Senior Managers Regime – nur eine Worthülse?
Die Verluste der Kundinnen und Kunden sind real, der Reputationsschaden für die UBS ebenso. Doch wer übernimmt die Verantwortung für das Derivate-Desaster?
2. Juni 2025 • Beat Schmid

Am Freitag ist Tag der Wahrheit: Dann wird der Bund den Schleier über die neue Grossbankenregulierung lüften. Im Zentrum steht dabei eine Zahl – nämlich, wie viel Eigenkapital die UBS künftig für ihre Auslandstöchter vorhalten muss. Andere Aspekte der Regulierung dürften kaum für Aufsehen sorgen, etwa das sogenannte Senior Managers Regime. Es ist unbestritten und gilt als harmlos.

Dabei hätte gerade dieses Regime das Potenzial, zum Gamechanger zu werden: Es geht um die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten auf Managementebene. Geschäftliche Entscheide sollen eindeutig einer Person zugeordnet werden können – damit im Krisenfall rasch klar ist, wer wofür geradestehen muss.

Verantwortliche werden aktuell auch im Zusammenhang mit dem Derivate-Flop im Wealth Management der UBS gesucht. Wie konnte es dazu kommen, dass sogenannte Range Target Profit Forwards – ursprünglich als Absicherungsinstrument für professionelle Investoren konzipiert – in den Portfolios vermögender Privatkundinnen und -kunden landeten und dort erhebliche Verluste verursachten?

Ein funktionierendes Senior Managers Regime würde offenlegen, wer welche Entscheide gefällt hat, wer den Verkaufsdruck orchestrierte, wie dieser intern organisiert war und wer die Konzentrationen in den Kundenportfolios hätte überwachen müssen. Genau dafür gibt es Führungskräfte – und genau dafür werden sie üblicherweise sehr gut entlohnt.

Suche nach Sündenböcken

Die interne Aufarbeitung bei der UBS läuft auf Hochtouren. Laut gut informierten Kreisen ist davon auszugehen, dass die Bank die «Schuldigen» vor allem an der Kundenfront suchen wird – bei einem «sehr kleinen Kreis von Kundenberatern, die beim Verkauf dieser Derivate etwas aggressiv vorgegangen» sei, wie die NZZ am Sonntag berichtete.

Von einer Ausweitung der Verantwortung auf höhere Hierarchieebenen scheint die UBS bewusst abzusehen – obwohl gerade dort die Pflicht gelegen hätte, die Verkaufsaktivitäten zu überwachen und Risiken im Auge zu behalten.

Letztlich liegt es in den Händen von UBS-CEO Sergio Ermotti, mit einem sichtbaren personellen Schnitt ein klares Signal zu senden: dass bei Falschberatungen und Reputationsschäden keine Toleranz herrscht. Bleibt eine solche Konsequenz aus, verkommt das Senior Managers Regime zu einer leeren Worthülse.

Senior Managers Regime

Das Senior Managers and Certification Regime (SMCR) wurde ursprünglich 2016 in Grossbritannien eingeführt, als Antwort auf die Finanzkrise von 2008. Es soll die individuelle Verantwortlichkeit von Führungskräften in Finanzinstituten stärken.

Zu den Kernprinzipien gehören:
- Klare Zuordnung: Jeder wesentliche Geschäftsbereich muss einer klar benannten Führungsperson zugewiesen sein.
- Nachvollziehbarkeit: Entscheide sollen dokumentiert und die Verantwortung nicht mehr kollektiv verwischt werden können.
- Haftung: Bei Verstössen kann die betreffende Person persönlich zur Rechenschaft gezogen werden – sowohl intern als auch regulatorisch.

In der Schweiz wird das Regime im Rahmen der neuen Grossbankenregulierung diskutiert. Es könnte zu einem Paradigmenwechsel führen: Weg von der Systemverantwortung, hin zu klarer Einzelverantwortung.

MEHR ZUM THEMA


UBS etikettiert massenhaft Nachhaltigkeitsfonds um

Kreative Namensänderungen führen ESG-Regulierung ad absurdum. Statt «sustainable», «climate» oder «ESG» heissen viele Produkte nun «selection», «screened» oder «committed».
28. Mai 2025

Dangerous Liaisons

Seine Frau hatte eine Affäre mit seinem UBS-Kundenberater. Viel Geld verschwand. Doch der gehörnte Ehemann darf die Bank nicht verklagen.
26. Mai 2025

Hat die UBS die Schlacht ums Eigenkapital verloren?

Das Lobbying der Grossbank entwickelt kaum Momentum. Die UBS soll vor Rückschlag im Kampf gegen verschärfte Kapitalanforderungen stehen.
20. Mai 2025

Die UBS pushte den Verkauf von hochspekulativen Devisen-Derivaten

Die Grossbank hat beim Verkauf der riskanten Devisen-Forwards möglicherweise Fehler gemacht. Nun hat sie einzelne Kundenberater ins Visier genommen.
16. Mai 2025

St. Moritz ist der Hotspot im Derivate-Debakel der UBS

Die Filiale im Engadin verkaufte besonders aktiv hochkomplexe Devisen-Kontrakte an vermögende Kunden. Jetzt ist dort ein Troubleshooter aus dem Unterland im Einsatz.
13. Mai 2025

Explodiert bei der UBS gerade eine Derivate-Bombe?

Die Bank hat komplexe Devisenderivate an Privatkunden verkauft. Diese haben damit grosse Verluste erlitten. Dass sich die UBS bisher nicht dazu äussert, ist kein gutes Zeichen.
12. Mai 2025