Es war am Donnerstag, dem 31. Oktober 2024. Das Schweizer IT-Services-Unternehmen SoftwareOne veröffentlichte eine Medienmitteilung: «SoftwareOne ernennt Raphael Erb zum CEO; passt finanzielle Prognose an.» Das dritte Quartal lief schlechter als vom Markt erwartet. Das Unternehmen korrigierte die Ziele nach unten – eine klassische Gewinnwarnung, die am Markt nicht ohne Wirkung blieb. Die Aktie stürzte ab, der Tagesverlust betrug 40 Prozent.
Im Unternehmen mit xy Beschäftigten wurde die Gewinnwarnung frühzeitig ruchbar, wie Quellen berichten. Dann wurde klar, dass das Unternehmen eine Gewinnwarnung publizieren würde. «Einige Beschäftigte haben das mitbekommen und ihre Aktien verkauft», sagt eine Quelle. Insgesamt geht es um mutmasslich 2,4 Millionen Franken, die die fünf Verdächtigten durch ihre Aktienverkäufe an Verlusten vermieden haben sollen. Damit könnten sie gegen die Insiderstrafnorm verstossen haben. Ob dies zutrifft, werden die Gerichte klären müssen.
Jedenfalls schlugen die Strafermittlungsbehörden am Dienstag in drei Ländern gleichzeitig zu. Es seien Hausdurchsuchungen in den Büros von SoftwareOne in Stans und Leipzig durchgeführt worden, teilte das Unternehmen am Mittwoch in einer Stellungnahme mit. Diese Massnahmen stünden im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen fünf derzeitige oder ehemalige nicht-exekutive Mitarbeitende wegen möglicher Verstösse gegen Insider-Vorschriften. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Insiderdelikte werden selten geahndet
Zuvor hatten die Schweizer Bundesanwaltschaft und die EU-Agentur für justizielle Zusammenarbeit (Eurojust) über eine grossangelegte Razzia gegen die Beschuldigten an ihren Wohn- und Arbeitsorten in der Schweiz, Deutschland und Grossbritannien informiert. Die fünf Personen sollen zum Tatzeitpunkt respektive zuvor mutmasslich leitende Positionen bei SoftwareOne innegehabt haben. Durchgeführt wurden die Durchsuchungen vom Bundesamt für Polizei (Fedpol), den Kriminalpolizeien Leipzig und München sowie der Sussex Police in England.
SoftwareOne teilte am Mittwoch mit, dem Unternehmen selbst werde kein Fehlverhalten vorgeworfen, und es kooperiere vollumfänglich mit den Behörden. Allerdings besteht stets ein Restrisiko, dass die Ermittlungen ausgeweitet werden könnten – etwa falls dem Unternehmen im Rahmen der Ad-hoc-Meldepflicht Fehler nachgewiesen würden.
Razzien, insbesondere länderübergreifende, im Zusammenhang mit Insiderhandel sind selten. Es ist davon auszugehen, dass viele grössere und kleinere Delikte gar nie auf den Radar der Strafermittlungsbehörden gelangen.
SoftwareOne ist im Verkauf von grossen Softwarepaketen für Unternehmenskunden tätig. In die Schlagzeilen kam das Unternehmen 2024 wegen eines möglichen Going-Private. Die Grössten Aktionäre sind gemäss SIX-Daten Daniel von Stockar und Beat Curti, die ein Aktienpaket von 20,87 Prozent halten. Das UBS Funds Management hält 7,55 Prozent. Die den grösseren Aktionären zählen zudem die deutschen Investoren Florian Schuhbauer und Klaus Röhrig.

