch eine Chance, Innovationen umzusetzen.
Das Krypto-Angebot sei von den Kunden der LUKB sehr positiv aufgenommen worden. «Der einfache Kauf im E-Banking und die Schlüsselverwahrung für die Kundschaft entsprechen einem Marktbedürfnis», so von Arx. Das Institut stelle insbesondere bei jüngeren Kunden, Kunden mittleren Alters sowie bei technikaffinen Kunden ein wachsendes Interesse an digitalen Vermögenswerten fest. Die LUKB offeriert die Verwahrung und den Handel mit Bitcoin, Ethereum Polygon, Chainlink und USD-Coin handeln. Der an den Dollar gebundene USD-Coin ist bei insbesondere professionellen und institutionellen Investoren verbreitet.
St. Gallen mit kleiner Zielgruppe
Bereits mit der Einführung im November des vergangenen Jahres machte die St. Galler Kantonalbank klar, dass sie keine grossen Ambitionen hege. Das Institut empfehle keine Anlagen in Kryptowährungen und biete auch keine Beratung dazu an, gab das Institut damals zu Protokoll. «Die Nutzung des Angebots, das seit November 2023 besteht, liegt im Rahmen unserer Erwartungen», sagt Sprecherin Jolanda Meyer heute.
«Unser Angebot richtet sich einzig an eine kleine, ausgewählte Kundengruppe, nämlich EVV-Kunden und Schweizer Private-Banking-Kunden, die auf eigenen Wunsch in Bitcoin und Ethereum anlegen und diese Anlagen über uns tätigen möchten», fügt sie an. Der Vorteil für die Kundschaft sei, dass die Kryptowährungen auf ihrem Depot- und Vermögens- und Steuerauszug der SGKB abgebildet sind.
Zürich beruft sich auf die Wurzeln
Andere Ambitionen scheint die grösste Schweizer Kantonalbank zu haben. Im ersten Monat nach der Lancierung seien die Krypto-Dienstleistungen der ZKB auf reges Interesse gestossen – sowohl im B2C als auch B2B Bereich. «Als Universalbank möchte die Zürcher Kantonalbank ihrer Kundschaft, inklusive ihren Partnerbanken, alle relevanten Finanzdienstleistungen aus einer Hand anbieten können. Dazu gehören auch der Handel und die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten», sagt Sprecherin Johanna Stauffer.
Die Zürcher Kantonalbank lege mit dem «Digital Asset Hub» den Grundstein für Use Cases im DLT-basierten Finanzmarkt. Die ZKB verweist darauf, dass sie sich schon länger mit den Chancen und Risiken dieser Technologie beschäftigt. 2021 war die Bank an der Emission der weltweit ersten digitalen Anleihe an der SIX Digital Exchange beteiligt, 2023 wickelte sie als Joint Lead Manager im Rahmen eines Pilotprojekts der Schweizerischen Nationalbank die Ausgabe digitaler Anleihen mit digitalem Zentralbankgeld ab.
Neuenburg sagt «au revoir»
Es gibt auch eine Kantonalbank, die den umgekehrten Weg geht und Krypto den Rücken kehrt. Das liegt vor allem an den Dienstleistungen, die angeboten werden. Die eingangs erwähnten Institute bieten bisher ausschliesslich Handel und Verwahrung von verschiedenen Kryptowährungen an. Anfang Februar gab hingegen die Neuenburger Kantonalbank (BCN) bekannt, dass sie ab Mitte 2024 keine Kunden mehr betreuen werde, die mit Krypto-Handelsgeschäften in Berührung stehen. Die BCN kam auf Umwegen zu ihrem Krypto-Geschäft. Der Kanton Neuenburg liegt das «Crypto Valley der Romandie» mit rund 70 Blockchain-Unternehmen.
Im Jahr 2014 ging die BCN eine Kundenbeziehung mit dem Krypto-Dienstleister Bity ein und gewährte den Bity-Kunden, ihre Kryptowährungen direkt in Franken umzutauschen. Doch die KB kam nach Risikoanalysen zum Schluss, sie müsse die Herkunft der Gelder zur effektiven Vorbeugung von Geldwäsche ebenfalls überprüfen. Für diesen Mehraufwand sind aber die Mittel zu knapp. Pierre-Alain Leuenberger, Generaldirektor der BCN, sagt: «Der Bereich unterliegt einer bedeutenden und schnellen Entwicklung, und wir sind der Ansicht, dass wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Anforderungen auf die Finanzströme anzuwenden, die insbesondere von Krypto-Brokern abgewickelt werden».
Jetzt auch Ein- und Auslieferung bei der LUKB
Doch auch hier ist Bewegung im Markt. Andere Institute bieten an, was der BCN zu aufwendig war. Ab dem 1. Oktober können Kunden der LUKB nun Kryptowährungen ein- und ausliefern, das heisst: Bitcoin und Ethereum können auf das Wertschriftendepot bei der Bank «einbezahlt» werden. Das Institut nimmt in Anspruch, die erste traditionelle Bank der Schweiz zu sein, welche die Ein- und Auslieferung von Kryptowährung anbietet. Bereits im Juni 2024 hat die LUKB das Kryptoangebot um Chainlink und Polygon erweitert. Zudem bietet die Innerschweizer Kantonalbank neu auch Sparpläne mit Kryptowährungen ab einem Gegenwert von 10 Franken an. Die LUKB plant das Krypto-Angebot kontinuierlich auszubauen und prüft zusätzliche Dienstleistungen wie zum Beispiel das Staking.
Branchen-Förderung, Imageverbesserung, Mitläufer und Partner für Banken
Die Kantonalbanken scheinen sich aus unterschiedlichen Motiven im Kryptomarkt engagiert zu haben. Beim Pionier aus Zug ist die Lage klar. In der Heimat des Crypto Valleys ist die Politik ein aktiver Partner der Industrie. Allen voran Finanzdirektor Heinz Tännler. Die Stadtverwaltung von Zug verkündete bereits 2016, dass Gebühren mit Bitcoin bezahlt werden könnten. Seit 2021 können private Personen und wenig später auch auch juristische Personen im ganzen Kanton ihre Steuern mittels Kryptowährungen begleichen. Dass die Zuger Regierung mit ihrer Kantonalbank ins Krypto-Business einsteigt, ist ein aktiver Teil der Branchen-Förderung und des eigenen Risikomanagements.
In Luzern ist die Krypto-Strategie Teil einer Imageverbesserung. Der Aktienkurs der LUKB tendiert seit Jahren gegen Süden. Die höheren Zinsen haben anders als bei anderen KB nicht geholfen. Ein Jahr vor dem 175-Jahr-Jubiläum schaltet sich auch die Politik ein. Eine Dividendenerhöhung steht im Raum. Die Bank versucht schon seit längerem, sich bei institutionellen Investoren besser zu verkaufen. Der Krypto-Vorstoss schützt davor, dass der Vorwurf aufkommt, die Bank sei nicht innovativ und verschlafe neue Trends.
Während die SGKB keine grossen Ambitionen hegt, hat die ZKB zwar auf sich warten lassen, richtet nun aber mit der grossen Kelle an. Wie in anderen Bereichen werden nicht nur die eigenen Kunden bedient. Die «Grossbank im Kantonalbank-Mantel» tritt auch als Dienstleister auf und bietet ihre Krypto-Lösungen anderen Instituten an. «Die Thurgauer Kantonalbank ist unsere erste Partnerbank, die unser neues Angebot über unsere bewährten Kanäle nutzt», sagt dazu die ZKB-Sprecherin.
Jedem sein eigenes Süppchen
Im Unterschied zu anderen Gebieten scheinen im Krypto-Bereich viele KB ihr eigenes Süppchen zu kochen. Das zeigt sich schon an der Wahl der Partner: Während die Zuger KB auf die Sygnum Bank setzt, vertrauen die St. Galler der Amina Bank. Die ZKB arbeitet dagegen mit Crypto Finance, einer Tochter der Deutschen Börse, zusammen. Die LUKB braucht keinen Drittanbieter, sondern hat im Gegensatz zu den Mitbewerbern eine eigene Lösung für die Verwahrung und den Handel für Kryptowährungen aufgebaut. «Die Lösung ist technisch vollständig in unser Kernbankensystem Avaloq und in das E-Banking integriert», streicht der LUKB-Sprecher hervor.
Unter den Instituten gebe es einen informellen Austausch, zusätzlich findet einmal jährlich ein offizieller Erfahrungsaustausch zum Thema Kryptowährungen unter den Kantonalbanken statt. Eine grosse Gemeinsamkeit gibt es: Alle Institute halten sich punkto konkreter Zahlen zum Kryptogeschäft vornehm zurück.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Auch Ripple will an die Börse
Der nächste Antrag für einen Spot-Kryptowährungs ETF flattert der US-Börsenaufsicht SEC auf den Tisch. Bitwise hat in dieser Woche einen entsprechenden Antrag eingereicht. Das Unternehmen ist einer der weltgrössten Verwalter von Krypto-Anlagen. Das Unternehmen führt zwei der grössten Bitcoin- und Ethereum-ETF in den USA. Mit der Akquisition von ETC Group, dem Emittenten des grössten physischen Bitcoin ETP in Europa, hat das Unternehmen seine Position auch auf dem Alten Kontinent ausgebaut. Nach der Rückweisung von zwei Anträgen für Solana-ETF durch das SEC scheint der Bitwise-Antrag eine Wette auf einen Regimewechsel zu sein. Die Börsenaufsicht führte als Grund für die Blockade der Solana-Anträge mangelnde Klarheit rund um den Wertpapierstatus der Kryptowährung an.
Das dürfte bei Ripple gleich sein. Ende 2020 reichte die SEC eine Klage gegen Ripple ein. Darin warf die Behörde dem Unternehmen vor, nicht-registrierte Wertpapiere an Investoren zu vertreiben. Ripple wehrte sich und erhielt 2023 teilweise Recht: Der XRP-Token selbst sei kein Wertpapier, aber das Angebot an institutionelle Anleger habe die Gesetze verletzt. Ripple wurde zu einer Busse von über 100 Millionen Dollar verknurrt, die das Unternehmen noch nicht beglichen hat. Die Branche hofft nun auf einen Wahlsieg von Donald Trump im November. Dieser versprach die Fühurng des SEC auszuwechseln. Der Bloomberg-Stratege Eric Balchunas bezeichnete den Ripple-Antrag als «Trump-Call».
Privacy Coins geht es an den Kragen
In dieser Woche machte diese Meldung die Runde: Die Kryptobörse Kraken nimmt den Monero-Coin im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aus dem Angebot. In der Vergangenheit hatten sich vergleichbare Aktionen gegen Privacy-Coins gehäuft, denn verschiedene Länder gehen gegen Anonymitäts-Token vor. 2018 erliess Japan ein Verbot für Kryptowährungen mit Anonymitätsfunktion. Im Jahr 2020 verbot auch Südkorea die sogenannten Privacy-Coins von Handelsplattformen. Anfang 2023 untersagte Dubai alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Privacy-Coins und die Ausgabe von anonymen Token.
Privacy Coins verschleiern im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum ihre Transaktionsverläufe auf der Blockchain. Die Entscheidung von Kraken folgt auf regulatorischen Entwicklungen in der Europäischen Union (EU), die es Anbietern von Krypto-Asset-Dienstleistungen (CASP) verbieten, Datenschutz-Kryptowährungen wie Monero anzubieten, da diese für Anonymität sorgen. Die Notierung von Monero gab nach dem Kraken-Entscheid um 8 Prozent nach. Die Kraken-Nutzer haben Zeit bis Ende Jahr die Monero-Guthaben abzuziehen, ansonsten werden diese automatisch in Bitcoin gewandelt.