Update on the @SNB_BNS Bitcoin investment plan. I suggested in May 2022 that SNB should start buying 1 billion worth of Bitcoin every month. By now, they would have made 11.8 billion CHF and amassed 867,338 Bitcoins to strengthen their independence!https://t.co/YzsV3vZWAr pic.twitter.com/jRC738dysS
— Luzius Meisser (@Luzius) December 2, 2023
Am 1. Februar 2022 schrieb Meisser einen Brief an die Bankratspräsidentin der Schweizerischen Nationalbank (SNB). In seiner Funktion als Aktionär der SNB bat er zusammen mit Fabio Andreotti und im Namen von rund dreissig weiteren Aktionärinnen und Aktionären um Traktandierung des folgenden Themas an der Generalversammlung vom 29. April 2022: «Schaffung der technischen und operativen Rahmenbedingungen, um bei Bedarf innert angemessener Frist Bitcoins zu geld- und währungspolitischen Zwecken erwerben und halten zu können».
Und in den Short Cuts diese Woche:
• Blockierte Kryptos: Ethereum gesperrt, Bitcoin im Hodl-Modus
• Das Krypto-Rennen der Kantonalbanken
Unter anderem führten Meisser und seine Mitstreiter an, dass das an der letztjährigen Generalversammlung vorgebrachte Argument, wonach es für den Erwerb von Bitcoins an einer Rechtsgrundlage fehle, nach ihrem Verständnis mit der Einführung von Bitcoin als gesetzlichem Zahlungsmittel in El Salvador nicht mehr zutreffend sei.
Vier Fünftel in Dollar und Euro
Die Nationalbank teilte mit, dass eine solche Politikänderung zwar ausserhalb des Kompetenzbereichs der Aktionäre stehe, aber dass das Thema in der allgemeinen Aussprache angesprochen werde. Meisser hatte auf eine Konsultativabstimmung gehofft, da die Frage aus seiner Sicht von öffentlichem Interesse ist. Im April 2022 propagierte Meisser in verschiedenen Medien und über soziale Medien, die Nationalbank solle monatlich 1 Milliarde Franken in Bitcoin investieren. Die Entwicklung eines solchen Portfolios lässt sich in diesem Spreadsheet verfolgen.
Der Vorschlag mag Traditionalisten absurd vorkommen, er hat jedoch zahlreiche Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind. Der Umfang dieser Investitionen ist nicht so gigantisch, wie er einem auf den ersten Blick vorkommen mag. Die SNB hatte per Ende 2021 Devisenanlagen im Umfang von gut 1’000 Milliarden Schweizer Franken getätigt; fast 80 Prozent dieser Investitionen hatten einen Bezug zu Euro und Dollar. Etwas mehr als drei Viertel der Devisenanlagen waren Anleihen. Damit «investiert» die SNB ihre Reserven in hochverschuldete Länder und Wirtschaftsräume, die beinahe regelmässig mit Überschuldungskrisen konfrontiert sind (jährlich drohender US-Government-Lockdown, Schuldenkrise Griechenland, Italien etc.). Der Dollar hat seit der Jahrtausendwende gegenüber dem Franken die Hälfte seines Wertes verloren.
Meisser und seine Mitstreiter argumentierten 2022, dass die SNB auf den Dollar- und Euro-Beständen Minuszinsen zahlen würde und damit diese Währungsräume finanzieren würde. Obwohl die Leitzinsen mittlerweile wieder stark gestiegen sind, ist das weiterhin ein Problem. Im Gespräch mit tippinpoint.ch in dieser Woche sagt Meisser: «Man muss die realen Zinsen im Auge haben und diese sind etwa im Euro-Raum regelmässig negativ.»
Grösser als Dänemark, Schweden oder Singapur
Bitcoin erfreut sich zunehmender Beliebtheit an den internationalen Finanzmärkten und hat gemessen an der Geldmenge bereits viele traditionelle Währungen überholt. Der Bitcoin weist inzwischen eine mit dem Schweizer Franken vergleichbare Marktkapitalisierung auf, was auf eine ausreichende Liquidität der Anlage hinweist. Die SNB hält auch Anlagen in dänischen und schwedischen Kronen sowie Singapur-Dollar. Die Marktkapitalisierung dieser Währungen fällt deutlich kleiner aus als diejenige von Bitcoin.
Zahlreiche etablierte Banken und Asset Manager arbeiten an Anlageprodukten, die Privatinvestoren einen unkomplizierten Zugang zu Bitcoin und anderen Kryptowährungen geben. Aus geld- und währungspolitischer Sicht wäre die Kryptowährung geeignet, die Abhängigkeit der Nationalbank von ausländischen Währungen und deren Heimatländern zu verringern und die Stabilität des Schweizer Frankens in einem anhaltenden Inflationsszenario zu schützen.
Die Kriterien der Liquidität und der Sicherheit bzw. Diversifikation, welche die SNB an Reservewährungen stellt, erfüllt der Bitcoin. Die SNB erwartet von den Anlagen, dass langfristig mindestens der reale Wert erhalten wird. Mit einer Anlage in Bitcoin – vergleichbar mit einem Engagement in Edelmetallen – ist kein unmittelbarer Ertrag in Form eines Zinses oder einer Dividende verbunden. Doch spricht in finanzmathematischer Hinsicht Einiges für das Bestehen einer langfristigen negativen Korrelation zwischen tendenziell deflationären Kryptowährungen, wie etwa Bitcoin, und tendenziell inflationären Fiatwährungen wie Dollar und Euro.
Eine Währung wie unser Land
Der Bitcoin ist wie die Schweiz: dezentral, unabhängig und neutral, aber nicht nur deshalb ist er aus Sicht von Meisser eine ideale Lösung für die SNB. Der Bitcoin könnte eine globale unabhängige Reservewährung sein, wie sie etwa der Ökonom John Maynard Keynes propagiert hatte und die auch einmal in Bretton Woods ein Thema war – bevor der Dollar diese Rolle übernahm. Mit einer Reservewährung, die an keinen Staat gebunden wäre, müssten nicht andere Wirtschaftsräume finanziert werden und kleinere Staaten wären nicht erpressbar.
Auch die USA, Frankreich oder Deutschland haben keine Skrupel ihre Macht auszuspielen, wie etwa der Steuerstreit um die UBS zeigte – die Vereinigten Staaten drohten unser Land vom Banken-Clearingsystem auszuschliessen. Sich einer Reservewährung, wie sie autoritäre Staaten wie Russland, China oder die OPEC planen, anzuschliessen, wäre erst recht keine gute Idee.
Auf die Frage, ob sich Schweizer Bürger von Entwicklungen in El Salvador und vielleicht bald in Argentinien überzeugen liessen, meint der Bitcoin-Suisse-Verwaltungsratspräsident, dass Europa bei geldpolitischen Entwicklungen öfters hinterherhinke und manchmal auch zu spät komme. «So hat die SNB vor 20 Jahren die Hälfte ihrer Goldreserve zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt abgestossen.
Natürlich gibt es auch ein systemisches Risiko beim Bitcoin, wenn dessen Anteil am Vermögen zu gross wäre, dieses wird nach Ansicht von Meisser aber «emotional überschätzt». Er plädiert dafür, den Goldanteil im SNB-Vermögen durch Bitcoin zu ersetzen. Wobei finanziell eine Ablösung der Euro-Anleihen nach seiner Ansicht mehr Sinn machen würde.
Ziel wäre bereits erreicht
Wenn die SNB den Plan aufgegriffen hätte, würde sie heute fast 40 Milliarden in Bitcoin besitzen. Die Krypto-Gemeinde goutiert es jedoch nicht, wenn dominante Player auftreten. So wird auch das US-Unternehmen MicroStrategy kritisch beäugt, das seit einigen Jahren Bitcoins anhäuft. «Die Zielgrösse wäre für die SNB 1 Prozent aller Bitcoins zu besitzen. Dieses Ziel wäre bereits erreicht worden, hätte man unseren Vorschlag umgesetzt», so Meisser.
Es wäre auch eine politische Frage, wie viel Volatilität das SNB-Vermögen verträgt. «Die Gesellschaft ist grundsätzlich risikoavers», erklärt Meisser, aber wenn es sich nur um maximal 1 Prozent der Bitcoin handeln würde, wäre das verkraftbar. Es muss auch in Betracht gezogen werden, dass ein solches «Kaufprogramm» einer Notenbank Preisauftrieb verursachen würde – wie es etwa auch von der Zulassung eines Bitcoin-Spot-ETF, etwa des Anbieters BlackRock, durch die US-Börsenaufsicht SEC erwartet wird.
Das Zögern des U.S. Regulators ist für ein SNB-Bitcoin-Engagement nicht hilfreich. Insbesondere das lange Warten auf eine Zulassung von Bitcoin-Spot-ETFs durch die SEC verunsichert viele Marktteilnehmer. Völlig unverhältnismässig findet Meisser die Haltung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Für Eigengeschäfte mit einem Volumen von 1 Millionen Dollar in Bitcoin, sollte ein Finanzinstitut nach Ansicht der BIZ 100 Millionen Dollar in Eigenkapital halten.
CBDC keine Alternative
Ist denn der Ausbildungsstand der Schweizer Bevölkerung ausreichend und würde sie es akzeptieren, dass die SNB Bitcoins kauft? Immer wieder liest man auch in den Medien von «reiner Spekulation», «Nullsummenspiel» und «Kasino», wenn es um Kryptowährungen geht. Darauf antwortet Meisser: «Versteht denn der Durchschnittsbürger, was die Nationalbank mit Repo-Geschäften macht? Ich glaube nicht.»
Doch brauchen die Zentralbanken überhaupt den Bitcoin, wenn doch viele an einer eigenen Kryptowährung arbeiten? Auch die SNB experimentiert mit CBDC, mit digitalen Notenbankwährungen. «Eine CBDC wird die Rolle des Bitcoins als Reservewährung nicht übernehmen können», erklärt Meisser. Viele Projekte, an denen momentan von Notenbanken gearbeitet würden, verwendeten private (permissioned) Blockchains und sind nicht öffentlich zugänglich. Zudem: «Ein Euro-CBDC orientiert sich an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Euro-Raums und ist also punkto Wertentwicklung und Sicherheit identisch mit dem heutigen Euro».
Nachhaltigkeit wird beim Investieren immer wichtiger. Das ist aus Sicht von Meisser für allfällige Bitcoin-Anlagen bei Notenbanken kein Problem. Bei «Social» und «Governance», dem S und G von ESG, sei der Bitcoin vorbildlich und wirke einer Machtkonzentration entgegen. Auch im E (Environment) habe der Bitcoin Vorzüge. Das Bitcoin-Mining setze einen Minimalpreis für Strom in Gebieten mit grossen Solar- und Windanlagen und stabilisiere so die Preise. Die Anbieter von erneuerbaren Energien sind wetterbedingt mit grossen Angebotsschwankungen konfrontiert und erhalten in einzelnen Regionen zu gewissen Zeiten sogar Minuserlöse.
Meisser wird nicht lockerlassen
Luzius Meisser will nicht lockerlassen, er wird das Anliegen auch an der Generalversammlung der SNB im kommenden Jahr vorbringen. «Im laufenden Jahr machte dies mein Mitstreiter Fabio Andreotti, es waren gerade Schulferien. Aber 2024 möchte ich wieder vor Ort sein.» Der Bitcoin Suisse-Verwaltungsratspräsident bestreitet nicht, dass Bitcoin in den Währungsreserven der SNB auch seinem Unternehmen helfen würde, da das Vertrauen in Kryptowährungen und wahrscheinlich auch ihr Wert steigen würde. Aber das sei eine «Huhn-Ei-Frage». Er sei seit langem ein überzeugter Verfechter des Bitcoins und wolle auch die Nationalbank von den Vorteilen überzeugen.
Er befürchtet auch, dass die Schweiz und das Crypto Valley die Rolle als Bitcoin-Pioniere verlieren könnten. «Die DLT-Gesetzgebung (Digital Ledger Technology) war ein grosser Wurf für unser Land. Seither ist es aber ruhiger geworden, andere Länder holen auf», sagt Meisser. Im Bundesrat fehle heute die Unterstützung. Früher habe insbesondere Ueli Maurer gegenüber Kryptowährungen eine positive Haltung vertreten.
Das Schreiben von Meisser und seinen Mitstreitern an die Nationalbank: Hier lesen.
Short cuts: News aus der digitalen Welt
Blockierte Kryptos: Ethereum gesperrt, Bitcoin im Hodl-Modus
Kryptowährungen sind seit einigen Wochen im Hoch. Der Bitcoin hat in den vergangenen sechs Monaten fast 60 Prozent zugelegt. Der Ether, der Coin der Ethereum-Blockchain, avancierte in diesem Zeitraum 20 Prozent. Über die Gründe ist in diesem Newsletter schon mehrfach berichtet worden – der wichtigste dürfte die erwartete Zulassung von Spotpreis-ETF in den USA sein – sowohl für Bitcoin als auch für Ethereum.
Ein weiterer ist die Knappheit. Rund 70 Prozent der Bitcoins wurden von ihren Besitzern seit über einem Jahr nicht mehr bewegt. Sie halten (Hodl) die Bitcoins in Erwartung steigender Notierungen. Aber auch die Ether sind knapp – aber nicht aus Passivität, sondern genau dem Gegenteil. Laut neuesten Daten von Glassnode sind mittlerweile über 33 Prozent aller verfügbaren Ethereum-Coins in Smart Contracts gebunden – ein Allzeithoch.
Dies zeugt von der stetig wachsenden Überzeugung in die Stärke und den Nutzen der Ethereum Blockchain, die das dezentrale Rückgrat eines stetig wachsenden Ökosystems ist. Denn die Menge an Ethereum, die in Smart Contracts gebunden ist, spiegelt die aktive Nutzung des Netzwerks, insbesondere im Staking und dem DeFi-Sektor (Decentralised Finance). Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist, dass immer mehr Krypto-Nutzer, ähnlich wie bei Bitcoin, ihre Ether von zentralisierten Kryptobörsen abziehen, um sie im Ökosystem zu verwenden.
Das Krypto-Rennen der Kantonalbanken
«Auf der Ziellinie abgefangen», würde man im Sport sagen. Die Kantonalbanken wetteifern, wer den eigenen Kunden als erstes ein umfassendes Krypto-Angebot offerieren kann. Als im August die Luzerner Kantonalbank (LUKB) ein solches Kundenangebot für das Jahr 2024 ankündigte, waren ihr viele Schlagzeilen sicher und das Institut war die erste Staatsbank, die eine solche Dienstleistung anbot.
Doch zwei Monate später überholte die Zuger Kantonalbank (ZuKB) die innerschweizer Konkurrenz mit der sofortigen Lancierung des Kryptoangebots. Und im November folgte die St. Galler Kantonalbank mit dem gleichen Offering. In einem Interview mit dem «Crypto Valley Journal» sagt Jan Damrau, Leiter der Unternehmenssteuerung der ZuKB, dass sein Institut nicht auf den Vorstoss der LUKB reagiert habe, sondern dem Wunsch der eigenen Kunden entsprochen habe. Zudem stünden die Kantonalbanken – wie auch bei anderen Themen – diesbezüglich im losen Austausch miteinander.
Die grosse Frage bleibt weiterhin, wann tritt die Zürcher Kantonalbank, eine «Grossbank im Staatsbankmantel», in den Wettbewerb ein. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Zürcher an einem Krypto-Angebot arbeiten. Übrigens: Die Kryptoaktivitäten der KBs sind nicht durch die Staatsgarantie gedeckt.