Politik
Compenswiss lässt seine Wertschriften der 1. Säule vom US-Bankenriesen State Street verwahren. Im Fall von Sanktionen könnte die US-Regierung die Gelder blockieren, befürchtet SVP-Finanzpolitiker Thomas Matter. Es geht um 40 Milliarden.
16. September 2024 • Beat Schmid

Es war ein kleines Erdbeben, das diesen Sommer den Schweizer Finanzplatz erschütterte. Am 1. Juli gab der AHV-Ausgleichsfonds bekannt, dass er der UBS das Mandat für die Wertschriftenverwahrung nach 26 Jahren entziehen werde. Nach einem langen Auswahlverfahren setzte sich der US-Bankenriese State Street gegen die Schweizer Grossbank durch. Ausschlaggebend waren technische Aspekte und der Preis. Die Übertragung der Vermögenswerte ist im Gange und soll bis Ende September abgeschlossen sein.

Verantwortlich für den Entscheid ist Compenswiss. Die öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit Sitz in Genf ist für die Verwaltung der Ausgleichsfonds der AHV, der IV und der EO zuständig. In den drei Fonds der ersten Säule sind über 40 Milliarden Franken angelegt. Präsident von Compenswiss ist Manuel Leuthold, der auch Verwaltungsratspräsident der Genfer Kantonalbank ist.

Die umstrittene Vergabe hat ein politisches Nachspiel. SVP-Nationalrat und Finanzpolitiker Thomas Matter hat dem Bundesrat in einer Interpellation mehrere Fragen gestellt. Unter anderem will er wissen, ob es aus Gründen der Sicherheit unseres Volksvermögens in der ersten Säule nicht sinnvoller wäre, die Verwahrung des Vermögens bei einer Schweizer Bank anzusiedeln.

Matter sagt: «Die Verwaltung der Gelder in der ersten Säule ist für unser Land systemrelevant.» Wenn es um etwas so Wichtiges wie die erste Säule gehe, dürften ein paar Basispunkte nicht den Ausschlag geben. «Was systemrelevant ist, gibt man nicht in ausländische Hände», so Matter.

Schlechte Erfahrungen mit den Amerikanern

Matter erinnert an die Erfahrungen, die der Schweizer Finanzplatz mit den Amerikanern gemacht hat. «Die setzen ihre Interessen kompromisslos durch. Das haben wir bei den nachrichtenlosen Vermögen und bei der Abschaffung des Bankgeheimnisses gesehen. Und wir erleben es gerade bei den Sanktionen gegen Russland.» Ohne mit der Wimper zu zucken, haben die amerikanischen Behörden russische Vermögen eingefroren.

Genau das könnte auch der Schweiz passieren. Weil die internationalen Wertschriften der AHV künftig bei einer amerikanischen Bank liegen, könnte die US-Regierung im Rahmen von Sanktionen auch diese Vermögenswerte sperren, sagt Matter. «Ich glaube nicht, dass es dazu kommt, aber das Risiko ist mit der Verschärfung der geopolitischen Krisen gestiegen.»


Nationalbank hat das Gold aus USA abgezogen

Matter erinnert daran, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) schon vor Jahren Konsequenzen gezogen hat. Sie hat ihr Gold aus den USA abgezogen – «wohl wissend, welche Erfahrungen die Schweiz mit den USA gemacht hat». Vor zehn Jahren gab die Nationalbank bekannt, dass von den 1040 Tonnen Gold 70 Prozent in der Schweiz, 20 Prozent bei der englischen und 10 Prozent bei der kanadischen Notenbank lagern. «Die dezentrale Lagerung der Goldbestände im In- und Ausland stellt sicher, dass die Nationalbank auch im Krisenfall über ihre Goldreserven verfügen kann», schreibt die SNB auf ihrer Website.

Auch bei einem Konkurs von State Street kämen «ungeahnte Probleme» auf die AHV zu, sagt Matter. Zwar gelten die Wertschriften als Sondervermögen und würden nicht in die Konkursbilanz einfliessen, doch könnte es Tage oder Wochen dauern, bis der AHV-Fonds wieder vollumfänglich über die Aktien und Obligationen verfügen könnte. «Bei einer inländischen Bank kann der Bund viel schneller reagieren», sagt Matter, der Verwaltungsratspräsident der Helvetischen Bank ist.

Beim AHV-Fonds bleibt die UBS als Juniorpartner im Spiel. State Street als globale Depotbank hat in verschiedenen Ländern Vertragspartner. In der Schweiz bleibt die UBS Sub-Depotbank. Das bedeutet, dass alle Schweizer Wertpapiere weiterhin bei ihr verwahrt werden. Für die UBS ist dies ein schwacher Trost.

Der Verlust des globalen Mandats ist für sie ein herber Imageverlust. Matter findet das unfair. «Ich gehe davon aus, dass der Bund froh war, dass die UBS bereit war, die Credit Suisse im Rahmen der Notfusion zu übernehmen. Als Dank nimmt man der Bank nun das Geschäft weg.»


Der Autor ist der Herausgeber von tippinpoint. Er schreibt regelmässig für den Sonntagsblick. Dort wurde der vorliegende Artikel am 15.9.2024 zuerst publiziert.

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