Es geht um die Verankerung des sogenannten Public Liquidity Backstop (PLB) im ordentlichen Recht. Also um die staatlich abgesicherte Liquiditätshilfe für systemrelevante Banken, wie sie der Bundesrat im Vorfeld der Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS am 16. März 2023 per Notrecht beschlossen hatte. Die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats hatte sich schon zwei Mal mit der Botschaft des Bundesrats zur Überführung des PLB ins ordentliche Recht befasst, die Beratungen aber am 11. Oktober 2023 und am 28. August 2024 vertagt. Zunächst mit dem Hinweis auf den für Frühling 2024 angekündigten Bericht des Bundesrats über die Too-big-to-fail-Regulierung und dann mit der Begründung, den Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) abwarten zu wollen.
Während der PLB für die Sitzung der WAK Ständerat vom 24. Februar zum dritten Mal traktandiert ist, ist in der Zwischenzeit eine Kontroverse darüber entbrannt, was der PLB für die Banken kosten soll. Der Bundesrat hatte diese staatliche Liquiditätsgarantie den systemrelevanten Banken ursprünglich gratis zur Verfügung stellen wollen, ergänzte die Vorlage aber aufgrund der Kritik in der Vernehmlassung um eine «Abgeltungspauschale». Experten bezeichnen die vorgeschlagene Versicherungsprämie von jährlich 70 bis 210 Millionen Franken für alle systemrelevanten Banken als zu tief. Der frühere Bankenprofessor und ehemalige Nationalbank-Direktor Urs Birchler spricht von einer «Staatsgarantie zum Schleuderpreis», die Basler Rechtsprofessorin Corinne Zellweger-Gutknecht von einem «Goodie».
Die Frage einer angemessenen Abgeltung ruft jetzt auch Politiker von links bis rechts auf den Plan, wie der ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Strahm berichtet. Sowohl SVP-Ständerat Hannes Germann wie auch SP-Ständerätin Eva Herzog sprächen sich dafür aus, den PLB nicht jetzt zu beraten, sondern als Pfand zurückzubehalten, schreibt der ehemalige Preisüberwacher im Blog «SP direkt». Und zwar, bis andere Regulierungen beschlossen sind, die von den Banken bekämpft werden. Dazu gehört namentlich die neue Eigenmittelverordnung des Bundesrats, über die Ende Mai eine Vernehmlassung eröffnet werden soll. Die Höhe der Eigenmittelunterlegung von ausländischen Tochtergesellschaften ist zwischen Finanzministerin Karin Keller-Sutter und der UBS mittlerweile zum Prestigestreit geworden.
Bei einer weiteren Verschiebung des PLB stellt sich allerdings die Frage, ob das Instrument überhaupt irgendwann noch eingeführt wird. Dass es eine solche Rückversicherung braucht, ist in der Wissenschaft kaum bestritten, zumal andere grosse Finanzplätze sie längst eingeführt haben. Nach längerem Zuwarten und wiederholtem Drängen der Finanzmarktaufsicht Finma hatte der Bundesrat im März 2022 angekündigt, bis im Sommer 2023 die Gesetzesgrundlage für den PLB zu schaffen. Dann wurde die Regierung im Herbst 2022 von der Zuspitzung der CS-Krise überrollt, und es wurde erwogen, den PLB per Notrecht einzuführen. Eine beschlussreife Vorlage für die Bundesratssitzung vom 16. November 2022 wurde aber nicht umgesetzt. Die Einführung des PLB hätte damals nicht stabilisierend, sondern destabilisierend gewirkt, sagte Nationalbank-Präsident Thomas Jordan.
Leverage Ratio von 15 Prozent?
Der Wirtschaftskommission des Ständerats muss auch über eine andere Vorlage entscheiden, die Aufschluss über den aktuellen politischen Puls in Sachen Bankenregulierung gibt. Es handelt sich um eine Motion der früheren Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo, mit der der Bundesrat beauftragt wird, «die gesetzlichen Grundlagen für die systemrelevanten Banken so anzupassen, dass global tätige Banken (G-SIB) über eine ungewichtete Eigenkapitalquote von mindestens 15 Prozent verfügen müssen». Der Nationalrat hatte die Motion am 2. Mai 2023 überraschend mit 92 zu 82 Stimmen bei 18 Enthaltungen angenommen. Den Ausschlag gaben 22 befürwortende Voten der Mitte, darunter auch die Stimme von Parteipräsident Gerhard Pfister. Der unter dem Eindruck des CS-Debakels gefällte Entscheid dürfte bei Pfisters Parteikollegen im «Stöckli» heute einen schweren Stand haben.