Von der Angestellten zur Unternehmerin
Vor einem Jahr verliess sie abrupt die Grossbank. Jetzt baut die frühere Compliance- und Sustainability-Chefin ein Private-Equity-Unternehmen in Dallas auf.
5. Januar 2023 • Beat Schmid

Bei der Credit Suisse sass sie in der Geschäftsleitung, dann kam plötzlich der Abgang. Vor einem Jahr verliess Lydie Hudson die Grossbank nach 13 Jahren in unbekannte Richtung. Jetzt taucht sie wieder auf: Gestern verkündete sie auf einer Social-Media-Plattform, dass sie sich mit einer eigenen Private-Equity-Gesellschaft selbständig gemacht habe. Mit einer Co-Partnerin gründete sie die Firma Citation Capital.

“Excited to launch Citation Capital this week with an amazing set of partners and excellent team! Let's go!”, schreibt sie auf Linkedin. Auf der Website wird Lydie Hudson als President und Chief Operating Officer geführt. Das Team zählt 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mitgründerin und Managing Partner ist Tiffany Hagge, eine ehemalige Goldman-Sachs-Bankerin. Das Büro befindet sich in Dallas, Texas.

Über die Ziele und den Ansatz der neuen Private-Equity-Gesellschaft erfährt man allerdings fast nichts. Als Branchen-Knowhow werden der Detailhandel, die Industrie sowie Unternehmens- und Finanzdienstleistungen angegeben.

Steile CS-Karriere

Beim Gang in die Selbständigkeit dürften Hudson die vielen Millionen geholfen haben, die sie in den vergangenen Jahren bei der CS verdient hatte. Als Mitglied der Geschäftsleitung dürfte ihr Gehalt zwischen 5 und 7 Millionen Franken betragen haben.

Auch in ihren früheren Rollen bei der Grossbank dürfte sie ein sehr hohes Salär bezogen haben. Wie sie selber schreibt, war sie unter anderem als CEO der Plattform für Anlageprodukte und Research mit einem Gesamtvolumen von 240 Milliarden Dollar und als COO des Bereichs Global Markets für ein 8-Milliarden-Dollar-Geschäft verantwortlich.

Bekannt wurde Hudson, als sie 2019 den Bereich Compliance übernahm. Sie folgte auf Lara Warner, die von CEO Tidjane Thiam zur Risikochefin der Grossbank befördert wurde. Hudson übernahm damals einen der “heikelsten Jobs” innerhalb der Bank, wie die “Finanz & Wirtschaft” schrieb.

Der Hintergrund waren zahlreiche Regelverstösse, die von der Finma sanktioniert wurden. Die Behörde stellte fest, dass Credit Suisse in den Korruptionsfällen um den internationalen Fussballverband Fifa, den brasilianischen Ölkonzern Petrobras und den venezolanischen Ölkonzern PDVSA gegen aufsichtsrechtliche Pflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei verstossen habe. Die Finma rügte Mängel bei der Identifizierung von Kunden und der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten, der Risikoabklärung und der Dokumentation zwischen 2006 und 2016.

Hudson war nur kurz Compliance-Chefin

Zu ihrer neuen Rolle sagte Lydie Hudson damals: “Die Technologie, unsere Kundendaten zu überblicken, ist im Compliance-Bereich verfügbar und wird nun unseren Fronteinheiten zur Verfügung gestellt.” Grundsätzlich müsse man in einem Unternehmen “ein Umfeld schaffen, das sich an Verhaltens- und Ethikstandards hält”, sagte sie in einem Interview mit der “Finanz & Wirtschaft”.

Compliance-Chefin war Hudson allerdings nicht lange. Im Sommer 2020 kam es unter Thomas Gottstein zu einer erneuten Rochade in der Geschäftsleitung. Hudson übergab die Compliance-Abteilung an Lara Warner und zog als Vorsteherin des neu geschaffenen Bereichs Sustainability, Research & Investment Solutions (SRI) in die Konzernleitung ein.

Damals setzte sich die CS das Ziel, eine führende Anbieterin im Bereich Nachhaltigkeit zu werden und in den nächsten zehn Jahren mindestens 300 Milliarden Franken an nachhaltiger Finanzierung bereitzustellen. Ausserdem sollte die Bank weitgehend aus dem Finanzierungsgeschäft von Öl- und Gas-Projekten aussteigen.

Vor einem Jahr kam es abermals zu einer Rochade in der CS-Geschäftsleitung. Mit der Ernennung von Francesco De Ferrari zum Chef des Wealth Managements wurde die von Hudson geleitete Sustainability-Abteilung wieder aufgelöst und in die Gross-Divisionen Wealth-Management und Investmentbank zurückverschoben. Das war offenbar Grund genug für sie, die CS zu verlassen.

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