Seit Tagen tobt ein Orkan über der Bank Julius Bär. Wie im richtigen Leben haben sich die Verantwortlichen der Bank in die Schutzkeller zurückgezogen. Informationen kommen in Form von Ad-hoc-Meldungen. Interviews zum Debakel gibt es nicht. Ein paar Aussagen des CEO in der NZZ und ein kurzer Auftritt an einem Bankenforum in London müssen genügen. Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher hat sich überhaupt noch nicht öffentlich geäussert. Interviewanfragen werden freundlich abgelehnt.
Es scheint, als wolle die Bank die Krise einfach aussitzen. Ob das eine gute Strategie ist, um das angeschlagene Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen? Man darf es bezweifeln. Aber Augen zu und durch ist typisch für ein Unternehmen, das keinen starken Aktionär im Hintergrund hat. Die Familie Bär ist längst ausgestiegen. Die grössten Aktionäre sind institutionelle Anleger. Diese legen auch bei den grössten Problemen gerne die Hände in den Schoss. (Mehr hier: Seit dem Ausstieg der Familie Bär wird das Aktionariat der Privatbank von Asset-Management-Gesellschaften dominiert)
Mit der Entlassung einer untergeordneten Person ist es nicht getan
Der Verwaltungsrat und das Management müssen also selber für Remedur sorgen. Aber können sie das? Das Problem ist, dass die Kredite an den «Wunderwuzzi» aus Innsbruck von höchster Stelle abgesegnet wurden, wie mehrere Quellen bestätigen. Der Kredit ging durch den Risikoausschuss des Verwaltungsrats, in dem Romeo Lacher sitzt. Auch CEO Philipp Rickenbacher, der Risikochef und die Finanzchefin waren im Bild. Sie waren bereit, das Risiko René Benko einzugehen und ihn zu ihrem wohl wichtigsten Kunden zu machen.
Wenn also Köpfe rollen sollten – und das Debakel sollte personelle Konsequenzen haben –, dann die der obersten Chargen der Bank, den Verwaltungsratspräsidenten und/oder den CEO. Mit der Entlassung einer untergeordneten Person ist es in diesem Fall nicht getan, da die höchsten Instanzen die Kredite bewilligt haben. Romeo Lacher und Philipp Rickenbacher sind also gefordert. Sie müssen entscheiden, ob sie sich selbst aus dem Amt kegeln wollen oder nicht. Wer von beiden übernimmt die Verantwortung?
Aussitzen wird schwierig, denn mit der Insolvenz der Signa-Gruppe werden weitere hohe Abschreibungen auf der Benko-Position immer wahrscheinlicher. Analysten und Beobachter gehen von einem Verlust von bis zur Hälfte des Kredits über 606 Millionen Franken aus.