Hunderte Millionen weg
Anleger verlieren viel Geld mit Osteuropa-Fonds. In den meisten Fällen sind Rücknahmen nicht mehr möglich.
16. März 2022 • Beat Schmid

Anlegerinnen und Anleger, die auf den russischen Markt setzten, müssen hohe Verluste hinnehmen. Das gilt nicht nur für Investoren, die direkt in Aktien oder Obligationen investiert haben, sondern auch für Käuferinnen von Anlagefonds. Mehrere Schweizer Aktien- und Obligationenfonds mit Russland-Bezug haben massiv an Wert verloren, wie Recherchen zeigen. Ob die Anteilseigner ihre Einsätze jemals wieder sehen, ist fraglich.

Ein Debakel erleben derzeit Käufer des Russia-Fonds der UBS. Darin befinden sich zu einem Drittel Erdöl- und Gas-Unternehmen wie Rosneft und Gazprom, aber auch Mobilfunkfirmen, Internet-Konzerne und Stahlproduzenten. Rund 100 Millionen Dollar Kundengelder wurden dem Fonds anvertraut.

Rücknahmen setzte das Fondsmanagement auf Anfang März aus. Es ist also den Kundinnen und Kunden nicht mehr möglich, die Papiere der Bank zurückzuverkaufen. In der Datenbank von Swiss Fund Data wird ein Kursverlust von 52 Prozent seit Anfang Jahr angegeben. Doch das ist nur eine Indikation, da die Titel ab dem 24. Februar nicht mehr gehandelt werden.

Pictet-Russland-Fonds mit einer halben Milliarde engagiert

Gleich ergeht es Investoren, die ihr Geld in den Fonds Russian Equities von Pictet gelegt haben. In einem Brief an die Investoren schreibt die Bank, dass aufgrund der aktuellen “Situation zwischen der Ukraine und Russland” und der damit verbundenen Einstellung der Börse in Russland es nicht mehr möglich sei, den aktuellen Inventarwert zu erheben. Deshalb verzichte die Bank nun darauf. Wie die UBS teilte auch Pictet ihren Kunden mit, Rücknahmen auszusetzen. Im Fonds befinden sich Kundenvermögen von rund einer halben Milliarde Franken. Der Wertverlust bis zum 24. Februar wird mit 43 Prozent angegeben.

Heftige Rückgänge um rund 40 Prozent musste auch der Obligationenfonds Eastern European Bond von Vontobel hinnehmen. Das Produkt ist zu einem Drittel in russische Anleihen investiert, der Rest verteilt sich auf Rumänien, Polen und Ungarn. Auch bei diesem Fonds setzte Asset-Management die Rücknahmen aus.

Insgesamt zählt die Datenbank Swiss Fund Data 30 Russland-Fonds sowie 34 Osteuropa-Fonds (inklusive aller Anteilsklassen), die neben anderen auch russische Titel enthalten. Neben den genannten Asset-Managern gibt es noch weitere kleinere Anbieter von Russland-Papieren. Wie hoch die im Riesenreich angelegte Summe ist, lässt sich kaum sagen. Bei den Fonds mit reinem Russland-Exposure dürften die Verluste schätzungsweise eine Milliarde Franken betragen.

Tappen im Dunkeln über das totale Exposure

Wie Tippinpoint Anfang März berichtete, haben russische Grosskonzerne auf dem Schweizer Bondmarkt in den vergangenen Jahren Milliarden aufgenommen. Die Papiere haben innert weniger Tage bis zu 80 Prozent ihres Werts verloren. Insgesamt haben russische Grosskonzerne rund 3,6 Milliarden Franken in der Schweiz aufgenommen. Allein Gazprom nahm 1,75 Milliarden Franken im Schweizer Markt auf. Der Kauf und Verkauf von diesen Titeln ist immer noch möglich, da es sich um Schweizer Wertpapiere handelt.

Noch ist immer unklar, wie gross das gesamte Russland-Exposure des Schweizer Finanzplatzes ist. Wie Marcel Rohner, der Präsident der Bankiervereinigung, gestern an einer Medienkonferenz sagte, lasse sich das nur sehr schwer beziffern. Es komme darauf an, was man unter Exposure verstehe. Er sprach von direkten Investitionen in Aktien und Obligationen, gesperrten Kundengeldern, aber auch von Anlagefonds. Rohner nannte als Schätzung rund 200 Milliarden Franken.

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