Kommentar
Die Finma greift beim Investorennetzwerk Moonshot, der Appartementvermittlerin Le Bijou und einem Berner Restaurant massiv durch. Es stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit.
19. November 2024 • Beat Schmid

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) nutzt den Zusammenbruch der Credit Suisse, um ihre Kompetenzen auf politischem Weg zu erweitern. Finma-Präsidentin Marlene Amstad und Finma-Direktor Stefan Walter haben wiederholt öffentlich mehr Befugnisse gefordert.

Zu den wichtigsten gehören die Möglichkeit, Bussen aussprechen zu können, die Einführung eines sogenannten «Senior Management Regimes», um fehlbare Mitarbeitende besser identifizieren zu können; frühzeitiges Eingreifen bei Banken, bevor kritische Situationen entstehen. Zudem will die Finma künftig vermehrt mit eigenen Leuten vor Ort Kontrollen durchführen. Und sie will die Verfahren in der Regel öffentlich machen.

Mit den zusätzlichen Befugnissen will die Finma das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz stärken. Der Wunsch nach neuen Instrumenten hat vor allem mit der eigenen Ohnmacht beim Niedergang der Credit Suisse zu tun. Ob und inwiefern die Behörde mehr hätte tun können, wird der PUK-Bericht zeigen.

Allerdings verfügt die Finma bereits heute über Instrumente, die kaum eine andere staatliche Institution in ihrer Reichweite hat. Dies zeigen die Interventionen gegen mehrere Unternehmen im Zusammenhang mit dem Investorennetzwerk Moonshot und der Apartmentvermietung Le Bijou.

Die Finma setzte einen externen Untersuchungsbeauftragten in den Unternehmen ein, der bei insgesamt elf Unternehmen die volle Kontrolle übernommen hat. Als auf Arbeits- und IT-Recht spezialisierter Anwalt dürfte er einige Zeit gebraucht haben, um sich einen Überblick zu verschaffen und die Strukturen der betroffenen Firmen zu verstehen.

Gemäss Recherchen hat er praktisch sämtliche Aktivitäten der Firmen eingestellt. Anleger haben keinen Zugriff mehr auf ihre Konten, die Vermietung von Wohnungen wurde eingestellt, Rechnungen von Lieferanten werden nicht mehr bezahlt. Löhne werden nicht mehr ausgezahlt.

Cowboy-Methoden

Besonders drastisch ist der Eingriff beim Berner Restaurant Supernova, das einen Mietvertrag mit einer der ins Visier der Finma geratenen Firmen hatte. Wie tippinpoint berichtete, musste es kurz vor der Eröffnung den Betrieb einstellen. Die Pächterin musste auf massiven Druck des Finma-Anwalts die Schlüssel abgeben. Der Schaden ist maximal: Die Unternehmen werden faktisch in den Konkurs getrieben, noch bevor eine gerichtliche Klärung stattgefunden hat.

Braucht die Finma mehr Kompetenzen? Vielleicht. Was die Behörde aber auf jeden Fall braucht, ist eine strengere Kontrolle ihrer eigenen Aktivitäten. Die Beispiele zeigen, wie stark und potenziell zerstörerisch ihre Eingriffe sein können. Es darf nicht sein, dass mit fragwürdigen Cowboy-Methoden wirtschaftliche Existenzen zerstört werden.

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