Nicht weniger als die «heisseste Personalie in der Schweizer Wirtschaft» (NZZ) steht im kommenden Jahr an. Es geht um die Frage, wer die Nachfolge von Sergio Ermotti auf dem CEO-Posten der UBS antreten wird – dem bestbezahlten CEO-Job der Schweiz und damit ganz Europas. Nachdem UBS-Präsident Colm Kelleher die Diskussion kurz nach der CS-Übernahme selbst angestossen hat, läuft das Thema Nachfolgeregelung in mehr oder minderer Intensität die Bahnhofstrasse hoch und runter.
Ein Trio soll momentan die besten Karten für den CEO-Posten haben, weiss die «NZZ am Sonntag» in ihrer letzten Ausgabe zu berichten. Es sind dies Iqbal Khan, Rob Karofsky und Béa Martin. Die Namen sind nicht neu, die drei gelten seit einiger Zeit als Kandidaten – wobei Béa Martin erst in diesem Jahr als ernstzunehmende Kandidatin empfohlen wurde.
Gemäss Recherchen soll Iqbal Khan schlechte Aussichten haben, in den Topjob hochzurücken. Gemäss zwei unabhängigen Quellen werden dem Co-Chef der Division Global Wealth Management (GWM) der UBS die geringsten Chancen eingeräumt. So ist aus dem Umfeld des Verwaltungsrats zu hören, dass eine Wahl von Iqbal Khan als «schwierig» eingeschätzt wird. Ein UBS-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.
Dollar-Derivate-Flop
Ein Grund sind die jüngsten Stolperer im Produktbereich: Das Wealth Management verkaufte in der Schweiz sogenannte Dollar-Derivate – das war zwar einträglich für die Abteilung von Khan, doch bei den vermögenden Kunden führte dies zu happigen Verlusten. Die UBS musste Entschädigungen ausrichten. Neben dem finanziellen kam auch ein Imageschaden dazu.
Produkte zu pushen, die für das eigene Team hohe Einkünfte abwerfen, für die Kunden aber oftmals mit grossen Risiken verbunden sind – dazu kam es auch während Khans Zeit bei der Credit Suisse. Die Greensill-Fonds sind unter ihm als Chef der kombinierten Abteilungen Asset Management und Private Banking entstanden und vermarktet worden. Die Produkte wurden aggressiv in den Kanal gepusht – die Lieferkettenfonds erreichten innert kurzer Zeit Volumen in Milliardenhöhe. Der Zusammenbruch der Greensill-Fonds im März 2021 bescherte der CS einen Tiefschlag, von dem sich die Bank nie mehr erholte. Khan wechselte im Herbst 2019 zur UBS.
Fehlende Breite
Ausschlaggebend sind auch andere Punkte: Iqbal Khan fehlt es an Breite im Banking. Der Wirtschaftsprüfer begann 2013 als Quereinsteiger bei der CS. In diesen zwölf Jahren arbeitete er vor allem im Private Banking. In anderen wichtigen Disziplinen wie Investment Banking, Retail- und Firmenkundengeschäft, Handel, Treasury sowie Risiko- und Bilanzmanagement kann er kaum Erfahrung vorweisen. Das ist kaum ausreichend, um CEO einer global systemrelevanten Bank zu werden.
Zum Vergleich: Als Sergio Ermotti im September 2011 Konzernchef der UBS wurde, hatte er bereits 36 Jahre Bankerfahrung – er sammelte in fast allen Bereichen Erfahrung und versteht insbesondere das Investment Banking à fond.
Investment Banking bleibt wichtig
Man darf es nicht unterschätzen: Die UBS ist weiterhin stark im Investment Banking engagiert. Das zeigt sich auch an der Verteilung der sogenannten risikogewichteten Aktiven (RWA). Die dem Investment Banking zugeordneten RWAs betrugen Ende September 2025 21,3 Prozent, was 106,4 Milliarden Dollar entsprach. Die Gesamt-RWAs der UBS beliefen sich auf 498,5 Milliarden Dollar – die Altlasten aus der Credit Suisse («Non-core and Legacy», NCL) sind dabei nicht eingerechnet. Die UBS hat sich selbst eine Limite von 30 Prozent der RWAs für das Investment Banking gesetzt – die vor allem von New York aus operierende Einheit bleibt damit absolut zentral für die Bank.
Wie fatal fehlendes Investment-Banking-Know-how ist, weiss die UBS aus eigener Erfahrung. Vor der Finanzkrise war Peter Wuffli CEO der UBS. Der frühere McKinsey-Berater stiess 1994 zum damaligen Bankverein, wurde Finanzchef, später Vorsitzender des UBS Asset Management und 2001 Konzernchef. Im Juli 2007 wurde er zum Rücktritt gedrängt, nachdem der UBS-Hedgefonds Dillon Read explodierte. Er hinterliess eine Bank, die vollgepumpt war mit Subprime-Hypotheken amerikanischer Schrottimmobilien.
Die andere wichtige Personalie
Wer die Nachfolge von Sergio Ermotti antreten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt reines Kaffeesatzlesen. Mit Béa Martin und Rob Karofsky hat die UBS zwei Kandidaten, die über einen breiten Erfahrungsschatz verfügen. Ihr einziges Manko könnte sein, dass sie keinen Schweizer Pass haben. Das wäre insbesondere in Kombination mit dem Iren Colm Kelleher als Chairman der Bank erklärungsbedürftig. Zwei Ausländer an der Spitze gehen eigentlich nicht.
Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Der Verwaltungsrat wird ganz bestimmt noch mehrere Montage benötigen, um eine Entscheidung zu fällen. Er dürfte seine Wahl erst gegen Herbst 2026 treffen – so, wie er es auch beim Wechsel von Markus Ronner in den UBS-Verwaltungsrat gehandhabt hat, der Ende Oktober bekannt gegeben wurde.
Diese Vorgehensweise hängt auch mit einer weiteren wichtigen Personalie zusammen. Gemäss Kennern der Bank dürfte Sergio Ermotti bereits im Frühling 2027 in den Verwaltungsrat der Grossbank wechseln. Nach einem Jahr Cooling-off könnte er dann das Präsidium von Kelleher übernehmen – für den Tessiner wäre das die Krönung seiner Karriere.
Spätestens dann würde die UBS wieder von einem Schweizer und Ausländer geführt – so, wie es das ungeschriebene Gesetz verlangt.

