Marktstudie
Da es keine allgemein anerkannte Definition für «nachhaltige Anlagen» gibt, spricht der Verband Swiss Sustainable Finance erstmals von «nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen».
28. Juni 2023 • Beat Schmid
2022 war ein schwieriges Jahr, nicht nur für die Märkte im Allgemeinen, sondern auch für nachhaltige Anlagen im Besonderen. Während Rüstungs- und Rohstoffaktien zum Teil kräftig zulegten, mussten Anlageprodukte, die diese Sektoren ausschliessen, zum Teil deutliche Verluste hinnehmen.
Das schlägt sich in der Statistik der Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug nieder, die am Dienstag von Swiss Sustainable Finance (SSF) veröffentlicht wurde. Insgesamt betrug der Rückgang 19 Prozent. Die Anlagen reduzierten sich von knapp 2 Billionen auf 1,61 Billionen Franken.
Mit der Marktentwicklung allein lässt sich der Einbruch nicht erklären, er betrug laut SSF 18 Prozent. «Viele Marktteilnehmer haben in der Umfrage keine Produkte mit ESG-Integration mehr ausgewiesen», sagte SSF-Geschäftsführerin Sabine Döbeli an einer Medienorientierung.
Diese Zurückhaltung hängt zum einen mit den Greenwashing-Diskussionen zusammen, die im letzten Jahr deutlich an Fahrt gewonnen haben. Zum anderen, weil der Asset-Manager-Verband AMAS letztes Jahr eine Selbstregulierung verabschiedet hat, wonach Ansätze wie Branchenausschluss und ESG-Integration nicht als «nachhaltig» bezeichnet werden dürfen. Die entsprechenden Anlagen belaufen sich auf 230 Milliarden Franken. Gemäss den AMAS-Kriterien gelten somit noch 1380 Milliarden als «nachhaltige Anlagen».
Die Diskussion darüber, was ein «grünes» oder «nachhaltiges» Finanzprodukt ist, dürfte Politik, Regulatoren und die Nachhaltigkeitsszene noch einige Zeit beschäftigen. Die SFF bringt einen neuen Ansatz in die Diskussion ein. Auf Basis eines White Papers von Eurosif, der pan-europäischen Vereinigung zur Förderung des nachhaltigen Finanzwesens, hat der Verband einen Pilotversuch durchgeführt. Im Rahmen dieses Versuchs wurde die Investitionen nach ihrem «Hauptziel» und ihrem «Ambitionsniveau» bezüglich eines Beitrags zur Transition in eine nachhaltige Welt klassifiziert.
35 Prozent aller nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen fallen in eine der drei ambitionierteren Kategorien, wobei 21 Prozent einen Bezug zu Wirkung haben – sei es, dass sie gezielt in Unternehmen investieren, die eine positive Wirkung haben, oder dass sie durch eine aktive Förderung von wirkungsbezogenen Tätigkeiten direkt dazu beitragen. Mit 52 Prozent entfällt der grösste Teil der Anlagen auf den Bereich «Basic ESG», der als wenig ambitioniert gilt, wenn es darum geht, zu einem nachhaltigen Wandel beizutragen.