Digital Assets Briefing
Der US-Präsident bringt die Weltwirtschaft durcheinander, ist er auch eine Belastung für den Kryptomarkt? +++ Dazu: 21Shares bringt «Scherz-Coin-ETP» in die Schweiz +++ Erster Ripple-ETF startet in den USA – und zwar gehebelt
11. April 2025 • Werner Grundlehner

Nichts weniger als ein Heilsbringer für die Krypto-Branche sollte der neue US-Präsident Donald Trump werden. In der Woche von vor den Wahlen bis zum Bekanntwerden des Resultates im November 2024 kletterte der Kurs des Bitcoins von weniger als 69’000 auf über 90'000 Dollar. Bis zur Amtseinführung am 20. Januar avancierte die Notierung auf fast 110’000 Dollar.



Und in den Short Cuts diese Woche:
21Shares bringt «Scherz-Coin-ETP» in die Schweiz
• Erster Ripple-ETF startet in den USA – und zwar gehebelt



Die Euphorie um den neuen «Krypto-Präsidenten» kannte in diesen Wochen fast keine Grenzen. Donald Trump hatte sich in den vier Jahren zwischen seinen beiden Amtsperioden aus Sicht der Verfechter von Kryptowährungen vom Saulus zum Paulus gewandelt. Auf einmal sah er in Bitcoin und anderen Coins sogar eine valable Alternative zu Fiat-Währungen. Er versprach eine strategische Krypto-Reserve und einen US-Regulator, der weniger Krypto-feindlich agieren solle.

Versprechen erfüllt

Zahlreiche dieser Versprechen hat er auf den Weg gebracht, etwa mit der Ankündigung zum Aufbau einer strategischen Krypto-Reserve, einem parlamentarischen Ausschuss für digitale Werte und dem Auswechseln der kryptokritischen SEC-Leitung. Doch der wahnwitzige Handelskrieg gegen die ganze restliche Welt, die Verteufelung der Globalisierung und der erratische Kurs aus neuen Zöllen sowie Ausnahmen und Aufschüben beeinträchtigte auch den Bitcoin – und den ganzen Kryptosektor. Der Bitcoin sank in den Turbulenzen in den vergangenen Tagen kurzzeitig auf unter 74'000 Dollar. Mit solchen Ausschlägen muss die Kryptowährung das Vorhaben, zum «digitalen Gold» aufzusteigen, vorerst begraben. Vielmehr haben sich die Krytpowährungen im Gleichschritt mit den hochbewerteten US-Techaktien bewegt.

Manch ein Investor wird sich nun fragen, ob der Bitcoin und andere Coins zu stark «amerikanisiert» worden sind und ob Trump wie so oft aus purem Eigeninteresse zum «Krypto-Präsidenten» wurde. Im Wahlkampf im vergangenen Jahr erkannte er, wie viele junge, unentschlossene amerikanische Männer in Krypto investiert waren. Also trat er kurzerhand an einer der grössten Bitcoin-Konferenzen des Landes auf. Zudem versprach er, dass alle zukünftigen Bitcoins in den Vereinigten Staaten geschürft würden – eine Aussage, die wenig Sachverstand vermuten liess. Auch seine Meme-Coin-Emission zum Amtsantritt sorgte für Stirnrunzeln und liess den Verdacht aufkommen, der «Dealmaker» habe vor allem für sich selbst geschaut und auf Kosten vieler naiver Anleger Kasse gemacht.

Kennzahlen zeigen erhöhte Nachfrage

Es scheine, als ob die Märkte für Kryptoanlagen zu Beginn von Trumps zweiter Amtszeit vorübergehend übermässig positiv reagiert hätten, sagt Fabian Dori, Chief Investment Officer der Kryptobank Sygnum. Dies einerseits aufgrund der sehr expliziten Versprechen während des Wahlkampfs, andererseits wegen des schnellen und überraschend konsistenten Angehen von wichtigen Teilen dieser Versprechen. Der signifikante Anstieg beispielsweise der Funding Rates an zentralen Krypto-Börsen oder die erhöhten Lending- und Borrowing-Rates auf Decentralized Finance Plattformen im Nachgang zum Election Day sind gemäss Dori Indizen für die zusätzlich erhöhte Nachfrage für Krypto-Anlagen basierend auf Leverage.

«Der Markt hat im Vorfeld des Amtsantritts zu viel erwartet. Händler preisten eine strategische Reserve ein, die mit zusätzlichen Käufen ausgebaut werden sollte. Das war von Anfang an unrealistisch und nicht Teil der Wahlversprechen, die Trump punkto digitaler Assets innerhalb weniger Wochen abarbeitete», sagt Leon Curti, Head of Research von Digital Asset Solutions AG. Der Rahmen für eine florierende Branche sei mit der neuen Administration gesetzt, jetzt liege es an der Privatwirtschaft, diese Chancen zu nutzen. Kurzfristige Korrelation mit den panischen Aktienmärkten hin oder her, der radikale Regimewechsel in den USA werde langfristig zu spüren sein.

Es braucht mehr als Executive Orders

«Viele der Wahlversprechen lassen sich aber nicht einfach mittels Executive Orders umsetzen und müssen etablierte legislative oder aufsichtsrechtliche Verfahren durchlaufen», führt Dori aus. Die daraus entstandenen Verzögerungen und Einschränkungen im Vergleich zu den euphorischen Markterwartungen würden wohl in einer gewissen Ernüchterung resultieren, welche durch das Platzen der Memecoin-Manie oder dem Bybit-Hack weiter verstärkt worden sei.

Es gibt allerdings Argumente für die These, dass die Trump Administration in Bezug auf die Etablierung der USA als «Crypto Capital of the World» keine leeren Versprechen gemacht hat, und dass der Fokus weiter da ist. «Vielleicht etwas im Schatten des Handelskrieges, aber insbesondere die Gesetzgebung zu Stablecoins schreitet zügig voran», sagt der Sygnum-Stratege. Auch an anderen Themen wie beispielsweise der Etablierung der strategischen Bitcoin-Reserve oder der Vorbereitung zur Regulierung der Marktinfrastruktur für Krypto-Assets werde weiterhin gearbeitet.

Die Bitcoin-Volatilität sinkt stets

«Den Bitcoin interessieren diese politischen Spiele überhaupt nicht», sagt Phil Lojacono, Bitcoin-Experte vom Dienstleister Berglinde. Trump habe mit seinen Zollentscheidungen die Finanzwelt im Allgemeinen in Aufruhr versetzt. Wenn man jedoch frühere Ausschläge der Aktien- und Bond-Märkte mit der Volatilität des Bitcoins vergleicht, sind wir diese Tage noch sehr gut bedient. Das Vertrauen der institutionellen Investoren in Bitcoin scheint gross zu sein und die Bestände in Bitcoin-ETF bleiben erstaunlich stabil. «Natürlich hat der Bitcoin Preis von Trump und seiner generell positiven Haltung gegenüber dem Bitcoin profitiert. Jetzt sind wir in der Realität angekommen und bewegen uns entlang anderer Asset-Klassen», sagt Lojacono. Der Bitcoin sei nicht mehr so volatil wie früher, aber der Markt scheine den Bitcoin noch nicht als entkoppelten Vermögenswert zu betrachten. Das werde sich irgendwann aber auch ändern.

Sygnum sieht Indizien, dass das aktuelle Marktumfeld die Eigenschaften von Bitcoin als alternatives Wertaufbewahrungsmittel wieder stärker in den Vordergrund rücken könnte. Sollte sich der Zollstreit weiter akzentuieren und das globale Wachstum negativ beeinträchtigen, sind fiskal- und geldpolitische Massnahmen wahrscheinlich. Solche Stimulierungsmassnahmen, beispielsweise mittels Zinsreduktionen oder Konjunkturspritzen, sind in der Tendenz inflationär, und haben das Potenzial, den Preis von Bitcoin – und von Risk Assets im Allgemeinen – zu stützen, erklärt Dori.

Schon viele Turbulenzen überlebt

«Junge Technologien erfahren stetige Auf- und Abwärtszyklen. An den Kryptomärkten sind solche Korrekturphasen normal. Akteure ohne fundamentale Überzeugung werden vielleicht aus dem Markt gewaschen. Das gehört aber zum gesunden Marktprozess. Langfristig werden diejenigen profitieren, die sich strategisch für die digitale Ära positionieren und externe Ablenkungen ausblenden», sagt Leon Curti. Schliesslich hätten digitale Assets mehrere Boom- und Bust-Zyklen, Verbote verschiedener Weltmächte und eine globale Pandemie überlebt. Auch aus dieser Krise wird der Bereich gemäss Curti gestärkt hervorgehen, was für Anleger letztendlich eine Chance bedeute.

Die Rolle des Bitcoin-Antreibers kann auch bald wieder auf andere Personen als Trump oder auf neue Ereignisse entfallen. «Letztlich bestärken uns Aussagen wie beispielsweise von Larry Fink, dass Bitcoin in Zukunft die Rolle der globalen Reservewährung übernehmen könnte, oder Entwicklungen wie die zunehmende Tokenisierung von Real World Assets und die Lancierung von ETF in den USA auf weitere Krypto-bezogene Assets in unserer Annahme, dass die institutionelle Adoption von Kryptoanlagen trotz der jüngsten Marktkorrekturen weiter zügig voranschreitet», sagt Fabian Dori.




Short cuts: News aus der digitalen Welt


21Shares bringt «Scherz-Coin-ETP» in die Schweiz

Der Schweizer Krypto-Dienstleister hat in dieser Woche einen Dogecoin ETP an der SIX Swiss Exchange kotieren lassen. Der Dogecoin entstand ursprünglich als Scherz im Jahr 2013, als der Programmierer Billy Markus beschloss, eine Kryptowährung zu entwickeln. Er liess sich von einem beliebten Meme mit einem Shiba Inu-Hund inspirieren. Markus machte sich damit über den Aufstieg von Bitcoin und anderen «seriösen» Kryptowährungen lustig. Doch aus dem Spass wurde bald ernst. Vor allem als Elon Musk Ende 2020 seine Begeisterung für die Krypotwährung mehrfach ausdrückte.

Im Gegensatz zum Bitcoin gibt es keine Mengenlimitierung für den Doge und das Mining ist viel weniger aufwendig. Der Dogecoin ist mit einer Marktkapitalisierung von 23 Millliarden Dollar zur achtwichtigsten Kryptowährung aufgestiegen. Der Coin wird von wenigen Unternehmen – darunter Tesla – als Zahlungsmittel akzeptiert und hat sich vor alle als Trinkgeld- und Spendenwährung einen Namen gemacht. Wieso lancierte man auf einen bereits hoch bewerteten Coin ohne grossen Nutzen ein Anlagaprodukt?

«Tatsächlich hat Dogecoin seinen Ursprung als sogenannter Meme-Coin. Doch gerade diese Herkunft hat dazu beigetragen, dass Dogecoin heute eine der bekanntesten und meistgenutzten digitalen Währungen mit einer aktiven Community ist. Die Dogecoin-Community folgt dem Prinzip Do Only Good Everyday und engagiert sich vielfach auch sozial», sagt Adrian Fritz, Head of Research bei 21Shares. Dogecoin sei mehr als ein Internetphänomen – es habe sich zu einem digitalen Vermögenswert mit realem Nutzen entwickelt: niedrige Transaktionskosten, schnelle Abwicklung und zunehmende Akzeptanz bei Händlern – darunter auch bekannte Marken wie Microsoft oder AMC Theatres. Das Werteversprechen liegt gemäss Fritz in seiner Rolle als zugängliches, nutzerfreundliches und kulturell verankertes Zahlungsmittel, das sowohl Einsteigern als auch erfahrenen Krypto-Investoren eine Brücke in die Welt der digitalen Assets bietet.

«Unsere Produktauswahl basiert stets auf einer sorgfältigen Analyse von Markttrends, Investoreninteresse und dem Reifegrad einzelner Krypto-Assets. Dogecoin hat sich – trotz seiner unkonventionellen Ursprünge – als langfristig relevante Kryptowährung etabliert, mit einer grossen Nutzerbasis und wachsender realweltlicher Anwendung», sagt der 21Shares-Manager. Die Entscheidung für ein Dogecoin-ETP sei somit keinesfalls ein kurzfristiger Trend oder reiner Kundenwunsch, sondern eine logische Ergänzung für das bestehende Produktportfolio. Gleichzeitig hat 21Shares bei der US-Wertpapieraufsicht SEC einen Antrag für einen Dogecoin-ETF eingereicht, nach Grayscale und Bitwise ist das Unternehmen damit der dritte Kandidat.


Erster Ripple-ETF startet in den USA – und zwar gehebelt

Am 8. April hat Teucrium Investment Advisors den ersten Ripple-ETF, den Teucrium 2x Long Daily XRP ETF, in den Vereinigten Staaten lanciert. Damit erhalten die Anleger die Möglichkeit, die doppelte Kursbewegung des Ripple zu erzielen. Das Anlageprodukt soll gemäss Emittenten in volatilen Märkten gut funktionieren. Um dieses Resultat zu erzielen, setzt der Teucrium Swaps ein. Deshalb fallen auch für einen ETF hohe Verwaltungsgebühren von 1,85 Prozent an. Es ist erstaunlich, dass ein gehebeltes Produkt eines wenig bekannten Anbieters eine Bewilligung erhält, bevor vom Basiswert ein Spot-ETF zugelassen ist. Die Chancen, dass nun derartige Produkte rasch folgen und zugelassen werden, ist nun aber hoch.

«Man muss die Verkettung der Ereignisse zu Ripple von den makroökonomischen Turbulenzen trennen. Mit der Befriedung des Rechtsstreits zwischen Ripple und der SEC wurde der Weg geebnet für Fondsanbieter, um Ripple rechtssicher als Basiswert aufzunehmen», sagt Nourdine Abderrahmane, Experte beim Entwickler technologiebasierter Kapitalmarktlösungen LPA. Dieser Schritt sei zu erwarten gewesen, sei Ripple doch die drittgrösste Kryptowährung nach Marktkapitalisierung, zu den zwei grösseren Werten Bitcoin und Ethereum wurden bereits ETF aufgesetzt. Dass dies nun zu einem Zeitpunkt geschehe, in dem alle Börsen von den Zollstreitigkeiten geschüttelt würden, ist gemäss Abderrahmane kein einfacher Start, aber auch kein Hindernis. Gemäss Termsheet handelt es sich um einen Fonds, der mit Derivaten die Preisentwicklung abbildet, aber offensichtlich keine Tokens physisch verwahrt, so wie es bei Spot ETF für Kryptos der Fall ist.

«Mit einer solchen Struktur kann man schnell an den Markt gehen, noch bevor Verwahrstellen wie Coinbase den Ripple-Token in ihre Offerings für Fondsgesellschaften aufnehmen», so der LPA-Experte. Er vermute daher, dass Teucrium hier schlicht und ergreifend Erster am Markt sein möchte und auf den Kaufappetit des Markts hoffe. Teucrium Investment Advisors sei kein unbekannter Akteur. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen das Angebot zunehmend diversifiziert, inzwischen gelte es als technisch versierter Emittent mit Fokus auf innovative, oft spekulativ ausgerichtete Produkte. Die Einführung des Ripple-ETF passe also ins Bild.

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