Grossbanken-Regulierung
Serge Gaillard, der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, spricht sich für neue Regeln bei den Banken aus. Es kann nicht sein, dass der “Staat ohne Entschädigung Risiken” übernehme.
3. April 2023 • Beat Schmid

“Im Grunde geniessen die Banken mittlerweile staatliche Unterstützung, um nicht zu sagen, eine Art Staatsgarantie”, sagt Serge Gaillard, der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Deshalb seien gesetzliche Leitplanken für die Entlöhnung der Verwaltungsräte und der obersten Führung gerechtfertigt, sagte er in einem Interview in der “NZZ am Sonntag”.

Gaillard glaubt, dass die hohen Gehälter für die oberste Führung der Banken das Vertrauen in die Führungskräfte zerstören. Von den Bonussystemen würden häufig falsche Anreize ausgehen. “Heute wäre die Gelegenheit, diese Frage für die Zukunft zu lösen, statt später rückwirkend wieder zu klagen.”

Zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sagt er, dass man jetzt ganz genau analysieren müsse, warum man die CS nicht im Rahmen der Too-big-to-fail-Regeln (TBTF) saniert oder abgewickelt habe. Er persönlich glaube, dass eine Abwicklung oder Sanierung durchaus möglich gewesen wäre.

Abgeltung der Staatsgarantie war bereits 2013 ein Thema

Für Gaillard ist bei der getroffenen Lösung die 9-Milliarden-Franken-Garantie des Bundes der “heikle Punkt”. Offenbar kam man zum Schluss, dass diese Risiken für das Land geringer seien, als wenn die UBS nicht eingestiegen wäre und man Too-big-to-fail hätte auslösen müssen. Als ehemaliger Finanzverwalter schmerzt es ihn, dass der Staat diese Risiken ohne Entschädigung übernehmen müsse.

Damit tönt er eine Forderung an, die bisher noch wenig Widerhall in der politischen Arena gefunden hat – nämlich, dass systemrelevante Banken für die Staatsgarantie, die sie effektiv geniessen, eine Abgeltung zahlen müssten.

Dabei lag diese Forderung bereits 2013 auf dem Tisch. Damals reichte SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer eine Motion zur finanziellen Abgeltung der indirekten Staatsgarantie der systemrelevanten Banken ein. Der Bundesrat begründete damals seine ablehnende Haltung mit dem TBTF-Massnahmenpaket, welches die “Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Intervention minimiert”. Deshalb glaubte der Bundesrat, dass eine “temporäre finanzielle Abgeltung der impliziten Staatsgarantie nicht “zielführend” sei, beziehungsweise “gar kontraproduktiv”.

Der Bundesrat schrieb in seiner Antwort: “Eine zusätzliche Abgabenbelastung würde dem erforderlichen Kapitalaufbau zuwiderlaufen. Ausserdem würde die Abgeltung das Signal vermitteln, dass die Bank vom Staat gerettet würde, und daher eine falsche Sicherheit geben.”

Wie sich jetzt zeigt, war das eine kolossale Fehleinschätzung.

Was der Bundesrat damals ausblendete: Die meisten Kantonalbanken, die eine Staatsgarantie geniessen, müssen diese finanziell abgelten. Gleichwohl gelingt es ihnen, genügend Kapital aufzubauen. Und in falscher Sicherheit scheinen sie sich auch nicht zu wähnen. Jedenfalls muss der Staat ihnen nicht öfter unter die Arme greifen als den Grossbanken.