Das Dossier ist hochbrisant. Die Gelder russischer Staatsangehöriger auf Schweizer Banken. Spätestens seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine gelten die Kundenbeziehungen als toxisch. Insgesamt stehen 1544 Russinnen und Russen auf der Sanktionsliste der EU, welche die Schweiz übernommen hat.
Die Enthüllungen rund um Cyprus Confidential bringen das Thema wieder auf den Tisch. Das Datenleck legt zahlreiche Kundenbeziehungen von Kreml-nahen Oligarchen zu Schweizer Banken offen. Im Fokus stehen vor allem die UBS und die Credit Suisse. Überraschend an dem Datenleck ist, dass die UBS im Geschäft mit russischen Oligarchen offenbar aktiver war als bisher angenommen. Bisher galt vor allem die Credit Suisse als stark engagiert.
Bei der UBS sollen unter anderem die beiden Oligarchen Alexej Mordaschow und Roman Abramowitsch bis mindestens 2022 ein Konto gehabt haben. Spannend ist, dass die Tamedia-Zeitungen, die diese Verbindungen im Verbund mit über 60 Medienhäusern im Rahmen einer internationalen Recherche publik gemacht haben, heute in einem Artikel stark zurückrudern und anonyme Stimmen zu Wort kommen lassen, wonach sich die Bank schon früh von russischen Kunden getrennt habe.
Anonyme Quelle geben Gegensteuer
In einem Artikel (Abo) kommen anonyme Quellen zu Wort, die wissen wollen, dass die UBS eine der ersten Banken war, die im Russland-Geschäft aufgeräumt hat. Die Zeitung spricht von einer «Radikalkur», die die Bank durchgeführt habe und bei der neben Oligarchen auch Schweizer Anwälte, Notare, Treuhänder und Vermögensberater vor die Tür gesetzt worden seien, selbst wenn sie einen Schweizer Pass gehabt hätten. Nach dem Abbau würden die Russlandgelder der UBS statt 50 «nur noch 20 Milliarden Dollar» umfassen. Zwei Milliarden davon habe die Bank wegen der Sanktionen eingefroren.
Die anonymen Quellen weisen auch auf andere Banken hin, die die Ex-Kunden der UBS aufgenommen haben. Weil die Grossbank «als eine der ersten überhaupt einen kompletten Paradigmenwechsel» vollzogen habe, hätten 2022 auch viele westliche Banken der UBS ihre problematische Kundschaft abgenommen. Zu den «Abnehmern» der UBS gehörten auch Schweizer Banken, «namentlich die damals noch unabhängige Credit Suisse», heisst es in dem Artikel, der sich wie eine Gegendarstellung liest.
Einer Quelle zufolge sollen im ersten Kriegsjahr viele russische Hochrisikokunden, denen die UBS gekündigt hatte, zu amerikanischen, britischen und französischen Grossbanken gewechselt sein. Eine UBS-Quelle sagt, dass diese Banken «sogar nach April 2023 Kunden aus dem Russlandgeschäft der UBS bei sich aufnahmen». «Es war für uns wirklich erstaunlich, zu welch angesehenen internationalen Instituten die Kunden, die wir abgebaut haben, wechseln konnten», zitieren die Tamedia-Zeitungen einen UBS-Banker.
Amerikaner sollen noch einen höheren Risikoappetit gehabt haben
Das Datenleck scheint allerdings keine Beweise zu liefern, dass dies auch so stattgefunden hat, wie es die Quellen kolportieren. Cyprus Confidential liefert aber Informationen, wonach auch amerikanische Banken russische Kunden hatten, was wiederum wenig erstaunlich ist. So geht aus den Dokumenten hervor, dass die Citibank im Jahr 2020 ein Aktienportfolio für den Oligarchen Suleiman Kerimov verwaltete. Im Herbst 2021 soll dieses Portfolio einen Wert von gut 430 Millionen Dollar gehabt haben.
Laut Tamedia stellt sich die Frage, ob nicht wichtige US-Banken zu Beginn des Krieges sogar einen höheren Risikoappetit im Russlandgeschäft hatten als die UBS. Das Cyprus-Datenleck und die Reaktion der UBS darauf zeigt, dass russische Vermögen auf dem Schweizer Finanzplatz ein äusserst heikles Thema ist. Offenbar sind die Befürchtungen gross, dass nach dem US-Steuerstreit ein neues Grossproblem auf die Banken zukommen könnte.