Seit dem Kollaps der Credit Suisse ist die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) heftiger Kritik ausgesetzt. Zum Knall kam es vor zwei Wochen, als Direktor Urban Angehrn überraschend zurücktrat. Mit weiteren Abgängen hochrangiger Mitarbeiter ist die Führungskrise jetzt vollends ausgebrochen. Mitten im Sturm steht Marlene Amstad, seit 2021 Verwaltungsratspräsidentin der Behörde.
Ihr gelingt es nicht, die Behörde zusammenzuhalten. Sie gerät wegen ihres Führungsstils unter Beschuss – oder besser: wegen ihrer mangelnden Führungserfahrung. Denn in ihrem früheren Leben war sie Forscherin, Beraterin und Professorin, aber sie hat noch nie eine grössere Organisation geführt. Die Finma ist aber keine Forschungsabteilung, sondern eine Behörde mit 550 Vollzeitstellen. Gerade in Krisenzeiten braucht es Führungspersönlichkeiten, die eine verunsicherte Belegschaft zusammenhalten kann.
Politisch verantwortlich für das Debakel ist Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Sie muss sich vorwerfen lassen, zu lange zugeschaut zu haben. Schon vor Monaten hätte sie durchgreifen können. Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse hätte sie erkennen können, dass es so nicht weitergeht. Aber sie hat den Laden laufen lassen. Dieses Laissez-faire könnte sich rächen.
Denn mit dem staatlich orchestrierten Deal hat die Politik einen Finanzkoloss geschaffen, der alle anderen Schweizer Banken überragt. Die UBS ist so gross, dass sie bei einem Zusammenbruch kaum mehr vom Staat aufgefangen werden könnte. Sie ist nicht nur «too big to fail», sondern auch «too big to rescue» – zu gross, um gerettet zu werden.
Bedauernswerter Zustand der Finma
Der bedauernswerte Zustand der Finma lässt an ihrer Durchsetzungskraft zweifeln. Das ist schlecht. Nicht nur die Schweizer Steuerzahler haben ein Interesse an einer starken Regulierung, sondern auch die UBS. Auf den internationalen Finanzmärkten wird genau beobachtet, wie die Schweiz ihre Superbank in Zukunft reguliert. Eine schwache, unsichere Aufsicht schadet dem Vertrauen. Das wird in Bern möglicherweise unterschätzt.
Doch wie kann die Schweiz zu einer glaubwürdigen Bankenaufsicht zurückfinden? Drei Punkte sind wichtig:
• Erstens: Die Finma braucht weder neue Instrumente noch mehr Personal, wie Marlene Amstad fordert. Die Behörde hat mit dem Gewährartikel bereits ein äusserst schlagkräftiges Instrument in der Hand, um Bankmanager abzusetzen. Was es braucht, ist gelebtes Wissen, wie eine Grossbank funktioniert, welche Dynamiken in Krisensituationen ablaufen, wie die Bilanz gesteuert und wie Liquidität und Risiken bewirtschaftet werden. Ist dieses Wissen bei der Finma vorhanden?
• Zweitens: Die Finma muss ihre Botschaften bei der UBS so platzieren können, dass sie auch ankommen. Der Direktor oder die Präsidentin muss das Format haben, den UBS-Präsidenten Colm Kelleher (66) nach Bern zu zitieren, um ihm in aller Ruhe zu erklären, was man von ihm erwartet und was nicht. Das Problem ist aber, dass in den obersten Führungsgremien niemand über die nötige Leadership verfügt, um den Chefs der Grossbanken die Stirn zu bieten.
• Drittens: Auch Grundsatzfragen müssen auf den Tisch. Ist es wirklich sinnvoll, Banken, Versicherungen, den Finanzmarkt unter die Aufsicht einer grossen Behörde zu stellen? Oder braucht es wieder eine eigenständige, auf die Banken fokussierte Eingreiftruppe, also eine Renaissance der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK)?