ZFF zieht ins Kosmos
Die rechtsbürgerliche NZZ übernimmt den linken Kulturtempel Kosmos. Neben einer tiefen Miete profitiert die Festivaltochter von Subventionen in siebenstelliger Höhe.
1. Juni 2023 • Beat Schmid
Es ist ein bisschen wie bei der Übernahme der CS durch die UBS. Die Zürcher Film Festival AG erhält das Kosmos mit seinen sechs Kinosälen quasi zum Spottpreis. Zwar will die Vermieterin SBB nicht sagen, wie viel die NZZ-Tochter zahlen muss, aber es dürfte deutlich weniger sein als die 1,3 Millionen Franken, die die bisherigen Betreiber zahlen mussten. Eine «möglichst kommerzielle Nutzung» habe nicht im Vordergrund gestanden, sagte SBB-Immobilienchef Alexis Leuthold am Mittwoch an einer Medienkonferenz.
Der Mietzins ist deutlich tiefer, weil die neuen Mieter praktisch nur die Kinoflächen übernehmen – der Restaurantbereich sowie weitere Flächen im ersten Stock werden separat vermietet. Doch ein anderer Grund schenkt mehr ein: Die NZZ muss keine Altlasten übernehmen.
Die Aktionäre der in Konkurs gegangenen Kosmos-Kultur AG haben den Ausbau des Kinos wesentlich mitfinanziert. Rund acht Millionen Franken steckten sie in Technik und Infrastruktur – etwa die Hälfte der gesamten Investitionen, die in den Bau des Kulturtempel flossen. Diese Gelder sind weg, oder besser gesagt, sie gehen mithilfe der SBB quasi an die neuen Mieter, also an die NZZ.
1,35 Millionen Franken Subventionen
Die NZZ profitiert noch mehr. Hinzu kommt, dass das Zurich Film Festival (ZFF) hoch subventioniert ist. Die Stadt Zürich hat ihren Beitrag kürzlich von 350'000 auf 500'000 Franken erhöht. Ebenfalls deutlich mehr zahlt der Kanton Zürich. Anfang Jahr beschloss der Regierungsrat jährlich 400'000 Franken zu zahlen. Und der Bund hat 2021 seinen jährlichen Beitrag von 250'000 auf 440'000 Franken aufgestockt. Damit fliessen jährlich 1,35 Millionen Franken an Subventionen in die Kasse der NZZ-Tochter. Zwar erklärte die Chefin der ZFF-Vermarktungsgesellschaft – ebenfalls eine NZZ-Tochter –, dass die Subventionen nicht in den regulären Kinobetrieb fliessen würden. Doch wie genau will man diese beiden Bereiche trennen, wenn das Kosmos – oder das «Frame», wie das Kosmos neu heissen wird – zum Zentrum des Festivals wird? Es ist schlicht unmöglich. Die staatlichen Subventionsgeber sollten deshalb ihre zuletzt üppig aufgestockten Fördergelder auf den Prüfstand stellen. Da sich die Ausgangslage für das Festival mit dem Einzug ins Kosmos völlig verändert, müssen sie genau hinschauen, ob die Subventionen in der bewilligten Höhe überhaupt noch gerechtfertigt sind oder ob sie gegebenenfalls gekürzt oder ganz gestrichen werden müssen.«Subventionen schwächen die Abwehrkräfte gegen einen überbordenden Staat»
Der Verzicht auf Subventionen würde auch besser zur liberalen NZZ passen, die bei jeder Gelegenheit gegen staatliche Subventionen anschreibt, sei es im Gesundheitswesen («Die Krankenkassenprämien dürfen weh tun») oder beim Klimagesetz («Die Klimakommunisten haben übernommen»). Eines muss man den gescheiterten Kosmos-Gründern aus dem links-grünen Zürcher Kulturmilieu lassen. Sie glaubten fest daran, es ohne staatliche Krücken zu schaffen. Sie scheiterten zwar, aber nicht auf Kosten des Staates. Die rechtsbürgerliche NZZ dagegen wettert in Sonntagspredigten zwar gerne gegen böse staatliche Fördermillionen, die «die Abwehrkräfte gegen einen überbordenden Staat schwächen». Doch wenn sie kann, dann greift sie ungeniert zu, mit beiden Händen.Der Kosmos-Konkurs fordert einige prominente Opfer
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