Es ist das politische Comeback des Jahres und sagt viel über den Zustand der regierenden britischen Tories aus. Die Rückkehr von David Cameron in das Kabinett des Premierministers Rishi Sunak. Mit seiner Wahl zum Aussenminister scheint der 57-Jährige mit einem Schlag rehabilitiert. Nach dem Brexit-Referendum 2016 hatte er sich aus der Politik zurückgezogen und war in der Versenkung verschwunden. In aussenpolitisch schwierigen Zeiten wolle er Sunak helfen, die Sicherheit und den Wohlstand des Königreichs zu sichern, sagte Cameron: «Die neue Aufgabe ehrt mich.»
Sicherheit und Wohlstand sichern. Damit hat Cameron Erfahrung. Allerdings vor allem auf sich selbst bezogen. Nach dem Brexit-Rerendum, das er den Briten selbst eingebrockt hatte, folgte er dem Ruf des Geldes. Für eine Million Dollar im Jahr und ein üppiges Aktienpaket übernahm er ein Beratungsmandat bei Lex Greensill. Seine Aufgabe war es, die Werbetrommel für das Supply-Chain-Finance-Geschäft zu rühren und den australischen Financier mit den politischen Eliten zu vernetzen.
Mit dem Privatjet an einen CS-Kundenevent
Das gelang. Welcher potenzielle Kunde liess sich nicht gerne zu einem exklusiven Anlass einladen, an dem ein Ex-Premier einer Ex-Weltmacht über grosse Politik sprach? Auch in der Schweiz funktionierte Cameron als Zugpferd. Verbrieft ist, dass Cameron 2019 mindestens einmal mit dem Privatjet von Greensill nach Zürich flog, um vor Kunden einen Vortrag zu halten.
Von den krummen Geschäften, die Greensill betrieb und die den Ruf der Credit Suisse nachhaltig schädigten, soll Cameron nichts gewusst haben. Die fingierten Rechnungen für den klammen Stahlmagnaten Sanjeev Gupta oder den US-Kohlegouverneur Jim Justice und seine Bluestone Coke sollen hinter seinem Rücken abgewickelt worden sein.
Auch der Credit Suisse, die die Geldflüsse aus den Supply-Chain-Fonds finanzierte, blieben diese Geschäfte lange verborgen. Von den ursprünglich 10 Milliarden Dollar, die von CS-Kunden in die Fonds geflossen sind, gelten noch immer über 2,5 Milliarden als verschwunden.
Cameron beteuerte öffentlich, er habe sich bei seinen Handlungen nichts zuschulden kommen lassen. Seine Amtszeit bei Greensill Capital begann 2018 und dauerte zweieinhalb Jahre. Insgesamt nahm er in dieser Zeit 10 Millionen Dollar ein, wie die BBC in einer Recherche aufdeckte. Ein Ausschuss des britischen Unterhauses attestierte ihm in dieser Sache einen «erheblichen Mangel an Urteilsvermögen».
Zurück auf die grosse Bühne
Nun kehrt Cameron nach sechs Jahren Abstinenz auf die grosse politische Bühne zurück. Britische Kommentatoren erinnerten an seine Versäumnisse und Fehler während seiner Zeit in 10 Downing Street. Die Militärschläge gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi führten 2011 zwar zu dessen Tötung, doch das nordafrikanische Land ist seither nicht zur Ruhe gekommen.
Im August 2013 kündigte Cameron vollmundig Luftangriffe gegen den syrischen Diktator Baschar al-Assad an, nachdem dieser im Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt hatte. Doch im Unterhaus scheiterte der Premier an Abweichlern in der eigenen Partei und am Widerstand der Labour-Opposition.
Aussenpolitiker werfen David Cameron zudem eine viel zu lasche China-Politik vor. Den dunkelsten Schatten auf die politische Karriere des neuen Aussenministers wirft das Brexit-Referendum, das Cameron erfolglos bekämpfte. Sowohl Remainer als auch Brexiteers machen den damaligen Premierminister allein für das Debakel verantwortlich.