Der Einstieg der italienischen Unicredit sorgt für Wirbel auf dem deutschen Finanzplatz. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte vergangene Woche einen Anteil von neun Prozent an der Commerzbank bekannt gegeben. Später sagte er, er sei offen für eine Komplettübernahme der zweitgrössten deutschen Bank. Die deutsche Regierung, der Orcel ein 4,5-Prozent-Paket in einem Auktionsverfahren abkaufen konnte, fühlte sich vor den Kopf gestossen.
Was die deutschen Behörden offenbar nicht wussten: Die Unicredit hatte sich zuvor im Stillen über Derivate mit 4,5 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Dies führte zu Irritationen in Berliner Regierungskreisen, die nicht von einer strategischen Beteiligung ausgingen. Aber auch in Frankfurt schrillten die Alarmglocken. Die Aktie der Deutschen Bank verlor in den vergangenen Tagen knapp drei Prozent.
Offenbar will Deutschlands grösstes Geldhaus den Einstieg der forschen Italiener nicht tatenlos hinnehmen. Die Deutsche Bank prüft Möglichkeiten, der Unicredit die Übernahme der Commerzbank zu erschweren. Chef Christian Sewing habe in den vergangenen Tagen zwei Optionen entwickelt: Den kompletten Kauf oder einen Teilkauf der restlichen 12 Prozent, die der deutsche Staat noch an der Commerzbank hält. Eine Komplettübernahme des Konkurrenten sei dagegen derzeit kein Thema, berichten Medien.
Klar ist, dass durch die Fusion von Unicredit und Commerzbank ein europäischer Bankenriese entstehen würde. Die kombinierte Bank käme auf eine Bilanzsumme von 1,4 Billionen Euro und würde damit zur Deutschen Bank aufschliessen. Bei den Erträgen würde sie die Nummer eins überflügeln. Die «Unicommerz» würde auch mit der UBS gleichziehen, die zur Jahresmitte eine Bilanzsumme von 1,55 Billionen Dollar, umgerechnet 1,4 Billionen Euro, auswies.
Orcel – erfolgreichster Banker Europas
Die Deutsche Bank und die Commerzbank führten Anfang 2019 formelle Übernahmeverhandlungen über einen von der deutschen Regierung unterstützten Plan. Die Gespräche sind jedoch gescheitert.
Die Commerzbank hat mit der Ausarbeitung einer Verteidigungsstrategie begonnen, seit die italienische Bank einen Anteil erworben hat. Commerzbank-Chef Manfred Knopf hatte im vergangenen Jahr vergeblich versucht, einen Ankerinvestor im Nahen Osten oder in Asien zu finden, um die Commerzbank vor einer unerwünschten Übernahme zu schützen. Knopf glaubt weiterhin an eine eigenständige Zukunft seines Instituts, wie er in einem Interview mit dem Handelsblatt sagte. Wenn Unicredit «gute Ideen» vorlege, werde das Management diese aber prüfen.