«You need to do this»
Die Grossbank hat beim Verkauf der riskanten Devisen-Forwards möglicherweise Fehler gemacht. Nun hat sie einzelne Kundenberater ins Visier genommen.
16. Mai 2025 • Beat Schmid

Am Montag ist jeweils «Monday Sales Push»-Tag. In Konferenzen werden die Anlagethemen festgelegt und die Produkte bestimmt, die den Kunden verkauft werden sollen. Das war auch bei den komplexen Devisen-Derivaten der Fall, wie zwei unabhängige Quellen bestätigen. Viel Spielraum haben die Kundenberater an der Front nicht. «You need to do this», lautete der Befehl von oben.

Die Produkte sind attraktiv für die Bank. Gemäss einem Anwalt, der auf die Vertretung von geschädigten Kunden spezialisiert ist und die Produkte mit externen Spezialisten untersuchen liess, verdient die Bank immer mindestens gleich viel, wie der Kunde maximal verdienen kann. Wenn ein Kontrakt einen maximalen Gewinn von 50’000 Dollar für den Kunden vorsieht, dann nimmt die Bank ebenfalls so viel ein.

Die Risiken hingegen sind vollkommen asymmetrisch verteilt. In einem konkreten Fall sah das Produkt vor, dass der Kunde im besten Fall 54’000 Franken verdienen kann. Der Anwalt und seine Finanzspezialisten haben ausgerechnet, dass die Chance, dass er diesen Gewinn erzielt, bei 56,2 Prozent liegt. Doch das Problem ist, dass der Kunde viel mehr verlieren kann: Bei diesem spezifischen Produkt geht er nämlich das Risiko ein, insgesamt 2,9 Millionen Franken zu verlieren. Die Wahrscheinlichkeit, diesen Verlust einzufahren, liegt bei enorm hohen 43,8 Prozent.

Kein Mensch bei Verstand würde ein solches Produkt kaufen. Der Kunde griff nur deshalb zu, weil er keine Ahnung hatte, wie ungleich die Risiken verteilt waren. In den Unterlagen und Verkaufsgesprächen werden die Kunden zwar darüber aufgeklärt, dass sie «alles verlieren» können. Doch wie Chancen und Risiken verteilt sind, darüber gibt es kaum Anhaltspunkte. Meist werden in den Unterlagen Kursverläufe gezeigt, die viel zu kurz sind und keine gebrochenen Barrieren aufweisen. Reichten die Kurven weiter in die Vergangenheit zurück, würde der Kunde sofort sehen, dass Schwellen, die einen Verlust auslösen, zum Teil mehrfach durchbrochen worden wären.

UBS will Kunden entschädigen

Die UBS hat begonnen, das Gespräch mit betroffenen Kunden zu suchen. Offenbar versucht die Bank, Lösungen zu finden, um die entstandenen Schäden finanziell zu kompensieren. Offiziell will sich die Bank dazu nicht äussern. Heikel sind für die UBS vor allem Kunden, die nicht sehr vermögend sind. Für Anleger aus dem HNWI- und Affluent-Segment sind die speziellen Forward-Kontrakte (etwa unter der Bezeichnung Conditional Target Redemption Forward vermarktet) vollkommen ungeeignet, da sie Nachschusspflichten beinhalten und das Verlustpotenzial grösser ist als das ursprüngliche Investment.

Laut einer Quelle hat die Bank mehrere Kundenberater ausgemacht, die beim Verkauf dieser Forwards offenbar zu forsch vorgingen. Für diese Berater dürfte der Stresslevel steigen. Ihnen wird kaum helfen, wenn sie argumentieren, dass sie nur das umgesetzt haben, was ihnen von oben aufgetragen wurde («You need to do this»). Die Bank wird alles unternehmen, damit der Leiter Wealth Management Schweiz, August Hatecke, sowie dessen Chef Iqbal Khan nicht in den Derivate-Sumpf hineingezogen werden.

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