Die neuen Nachhaltigkeitsregeln der Aargauischen Kantonalbank (AKB) sorgen für viel politischen Zündstoff. Ausgelöst würde die Debatte durch die Kritik von Obstbauern und Schnapsbrennereinen an der Kantonalbank, keine Kredite mehr an Unternehmen zu vergeben, die mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes mit der Spirituosen-Produktion erzielen.
Obstbauern und Schnapsproduzenten sehen dadurch ihre Existenz bedroht. Laut SVP-Nationalrat Thomas Burgherr stellt die neue Nachhaltigkeitsstrategie der AKB aber auch eine Gefahr für die «Biodiversität» dar. Er sieht die «beliebten Kirschbäume aus dem Fricktal» durch den Entscheid der AKB stark bedroht. «Was will ein Obstbauer mit Bäumen machen, deren Obst er nicht verkaufen kann? Sollen sie der Säge zum Opfer fallen?», fragt der Politiker in der «Aargauer Zeitung».
Syngenta sieht Genforschung bedroht
Doch nicht nur Schnapsbrennereien fühlen sich benachteiligt. Auch beim mächtigen Agrochemiekonzern Syngenta kommen die neuen Kreditvergabevorschriften offenbar «nicht gut an», wie die Zeitung schreibt.
Diese zielen tatsächlich auch auf die Gentechforschung. So definiert die Bank das «Betreiben und die Forschung von in der Schweiz verbotener Gentechnik» explizit als Ausschlusskriterium.
Das könne «negative Folgen für das Sisslerfeld» haben, wo der Kanton kürzlich Land gekauft habe, spekuliert die Regionalzeitung. Ein möglicher Käufer sei nämlich Syngenta, die im Kanton drei Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandorte unterhält. Doch derzeit sei die Firma «nicht gut auf den Kanton Aargau und insbesondere die Aargauische Kantonalbank (AKB) zu sprechen», heisst es weiter.
Denn Syngenta sehe die Gentechforschung im Kanton bedroht. Ein Sprecher zeigte sich gegenüber der AZ jedenfalls «überrascht», dass das Thema Gentechnik seitens AKB mit «pauschalen» Ausschlusskriterien behandelt werde. Der Ausschluss würde nämlich nicht nur den landwirtschaftlichen Anbau, sondern «alle Forschungstätigkeiten in diesem Zusammenhang» betreffen.
Die AKB wiederum begründet den Ausschluss bei der Kreditvergabe damit, dass die Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft «vielfältige Gefahren und Risiken für Umwelt, Gesundheit und Wirtschaft» berge. Der Entscheid erfolge aufgrund des Vorsorgeprinzips: «Die Langzeitfolgen von gentechnischen Verfahren sind nicht absehbar. Insgesamt erachten wir die Risiken der Beeinträchtigung beziehungsweise des Rückgangs der Biodiversität und der Artenvielfalt als zu gross.»
Zur konkreten Kritik von Syngenta an den Vergaberegeln, meint AKB-Sprecherin Christine Honegger: «Wir schliessen nur in der Schweiz verbotene Aktivitäten aus. Es ist kein genereller Ausschluss. Gesetzlich erlaubte oder mit Ausnahmegenehmigung versehene Tätigkeiten schliessen wir nicht aus, das gilt auch für Forschung. So verhindern wir, dass Aktivitäten im Bereich Gentechnik ins Ausland verschoben werden, um Schweizer Verbote zu umgehen», sagt Honegger.
Schnapsbrenner sollen diversifizieren
Die AKB sieht auch Auswege für die bedrängten Spirituosen-Hersteller. Die Banksprecherin Honegger sagt: «Mit der maximalen Umsatzschwelle von 20 Prozent für harte alkoholische Getränke – dabei sind Bier und Wein ausgeschlossen – haben die Unternehmen Spielraum, andere Produkte stärker zu positionieren.»
SVP-Nationalrat Burgherr machen diese Vorschläge wütend: Wie realistisch dies sei, könne jeder für sich ausmalen. Er kritisiert: «Die AKB vertritt mit ihrer Strategie eine einseitige politische Ideologie.» Dies sei nicht angebracht und solle unterbunden werden.
Die Nachhaltigkeitskriterien der AKB sind im Aargau innert kurzer Zeit zu einem heiss debattierten Thema geworden. Längst füllen die Auschlusskriterien die Leserspalten der Zeitungen. AKB dürfe sich nicht von der «Betonfraktion bestimmen lassen», schreibt ein Leser. Ein anderer meint: «Dem Management der AKB ist Anbiederung an den neuen Mainstream offenbar wichtiger, als eigene, fundierte Überlegungen anzustellen.»
Die AKB hat die Ausschlusskriterien am 27. Januar eingeführt. Sie stützt sich dabei auf die Kriterien der Weltbank, hat aber auch eigene definiert. So befindet sich neben dem Kreditverbot für Schnapsbrennereien auch die Finanzierung von neuen AKWs auf der Verbotsliste. Weitere Verbote gibt es für Produktion von Kosmetika unter Nutzung von Tierversuchen; Produktion oder Handel mit Produkten, die unter tierquälerischen Bedingungen hergestellt wurden; Produktion von Pornografie sowie die Produktion und Verbreitung rassistischer, antidemokratischer oder neonazistischer Medien.