Financials
Die Bank spricht von einer Stabilisierung der Kundenabflüsse. Doch was heisst das genau? Es gibt Indizien, dass sie letzte Woche wieder zugenommen haben.
28. November 2022 • Beat Schmid
Die Mitteilung der CS vom Mittwoch über die gewaltigen Abflüsse war ein Schock für die Märkte. Vontobel-Analyst Andreas Venditti sprach von einer “besorgniserregenden Entwicklung”. J.P.-Morgan-Analyst Kian Abouhossein sagte, dass die CS schwerer leide als die UBS während der Finanzkrise. Der Aktienkurs tauchte auf ein neues Rekordtief.
Es gibt Indizien, dass die Abflüsse in der letzten Woche wieder zugenommen haben. So soll es gemäss zuverlässigen Quellen im Geschäft mit institutionellen Kunden zu namhaften Verschiebungen gekommen sein. Eine Bank-Sprecherin will sich dazu nicht äussern und verweist auf das Communiqué vom letzten Mittwoch.
Am Wochenende versuchte Schweiz-Chef André Helfenstein, Gegensteuer zu geben. In einem Interview mit “Le Matin Dimanche” sagte er, dass nur “sehr wenige Kunden ihre Konten wirklich geschlossen haben”. In seiner Division Swiss Bank haben sich laut Helfenstein die Kundenvermögen “stabilisiert”.
Letzten Mittwoch schrieb die Bank, im Wealth Management seien diese Abflüsse “deutlich zurückgegangen”, haben sich aber “noch nicht umgekehrt”. In dieser Abteilung beträgt der Verlust 63 Milliarden Franken oder 10 Prozent der verwalteten Vermögen. Auf Konzernebene belaufen sich die Abflüsse auf 84 Milliarden Franken oder 6 Prozent der Kundenvermögen.
Kommunikationspolitik der Bank wirft Fragen auf
Wie gross der Blutverlust aktuell ist, darüber macht die CS keine Angaben. Was genau “stabilisiert” heisst, darüber kann man nur mutmassen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Kommunikationspolitik der Bank Fragen aufwirft. Anfang Oktober etwa verwies die CS Berichte über eine bevorstehende Kapitalerhöhung ins Reich der Fantasie. Die “NZZ am Sonntag” ging darauf ein. In einem grossen Artikel wurden Berichte, insbesondere eine Reuters-Meldung, von nicht näher spezifizierten “Gesprächspartnern” als “schlichtweg falsch” dargestellt. Die Nachrichtenagentur schrieb kurz zuvor, die Bank führe Gespräche mit Grossaktionären über eine mögliche Kapitalerhöhung. Reuters sollte recht behalten: Nur drei Wochen später war die Kapitalerhöhung über 4 Milliarden Franken dann doch plötzlich Realität. Man kann abstreiten, verwedeln und schönfärben, doch das Problem ist: Irgendwann glaubt einem niemand mehr. Kann man der Credit Suisse überhaupt noch glauben, wenn sie jetzt von einer “Stabilisierung” der Abflüsse spricht?Axel Lehmann spricht bei jeder Gelegenheit von einer “fantastic Franchise”
Nicht hilfreich für die Glaubwürdigkeit der Bank ist, wenn CS-Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann bei jeder Gelegenheit von einer “fantastic Franchise" spricht und dabei das Wealth Management oder das Schweizer Kerngeschäft meint. Er vergisst, dass zumindest das Wealth Management längst eine Problemsparte ist. Nach der Gewinnwarnung vom Donnerstag ist klar, dass die Abteilung auch im vierten Quartal einen Verlust schreiben wird. Der Aderlass ist folgenschwer und wird der Abteilung noch lange wehtun. Die Abflüsse in den ersten sechs Wochen nach dem 1. Oktober betrugen 63 Milliarden Franken. Dadurch fallen der Bank substanzielle Erträge weg. Bei einer Marge von 0,8 Prozent entspricht das Ertragsausfällen von rund 500 Millionen Franken pro Jahr. Das Fatale bei der Credit Suisse ist, dass das Feuer, das im Investmentbanking ausgebrochen ist, inzwischen auf andere Abteilungen übergegriffen hat. Lange versuchte die Führung der Bank ihren Stakeholdern weiss zu machen, dass die Probleme ausschliesslich im Investmentbanking liegen. Doch die Kunden sehen das anders, sie machen diese Unterscheidung nicht.André Helfenstein sieht Swiss Bank unbeschadet - doch auch ihr flossen 5,3 Milliarden ab
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