Digital Assets Briefing
Vermögensverwalter und Banken führen Geldmarktanlagen auf der Blockchain ein – als Ergänzung zu Stablecoins. Damit stossen sie leise eine digitale Revolution in der Vermögensanlage an. +++ Dazu: Gold beflügelt «digitales Gold» +++ Bundesrat stärkt Blockchain-Standort Schweiz.
21. Februar 2025 • Werner Grundlehner

Immer wieder gibt es grosse Schlagzeilen zu tokenisierten Aktien und Bonds, NFT und Kunstwerken auf der Blockchain. Doch meist bleibt es bei den Schlagzeilen und die Projekte verharren irgendwo in der Nische. Das heisst aber nicht, dass Anlagen auf der Blockchain nicht funktionieren. Mit weniger Aufmerksamkeit und in der Schweiz auch mit weniger Aktivitäten sind Finanzdienstleister daran, Anlageinstrumente zu tokenisieren. Davon zeugt etwa eine Pressemitteilung von dieser Woche.



Und in den Short Cuts diese Woche:
• Bundesrat stärkt Blockchain-Standort Schweiz
• Gerüchte um Gold stärken «digitales Gold»


Franklin Templeton, einer der grössten globalen Vermögensverwalter, lanciert den Franklin OnChain U.S. Government Money Fund. Der in Luxemburg registrierte OGAW-SICAV-Fonds steht institutionellen Anlegern in Europa – und auch in der Schweiz – zur Verfügung. Der OnChain-Fonds wird auf der öffentlichen Blockchain Stellar aufgelegt. Das ermöglicht neben hoher Transparenz und Sicherheit auch die sofortige Verfügbarkeit der Mittel. Das Investment-Team, das diesen Fonds verwaltet, arbeitet in Boston und führt auch den in den USA registrierten Franklin OnChain U.S. Government Money Fund, der im April 2021 aufgelegt wurde und als erster in den USA registrierter Investmentfonds auf der Blockchain gilt. Der Fonds benutzt eine öffentliche Blockchain zur Verarbeitung von Transaktionen und zur Aufzeichnung des Anteilsbesitzes.

Den Weg aus der Krypto-Welt sparen

Den Weg geebnet für dieses «On-Chain-Asset-Management» hat das Aufkommen von Stablecoins. Diese wurden ursprünglich auf Kryptobörsen genutzt, um Handelspaarungen zwischen Kryptowährungen und klassischen Währungen (Fiat) zu bilden – etwa Bitcoin/Dollar. Den Nutzern wird so ermöglicht, schnell aus Kryptowerten ein- und auszusteigen, ohne jedes Mal die Anlagesumme in traditionelle Währungen zurückzuwechseln, was zeitintensiv und aufwändig ist. So entstanden Stablecoin-Schwergewichte wie Tether und USD-Coin (Circle), die mittlerweile Gewinnmargen aufweisen, an die viele Grossbanken nicht herankommen. Doch die Erfolge riefen die Regulatoren auf den Plan.

Warum braucht der traditionelle Finanzmarkt nun Blockchain-basierte Finanzinstrumente? Tippinpoint hat sich mit Experten von Zühlke über diese Entwicklungen unterhalten. Das Beratungsunternehmen für digitale Transformation sieht sich als Innovations- und Transformationsdienstleister an der Schnittstelle zwischen der Blockchain/Web-3 und der traditionellen Finanzwelt. Das Unternehmen wolle den Kunden zeigen, welche Lösungen möglich seien und wohin die Reise gehen könnte.

Drei Gruppen digitaler Vermögenswerte

Um zu zeigen, wo die Industrie steht, zeigt Stefan Grasmann, Chief of Blockchain bei Zühlke, eine Darstellung. Diese stellt dar, wie Zühlke die Blockchain-basierte Finanzwerte sieht:

Er lenkt den Blick auf die Asset Layer (Vermögensklassen). Dieser sei wichtig für das Verständnis. Es gebe drei grosse Kategorien. Ganz links die Kryptowährungen, die Crypto Native Assets, wie Bitcoin, Ethereum, Memecoins etc. «Das funktioniert alles ohne Verbindung zur Aussenweilt», sagt Grasmann. Das sei der Bereich, der von vielen als «Krypto» bezeichnet werde.

Dann gebe es digitale Geldformen wie Stablecoins, CBDC (digitales Notenbankgeld) und andere tokenisierte Einlagen. «Das ist eigentlich Geld, das nur einen Link nach aussen hat, was typischerweise der Preis der Währung ist», so der Experte. Dieser müsse sicher auf der Blockchain transportiert werden. Man müsse dabei jederzeit wissen, was der Franken gerade wert ist. Die Blockchain schütze die Vermögenswerte vor der Manipulation von aussen. Die dritte Kategorie sind digitale Assets, also tokenisierte Aktien, Bonds, Fonds, Private-Equity-Anteile und sogenannte Real World Assets. Das ist gemäss Grasmann der Bereich, der die Asset Manager am meisten interessiert.

Der erste Schritt über Geldmarktfonds

Und wieso stehen jetzt gerade Geldmarktfonds im Fokus? «Die linke Seite ist abgehakt. Das ist eine neue Assetklasse geworden», so Grasmann zu Bitcoin & Co. Die mittlere Kategorie mit Stablecoins und digitalen Zentralbankwährungen gewinne nun stark an Gewicht. Das Geld sei jetzt direkt auf der Blockchain verfügbar. Damit werden Trades mit Lieferung gegen Bezahlung unmittelbar möglich. Die Stablecoins dürfen aber keine Zinsen ausschütten (das erklärt auch ihre hohen Gewinne). Deshalb würden sich jetzt On-Chain-Geldmarktfonds entwickeln, weil man die Stablecoins einfach darin «reinstecken» könne und so Zinsen verdienen. Bisher habe man seine Mittel unproduktiv auf der Blockchain gelassen oder sie umständlich in Fiat-Währungen gewechselt und erst dann in einen Geldmarktfonds investiert.

«Retailbanken in der Schweiz haben erst kürzlich den Wettlauf zur Krypto-Verwahrung aufgenommen – viel später als andere Banken», sagt Stefan Hirzel, Leiter Banking Schweiz bei Zühlke. Global betrachtet sehe man einen grossen Unterschied zwischen Asset Managern wie Blackrock, Fidelity und Franklin Templeton und der eigentlichen Bankenszene. Die erstgenannten Vermögensverwalter hätten sich mit voller Kraft auch strategisch im Thema engagiert. «Wenn heute Larry Fink, der CEO von Blackrock, sagt, dass Tokenisierung die Zukunft ist, tönt er damit schon ziemlich anders als noch vor zwei Jahren», erklärt Hirzel. Europäische und Schweizer Anbieter seien etwas ins Hintertreffen geraten. Die Banken werden aber auch durch die Eigenkapitalvorschriften etwas ausgebremst.

Erschliessung neuer Anlageklassen

Doch das Thema Tokenisierung und Vermögensverwaltung auf der Blockchain ist plötzlich in aller Munde. Mit der Verfügbarmachung von Real World Assets etwa Private Equity erschliesse man zudem einem grossen Publikum, das hierzu noch nie Zugang gehabt habe, eine neue Anlageklasse. Doch es geht nicht nur um die Erschliessung neuer Märkte, die Experten von Zühlke sind überzeugt, dass On-Chain-Asset-Management zu Effizienzgewinnen von bis zu 80 Prozent im Kapitalmarkt führt.

Aber die Schweiz war doch ein Vorreiter im Bereich Krypto, wieso fällt sie nun in der Adaption im Finanzbereich auf einmal zurück? «In den Zehnerjahren waren die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg durchaus Vorreiter», sagt Hirzel. Doch nun habe die EU mit der Krypto Marktet Regulierung Mica – speziell was Stablecoins angehe – eine starke Marke gesetzt. Jetzt ist es gemäss Zühlke-Banking-Experte spannend zu sehen, ob das den Markt umkrempelt. Momentan dominieren die unregulierten US-Stablecoins. Die Schweizer Anbieter hätten aus der Not eine Tugend gemacht und erstmal den Kryptohandel angeboten. Da sehe man mit Playern wie Postfinance und ZKB auch etablierte Anbieter. In Deutschland beispielsweise sehe man davon kaum etwas.

Die Experten von Zühlke sehen es auch als ihre Aufgabe, die Schweiz etwas aufzurütteln, denn es sei für den Finanzplatz höchste Eisenbahn, wieder aufzuholen. Gewisse Produkte, die im nahen Ausland angeboten würden, gebe es hierzulande nicht. Das Umfeld regulatorischer Freiheit ist der Vorsicht gewichen. Das zeigt auch das Finma-Rundschreiben zu Stablecoins. Das könne auch daran liegen, dass mit Ueli Maurer ein starker Kryptobefürworter die politische Bühne verlassen hat, sagt Hirzel.



Short cuts: News aus der digitalen Welt


Bundesrat stärkt Blockchain-Standort Schweiz

Die Schweiz galt lange als progressive Krypto-Jurisdiktion. Doch der Vorsprung, den unser Land etwa durch die Einführung der Distributed Ledger Technology (DLT)-Gesetzgebung im Jahr 2021 erlangte, ist in den vergangenen Jahren geschrumpft – etwa wegen der zögerlichen Erteilung von FinTech-Bewilligungen sowie strikten Vorgaben für die Ausgabe von Stablecoins, aber auch wegen des Vorpreschens anderer Länder. In einem parlamentarischen Vorstoss von Nationalrat Benjamin Fischer forderte dieser vergangenen Dezember den Bundesrat auf, diese Mängel zu beheben. Der Bundesrat solle evaluieren, wie die Schweiz ihren Wettbewerbsvorteil zurückgewinnen könne.

In einer in dieser Woche veröffentlichten Stellungnahme des Bundesrates zeigt dieser sich bereit, diese Fragen anzugehen. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF erarbeite derzeit eine Gesetzesvorlage, mit der das schweizerische Finanzmarktrecht gezielt angepasst werden soll. Ziel sei insbesondere die Anpassung der FinTech-Bewilligung für Anbieter von Zahlungsdienstleistungen und die Schaffung eines besseren Rechtsrahmens für die Ausgabe von Stablecoins.

Die Krypto-Branche reagierte erfreut. Die Swiss Blockchain Federation schreibt in einer Pressemitteilung, sie freue sich über die positiven Signale des Bundesrats zu zwei wichtigen parlamentarischen Vorstössen, welche die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des Blockchain-Standorts Schweiz betreffen würden. «Die Stellungnahmen unterstreichen die Bedeutung einer innovativen und rechtssicheren Grundlage, um die Schweiz weiterhin als globalen Vorreiter im Bereich Blockchain und Distributed Ledger Technology (DLT) zu positionieren», heisst es weiter.


Gerüchte um Gold stärken «digitales Gold»

Sowohl das Edelmetall als auch der Bitcoin blicken auf Monate mit hohen Kurssteigerungen zurück. Gold ist innert Jahresfrist rund 1000 Dollar auf deutlich über 2900 Dollar pro Unze gestiegen. Die letzten Avancen mit kaum fundamentalen Beweggründen sind selbst vielen Goldmans nicht geheuer. Kein Wunder machen nun Gerüchte und Verschwörungstheorien die Runde. So soll die Menge an gefälschtem Gold stark gestiegen sein. Schon vor einigen Jahren räumte der Chef der Schweizer Metallraffinerie Valcambi ein, dass Goldfälschungen immer raffinierter würden, was darauf hindeute, dass Tausende von gefälschten Goldbarren unentdeckt geblieben sein könnten.

Nun mehren sich auch die Stimmen, die vermuten, dass im legendären Goldspeicher der USA, in Fort Knox, nicht so viel Gold lagere, wie eigentlich sollte. Befeuert wurde diese vielfach verbreitete «Verschwörungstheorie» durch einen Beitrag von Elon Musk auf dem libertären Finanzblog «ZeroHedge», in dem es hiess, dass die Reserven seit 1974, also 50 Jahre lang, nicht kontrolliert worden seien. Das veranlasste Rand Paul, Senator des US-Bundesstaates Kentucky, das Department of Government Efficiency (DOGE) von Elon Musk aufzufordern, eine Untersuchung durchzuführen. Diese soll kontrollieren, dass im Fort Knox tatsächlich 147,3 Millionen Unzen (4600 Tonnen) Gold des US-Finanzministeriums lagern.

Diese Vorkommnisse ermunterte Bitcoin-Anhänger dazu, die Vorteile des «digitalen Goldes» anzupreisen. Der Bitcoin kann nicht gefälscht oder verwässert werden. Nur 21 Millionen Colins wird es jemals geben, wobei jeder Satoshi – die kleinste Einheit von Bitcoin – on-Chaine von jedermann verfolgt werden kann, dazu braucht es nur einen Computer. «Bitcoin löst das Problem», sagte US-Senatorin Cynthia Lummis dazu. Vor Kurzem ernannte Präsident Trump Lummis zur neuen Vorsitzenden des parlamentarischen Bankenunterausschusses für digitale Vermögenswerte. Die Senatorin von Wyoming wiederholte am 16. Februar auf X ihre Forderung nach der Einrichtung einer staatlichen Bitcoin-Reserve in den USA.

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