Schwarze Liste
Der US-Bundesstaat Texas hat die Credit Suisse auf eine Divestmentliste gesetzt. Dagegen will sich die Grossbank wehren und sucht das Gespräch mit dem obersten Rechnungsprüfer.
26. August 2022 • Beat Schmid

Die Grossbank Credit Suisse wurde vom Rechnungsprüfer Glenn Hegar von Texas auf eine Schwarze Liste gesetzt. Staatlichen Organisationen ist es damit nicht mehr erlaubt, mit der CS Geschäfte zu machen (mehr hier). Pensionskassen dürfen nicht mehr über die CS Finanzprodukte kaufen, Gemeinden keine Anleihen mehr begeben. Der Grund: Die Grossbank “boykottiert” in den Augen von Glenn Hegar die Öl- und Gas-Branche, die im republikanisch dominierten Texas wichtig ist.

Diesen Ausschlussentscheid, von dem neun weitere Institutionen betroffen sind wie UBS oder Blackrock, will die Schweizer Grossbank nicht auf sich sitzen lassen: “Wie bereits in unserer Antwort an den Texas Comptroller festgehalten, boykottiert die Credit Suisse den Energiesektor nicht”, hält sie in einem Statement vom Donnerstag fest. “Die Bank hat laufende Partnerschaften und starke Kundenbeziehungen im Energiesektor”, erklärt die CS.

Im Unterschied zu etlichen anderen Instituten, die sich ebenfalls auf der Schwarzen Liste befinden, sind die Beziehungen der Credit Suisse ins Öl- und Gas-Geschäft tatsächlich stark. Die Investmentbank leitet von der Grossstadt Houston aus das globale Öl- und Gas-Geschäft. Die Abteilung residiert im riesigen TC Energy Center in der Innenstadt. Die Ölgeschäfte werden von Tim Perry geleitet. Sein Titel: Chairman of Global Energy & Infrastructure Investment Banking and Capital Markets.

CS betreibt grosses Erdölgeschäft in Houston

Als Perry 2017 in eine globale Rolle gehievt wurde, hiess die Abteilung noch “Oil and Gas Group”, wie in einer Medienmitteilung zu seiner Ernennung nachzulesen ist. Perry kam 1999 zur Credit Suisse und leitete zunächst das sogenannte Explorations- und Produktionsgeschäft (E&P) der Bank. Im Jahr 2015 sei die Grossbank weltweite Marktführerin in diesem Geschäft gewesen. Sie sei führend bei Aktienemissionen und Folgeemissionen, habe Börsengänge durchgeführt und sei Unternehmen der Öl- und Gas-Branche beratend zur Seite gestanden.

Jim Amine, der frühere Chef der CS-Investmentbank, bezeichnete im Presserelease das Öl- und Gas-Geschäft der CS als “eines unserer führenden Geschäftsfelder”. Houston gilt als wichtiges Zentrum der US-amerikanischen Erdöl- und Gasindustrie. Zahlreiche Firmen wie BP und Shell sind vor Ort. Den Hauptsitz in der Metropole haben unter anderem Phillips 66 und ConocoPhillipps.

CS will bis 2050 eine komplett CO₂-neutrale Bank sein

Trotz dieser engen Verbindungen setzte Rechnungsprüfer die CS also auf die Schwarze Liste. Bei seinen Erwägungen scheint Glenn Hegar weniger die laufenden Geschäfte im Auge gehabt zu haben, sondern die Zusagen und Verpflichtungen, welche die Bank im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus fossilen Energien gemacht hat.

Tatsächlich formulierte Credit Suisse klare Ziele, sukzessive die Geschäfte herunterzufahren. So gab sie die Verpflichtung ab, bis 2025 die CO₂-Emissionen der eigenen Geschäftstätigkeit um 75 Prozent zu senken. Bis 2050 will die Bank eine neutrale Klimabilanz ausweisen. Das betrifft nicht nur die eigene Geschäftstätigkeit, sondern auch die “Lieferkette und Finanzierungsaktivitäten”, wie die CS auf ihrer Website schreibt. “Mit dieser Selbstverpflichtung schliessen wir uns der globalen Bewegung führender Unternehmen an, die sich dem Ziel des Pariser Abkommens verschrieben haben: der Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf höchstens 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau”, heisst es.

Und ganz konkret zum Ölgeschäft schreibt die Bank: Im Jahr 2021 habe sie Geschäfte wie die “Finanzierung der Emissionen von up- und downstream Unternehmen in den Bereichen Öl, Gas und Kohle gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent senken” können. Die Bank bezeichnete das als einen Meilenstein.

Zudem: Die CS ist wie viele andere grosse Finanzunternehmen (etwa die UBS) unter anderem aktives Mitglied von Climate Action 100+, einer Organisation, die sich zum Ziel setzt, die CO₂-Emissionen zu senken und die Transparenz von Klima-relevanten Geschäftszahlen zu verbessern.

“Wir freuen uns, diese Sache zusammen mit dem Texas Comptroller beizulegen”

Für Rechnungsprüfer Hegar sind solche Aussagen und Engagements offenbar Beleg genug, um darin eine Boykottabsicht zu erkennen und ein Unternehmen deshalb auf die Schwarze Liste zu setzen. In einem Interview sagte er, dass er insbesondere die Zusagen gegenüber Investorengruppen wie Climate Action 100+ geprüft habe und ob Unternehmen “aggressive Reduktionsziele” festgelegt hätten.

Eigentlich ist es offenkundig, dass die CS klare Aussagen gemacht hat, über die Zeit aus dem Öl- und Gas-Geschäft auszusteigen. Ob und mit welcher Konsequenz sie dies auch tut, ist eine andere Frage. In ihrem Statement schreibt die Bank ja von “laufenden Partnerschaften” und “starken Kundenbeziehungen im Energiesektor”.

Deshalb will die Bank auch gegen den Entscheid von Glenn Hegar vorgehen. Die CS möchte so schnell wie möglich wieder runter von der Liste: “Wir freuen uns, diese Sache zusammen mit dem Texas Comptroller beizulegen”, schreibt die Bank. Das ist nicht unrealistisch. Die Namen auf der Liste des Rechnungsprüfers, der offiziell Comptroller genannt wird, sind nicht in Stein gemeisselt. Es können neue Namen darauf gesetzt oder alte gestrichen werden.

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