Rolle der SNB
Nach der Notübernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS stand bisher vor allem die Finma im Kreuzfeuer der Kritik. Heikle Fragen stellen sich aber auch zum Verhalten der Nationalbank.
21. Juni 2023 • Balz Bruppacher
«Warum ist die SNB in der entscheidenden Phase ab Oktober 2022, als die CS bereits einen dramatischen Bank-Run erlitt, passiv geblieben?» fragt der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann in seiner jüngsten Kolumne in der «NZZ am Sonntag». Und warnt die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) davor, einseitig auf Bundesrat und Finma loszugehen. Denn die Schweizerische Nationalbank (SNB) sei die Schlüsselinstitution bei der Bewältigung von Finanzkrisen.
Bereits an der denkwürdigen Medienkonferenz vom 19. März zur Übernahme der CS durch die UBS wurde die Frage aufgeworfen, warum die Behörden das ein Jahr zuvor ins Auge gefasste Instrument zur Liquiditätshilfe für systemrelevante Banken (den sogenannten Public Liquidity Backstop) nicht schon im Herbst 2022 in Kraft setzten, als sich die Credit Suisse mit einem existenzgefährdenden Aderlass von Kundengeldern konfrontiert sah.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter räumte ein, dass diese Möglichkeit damals tatsächlich erwogen wurde. Und zwar gestützt auf ein Gutachten des Bundesamts für Justiz zur Anwendung von Notrecht. Im Bundesrat habe man damals aber davon abgesehen, um nicht zusätzlich zu verunsichern.
«Die Grenzen des Mandats»
SNB-Präsident Thomas Jordan ergänzte, eine vorzeitige Inkraftsetzung dieses Instruments, das der Nationalbank die Gewährleistung von Liquiditätsdarlehen mit einer Bundesgarantie ermöglicht, hätte im Herbst 2022 destabilisierend statt stabilisierend gewirkt. Folgt man dieser Argumentation stellt sich die Frage, ob es überhaupt einen richtigen Zeitpunkt gab, um einen solchen Rettungsschirm aufzuspannen. Jordan und Vizepräsident Martin Schlegel haben das Vorgehen der SNB bisher verteidigt. Sie räumten zwar ein, dass die Nationalbank mit ihrer bloss durch ein Konkursprivileg gesicherten Liquiditätshilfe an die Grenzen ihres Mandats gegangen sei. Ohne diese Bereitschaft wäre es aber zu einem Zusammenbruch der CS gekommen, argumentieren sie. Mehr von der SNB am Donnerstag? Mit Blick auf die Arbeit der PUK stellt sich die Frage, ob die Nationalbank eine vertiefte Analyse ihres Verhaltens während der CS-Krise vornimmt, wie dies zum Beispiel der frühere Bankenaufseher und Finanzmarktprofessor Urs Zulauf für alle Beteiligten fordert. Im Falle der Nationalbank wären etwa die Gründe für ihre zurückhaltende Beurteilung der CS im letztjährigen Bericht zur Finanzstabilität darzulegen.«Es ist Teil der Aufgaben der SNB, einen Beitrag zur Stabilität des Finanzsystems zu leisten»
Zu zeigen wäre, für alle Währungen insbesondere den US-Dollar, die Entwicklung der Liquiditätshilfe für die CS. Die SNB könnte zudem erläutern, wie und ob die Zusammenarbeit mit der Finma und dem Eidgenössischen Finanzdepartement in der Krisenbewältigung funktioniert habe und was allenfalls verbessert werden könnte. Interessant wären, so Zulauf weiter, auch die Überlegungen der SNB zur Verfassungsmässigkeit der zusätzlichen Liquiditätshilfe mit einzig einem Konkursprivileg als «Deckung». Die SNB verweist auf ihren jährlichen Bericht zur Finanzstabilität, der diesen Donnerstag veröffentlicht wird. Auf die Frage, ob sich auch der SNB-Bankrat, das interne Aufsichtsgremium der Nationalbank, mit der Angelegenheit befassen wird, erklärte ein SNB-Sprecher: «Es ist Teil der Aufgaben der SNB, einen Beitrag zur Stabilität des Finanzsystems zu leisten. Die Verantwortung für den Einsatz der damit verbundenen Instrumente liegt beim Direktorium. Der Bankrat wurde informiert.»Müssen Urs Rohner und Co. gar nicht zwingend vor der PUK aussagen?
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