Folgen der CS-Übernahme
Die Grossbank hat die Meldeschwelle von drei Prozent überschritten. Technisch spielt das für die Unabhängigkeit der Notenbank keine Rolle. Auf symbolischer Ebene ist die Position jedoch nicht unproblematisch und dürfte die Diskussion über den Einfluss der UBS auf die Geldpolitik anheizen.
29. Oktober 2024 • Beat Schmid

Die UBS Fund Management (Switzerland) AG, eine Tochtergesellschaft der Grossbank, hält neu drei Prozent an der Schweizerischen Nationalbank (SNB), wie aus einer im Oktober bei der Schweizer Börse SIX eingereichten Meldung hervorgeht. UBS Asset Management (Schweiz), eine weitere Tochtergesellschaft der UBS, ist ebenfalls an der Nationalbank beteiligt. Dies geht aus Zahlen der Londoner Börse hervor.

Ein Grund für die Überschreitung der Meldeschwelle dürfte die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sein. Dadurch wurden die verwalteten Vermögen im Asset Management zusammengelegt. Die Bank weist in dieser Sparte insgesamt 1,5 Billionen Dollar verwaltete Vermögen aus. Gemäss Angaben der LSEG hielt auch die Credit Suisse SNB-Aktien.

Die UBS ist damit einer der wenigen privaten SNB-Aktionäre über der Meldeschwelle. Neben der UBS ist dies nur noch der deutsche Millionär Theo Siegert, der laut Offenlegung der SNB Ende 2023 einen Anteil von 5,01 Prozent hielt.

Die Beteiligung der UBS an der SNB steht in verschiedener Hinsicht quer in der Landschaft. Die Nationalbank ist neben der Finma eine wichtige Aufsichtsbehörde der UBS. Sie verfügt über Kompetenzen im Bereich der sogenannten makroprudenziellen Regulierung. Dazu gehört zum Beispiel die Kompetenz, den antizyklischen Kapitalpuffer zu aktivieren. Auch bei der Rettung einer Grossbank spielt die SNB eine entscheidende Rolle, da nur sie über die Mittel verfügt, stabilisierend einzugreifen.

Nach der Übernahme der CS wurden Stimmen laut, die davor warnten, dass die UBS zu mächtig werden könnte. Dass sie so gross sei, dass sie Einfluss auf die Zinspolitik nehmen könne. Der emeritierte Zürcher Bankenprofessor Urs Birchler sagte in einem Interview mit der Republik (Abo): «Stellen Sie sich vor, die SNB will Zinsen erhöhen aus geldpolitischen Gründen, und dann ruft die UBS an und sagt, man stelle zunehmend Zahlungsverzüge bei den Hypothekarkunden fest. Dann haben Sie ein Problem.»

Private Aktionäre von Anfang an dabei

Die Schweizerische Nationalbank ist seit ihrer Gründung im Besitz von Privatpersonen. Was heute als ungewöhnlich gilt, war früher gang und gäbe. Jahrhundert waren die meisten Notenbanken ursprünglich in Privatbesitz oder wurden als Geschäftsbanken geführt. Bei der Nationalbank ist die Zahl der Privataktionäre seit Jahren rückläufig. Sie halten heute insgesamt rund 22 Prozent des Kapitals.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelten sie sich zu Institutionen mit zunehmend öffentlichen Aufgaben. «Jahrhundert mit der Verstaatlichung vieler Zentralbanken zu Ende gegangen», sagte der Tessiner Ökonom Saverio Simonelli kürzlich in einem Interview mit La televisione svizzera per l’Italia.

Die SNB wurde mit einer Mehrheitsbeteiligung der Kantone gegründet, die immer noch 58 Prozent des Aktienkapitals halten. Auch die Kantonalbanken sind mit 18 Prozent des Kapitals wichtige öffentliche Aktionäre. Seit 1952 sind auch andere öffentliche Körperschaften, vor allem Städte und Gemeinden, Aktionäre der SNB geworden, deren Kapitalanteil heute knapp 1 Prozent beträgt.

Für Saverio Simonelli ist die Tatsache, dass die SNB über privates Kapital verfügt, «nicht unbedingt eine Garantie» für die Unabhängigkeit der SNB: «Es verleiht ihr aber eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit, denn eine Bank, auch eine Zentralbank, ist sicherlich unabhängiger, wenn sie über eigenes Kapital verfügt», sagt der Professor für Geldpolitik an der Università della Svizzera italiana.

Die wichtigste Frage sei, ob private Beteiligungen die Geldpolitik der SNB beeinflussen könnten. Er persönlich glaube dies nicht. Er verweist auf zahlreiche Einschränkungen. So seien nicht alle Aktien stimmberechtigt. Sie haben auch keinen Einfluss darauf, wer ins Direktorium gewählt wird. Das entscheidet der Bundesrat.

Und vor allem können private Anleger nicht in die Geldpolitik der Notenbank eingreifen. Technisch gesehen haben sie lediglich Anspruch auf eine Dividende, die unabhängig vom Unternehmenserfolg auf maximal sechs Prozent des Aktienkapitals festgelegt ist. Das bedeute, dass sie maximal 15 Franken pro Aktie erhalten könnten, selbst wenn die SNB Milliardengewinne mache, sagt Simonelli.

Urs Birchler sieht das in Bezug auf die UBS nicht so eindeutig. In der Republik sagte er: Die SNB sei vom Gesetz her nicht befugt, Instruktionen entgegen­zunehmen. Aber das müsse gelebt werden. «Und die UBS wird nicht so blöd sein und der SNB zu diktieren versuchen, dass es im Herbst dann keine Zins­erhöhungen geben darf. Sie wird der SNB lediglich die Geschäftslage zurückspiegeln. Das reicht.»

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