Die Privatbank war einer der wichtigsten Geldgeber für die inzwischen insolvente deutsche Immobiliengruppe Degag. Gemäss einem Bericht des deutschen Handelsblatts hat die Bank im Rahmen des Konkurses Forderungen in der Höhe von 48 Millionen Franken angemeldet. Diese Summe entspricht in etwa dem Jahresgewinn, den die deutsche Tochtergesellschaft der Bank für das Jahr 2023 vermeldet hat. Insgesamt soll Julius Bär mehr als einem Dutzend Gesellschaften des weitverzweigten Degag-Konzerns Kreditlinien über mehr als 100 Millionen Euro gewährt haben.
Nach dem Benko-Skandal, der das Unternehmen Ende 2023 erschütterte, ist dies der zweite Flop mit Immobiliengeschäften. Insgesamt erlitt Julius Bär beim Zusammenbruch des Immobilienimperiums des österreichischen Financiers einen Verlust von 606 Millionen Franken. CEO Philipp Rickenbacher kostete der Skandal den Job, ein Jahr später trat auch Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher zurück.
Seit Januar 2025 ist Philipp Bollinger CEO der Privatbank. Im Mai kommunizierte die Bank erneut einen Abschreiber von 130 Millionen Franken. Ob dieser im Zusammenhang mit den nun aufgeflogenen Immobiliengeschäften in Deutschland steht, ist nicht bekannt. Auf Anfrage des Handelsblatts sagte die Bank: «Julius Bär hatte einer privaten Unternehmensgruppe Hypothekarkredite in einem höheren zweistelligen Franken-Millionenbereich zur Finanzierung von Wohnliegenschaften in Deutschland gewährt. Einzelne Kreditnehmer dieser Gruppe befinden sich zwischenzeitlich in finanziellen Schwierigkeiten.»
Wie letzte Woche bekannt wurde, trat Axel Hoffmanns aus persönlichen Gründen als Deutschlandchef von Julius Bär zurück. Hoffmans war erst vor neun Monaten von HSBC zu Bär gekommen und hatte die Nachfolge von Heiko Schlag angetreten. Dessen Abgang wurde im Juli 2024 kommuniziert. Er war ab 2012 CEO von Bär in Deutschland. Aktuell ist Sven Nykamp, der ab 2011 Leiter der Niederlassungen Hamburg und Kiel war und das Private Banking leitet, Chef der Privatbank. Nykamp führt Julius Bär Deutschland nun «gemeinschaftlich» mit den beiden weiteren Vorstandsmitgliedern Thomas Falk (Finanzen, Risiko) und Markus Mrasek (Betrieb), wie die Bank letzte Woche mitteilte.
4500 Kleinanleger betroffen
Wann und wie es zur Geschäftsbeziehung mit der Degag-Immobiliengruppe kam, ist nicht klar. Spätestens ab März 2023 sollen die Geschäfte angelaufen sein. Damals richtete die Bank Geschäftskonten und Kreditlinien für Projektgesellschaften ein, die mit der Degag in Zusammenhang standen. Diese trugen die Namen «Bevo De Alpha 1a» bis «Bevo De Alpha 1f». Ebenfalls Teil der Geschäftsbeziehung war der schillernde Immobilien-Investor und Degag-Aktionär Birger Dehne, der allerdings keine offizielle Rolle innerhalb der Gruppe besass.
In die Degag investierten auch 4500 Privatanleger, die der Gesellschaft fast 300 Millionen Euro geliehen hatten. Ende 2024 stellte die Gruppe Zahlungen an die Anleger ein. Im Januar 2025 meldete er für die Dachholding und weitere Degag-Firmen Insolvenz an. Laut dem Insolvenzverwalter ist der Konzern mit bis zu 1,1 Milliarden Euro überschuldet. Den Privatanlegern droht der Totalverlust. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen mehrere ehemalige Führungskräfte.
Investiert wurden die Gelder in eigentliche Schrottimmobilien, etwa in Castrop-Rauxel, Gelsenkirchen und Gross Schacksdorf-Simmersdorf an der polnischen Grenze. In TV-Reportagen wurde über unhaltbare Zustände für Mieter berichtet: verschimmelte Wohnungen, Müll vor den Häusern, Prostitution und Ratten – Ein Immobilienportfolio des Grauens.