Enforcementverfahren
Schweizer Banken stehen im Verdacht, im Umgang mit dem libanesischen Notenbankgouverneur Riad Salameh ihre Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. Nach langem Schweigen gibt die Finma nun bekannt, dass sie gegen zwei Banken ein Enforcementverfahren eingeleitet hat.
5. März 2023 • Balz Bruppacher
Es geht um einen der spektakulärsten Geldwäschereifälle in der Schweiz. Die Bundesanwaltschaft (BA) verdächtigt Riad Salameh, mehr als 300 Millionen Dollar von der libanesischen Notenbank abgezweigt und mit Hilfe seines Bruders Raja zum Teil über Banken in der Schweiz gewaschen zu haben. Im Libanon, der seit Herbst 2019 in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte steckt, löste die Affäre einen Aufschrei aus.
Der 72-jährige Salameh, der seit 1993 an der Spitze der Banque Centrale du Liban steht, wurde zur Hassfigur. Verzweifelte Bankkunden, denen der Zugang zu ihren Konten behördlich verweigert wird, gingen dazu über, ihre Forderungen mit bewaffneten Banküberfällen durchzusetzen.
Die brisanten Einzelheiten der Affäre stammen aus einem Schweizer Rechtshilfegesuch vom November 2020, das im Libanon den Medien zugespielt wurde. Darin werden auch die Namen der hiesigen Banken genannt, die Gelder des libanesischen Notenbankchefs verwalten oder die an den inkriminierten Transaktionen über eine Offshore-Firma auf den britischen Jungferninseln beteiligt waren.
Riad Salameh eröffnete demnach im April 2012 ein Konto auf seinen Namen bei der UBS. Bis im Januar 2018 flossen von einem Konto der Banque Centrale du Liban 7,5 Millionen Dollar auf dieses Konto. Im Juni 2016 eröffnete Salameh ein Konto bei der Credit Suisse. 4,15 Millionen Dollar wurden auf dieses Konto überwiesen, ebenfalls von einem Konto von Riad Salameh bei der libanesischen Notenbank.
Im November 2018 eröffnete Salameh zudem ein Konto bei der Banque Pictet, auf das fünf Millionen Dollar flossen. Die Bundesanwaltschaft beziffert die auf Banken in der Schweiz liegenden Gelder, an denen der Notenbankchef berechtigt ist auf 50 Millionen Dollar. Sie wurden vorsorglich gesperrt. Offenbar bereits 2008 – immer gemäss den Informationen der BA im Rechtshilfegesuch an den Libanon – hatte Salameh ein Konto bei Julius Bär im Namen der Banque Centrale du Liban eröffnet. Von diesem Konto flossen im April 2012 libanesische Schatzanleihen an die Bank Audi in Beirut.
Die Offshore-Firma, die laut BA als Vehikel für den Geldfluss zum Nachteil der libanesischen Notenbank fungierte, verfügte zwischen 2001 und 2016 über ein Konto bei der in Genf ansässigen HSBC Private Bank, dessen wirtschaftlich Berechtigter der Bruder des Notenbankchefs, Raja Salameh, war. Von dort flossen Gelder in dreistelliger Millionenhöhe auf Konten Raja Salamehs bei vier libanesischen Banken.