Im November soll der lang erwartete Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) über das Ende der Credit Suisse vorliegen. Gemäss SonntagsBlick (Abo) ist im Endspurt der PUK-Ermittlungen die Rolle der Finma und ihrer Präsidentin zu einem der zentralen Themen bei der Aufarbeitung geworden. So gebe es für die Kommissionsmitglieder noch offene Punkte, die vertieft abgeklärt werden müssen – weshalb Amstad ein zweites Mal als Auskunftsperson vor die PUK geladen wurde.
Die Fragen drehen sich im Kern um das Eigenkapital der Credit Suisse. Im Zentrum steht der sogenannte «regulatorische Filter». Dabei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die der Credit Suisse bei der Berechnung der Eigenmittel gewährt wurde. Dieser Filter erlaubte es der Bank, weniger Eigenkapital zu halten, als sie eigentlich hätte halten müssen. Die Erleichterungen wurden der CS ab 2015 gewährt. Der Clou an diesem Filter: Von aussen war kaum sichtbar, dass die CS weniger Eigenkapital hatte, als sie offiziell auf Konzernebene auswies.
Im Frühjahr Credit Suisse spitzte sich die Lage der CS nach dem Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos zu. Weil die Grossbank fünf Milliarden verlor, rutschten die «geschönten» Kapitalquoten unter die gesetzlichen Limiten. Ohne den regulatorischen Filter hätte sich eine Finanzierungslücke von über 14 Milliarden Franken aufgetan.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Finma-Spitze härter durchgreifen müssen. Zwar schickten die Regulatoren in Bern scharfe Briefe nach Zürich, doch die Bank machte keine Anstalten, angemessen zu reagieren. Stattdessen duldete die Behörde im Sommer 2022 eine wundersame Aufwertung der CS Schweiz AG um 9 Milliarden Franken.
Die PUK will nun wissen: Warum liess sich die Finma von der CS immer wieder vertrösten? Warum liess die Behörde zu, dass ihre Briefe de facto ignoriert wurden? Personen, die diesen Briefwechsel gelesen haben, zeigen sich erstaunt darüber, mit welcher Unverfrorenheit die Grossbanker vom Paradeplatz auf den Nasen der Finma-Beamten herumtanzen konnten. Wie bei sogenannten «Geschäften von grosser Tragweite» üblich, war der Finma-Verwaltungsrat direkt involviert – und damit Marlene Amstad persönlich.
Der regulatorische Filter blieb bis zur Notübernahme im März 2023 in Kraft. Zur Überraschung der UBS-Führung wurde die Ausnahmeregelung jedoch mit der rechtlichen Fusion der beiden Grossbanken aufgehoben. Was bedeutete, dass die UBS plötzlich neun Milliarden Franken mehr Eigenkapital für die übernommene CS bereitstellen musste. Zu den neun Milliarden kamen weitere zehn Milliarden, die die UBS wegen ihrer deutlich grösseren Bilanzsumme zusätzlich aufbringen muss. Das relativiert den Schnäppchenpreis von drei Milliarden Franken, den die UBS für die CS bezahlen musste, zumindest ein wenig.
Eine Sprecherin der Finma lehnte eine Stellungnahme ab.