Karin Keller-Sutter hat in ihrer kurzen Zeit als Finanzministerin schon einiges erlebt. Bereits nach dreieinhalb Monaten musste sie eine global systemrelevante Bank retten. Sie telefonierte mit US-Finanzministerin Janet Yellen und lernte die Chefs der Schweizer Grossbanken näher kennen, als ihr lieb war.
Ein halbes Jahr ist seit der Rettung der Credit Suisse vergangen. Als Erfolg verbucht die Bundesrätin, dass die UBS die Liquiditätshilfe zurückbezahlt und auch die Verlustgarantien zurückgegeben hat. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler seien als Gewinner aus der Bankenrettung hervorgegangen, fügt sie gerne hinzu. Dass es so gekommen ist, ist nicht ihr Verdienst, sondern eher ihr Glück.
Was hat Keller-Sutter seither getan? Nach aussen hin hat sie vor allem Gutachten in Auftrag gegeben. Sie beauftragte den Bankenprofessor Manuel Ammann mit einem Bericht. Dann setzte sie eine Expertengruppe ein, die einen Bericht ablieferte. Eine Aktualisierung des Too-big-to-fail-Regimes steht an.
Dabei brennt es auf dem Finanzplatz.
Bei der Nationalbank klafft eine grosse Lücke. Das Direktorium ist personell unterbesetzt. Die Nachfolge von Andrea Maechler ist noch nicht geregelt. Zwar ist es Aufgabe des SNB-Bankrats, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu suchen, doch die Bundesrätin könnte den Prozess beschleunigen. Davon ist wenig zu sehen.
Bei der Finma, die in ihrem direkten Einflussbereich liegt, brennt es derweil lichterloh. Nach dem abrupten Rücktritt von Direktor Urban Angehrn herrscht ein Machtvakuum. Es ist zu etlichen weiteren Abgängen gekommen. Die Tamedia-Zeitungen sprechen heute von einer «Abgangswelle bei hochrangigen Mitarbeitenden».
Im Zentrum der Kritik: Marlene Amstad, die einmal mehr für ihren Führungsstil kritisiert wird. Sie sei eine Mikromanagerin, ziehe Dinge gerne an sich, gebe Informationen nicht weiter, schreibt der Tagi. Damit «vergraule» sie die Mitarbeitenden. Auch ihr jüngstes Interview in der NZZ, das die Situation in der Aufsichtsbehörde beschönige, gab Anlass zur Kritik.
Laute Alarmsignale
Es sind laute Alarmsignale, die aus der Finma nach aussen dringen. Sie dürften auch bei der zuständigen Bundesrätin Karin Keller-Sutter gehört werden. Doch wie reagiert sie? Und vor allem: Wann reagiert sie? Eigentlich hätte Keller-Sutter schon vor längerer Zeit die Absetzung der Präsidentin veranlassen müssen, um noch grösseren Schaden abzuwenden. Sie hätte erkennen können, dass ein glaubwürdiger Neuanfang der Finma mit Amstad an der Spitze nicht funktionieren kann.
Bei der Finma, bei der SNB: Wo bleibt die Leadership von Karin Keller-Sutter?
Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse und der Geburt der neuen UBS-Superbank braucht die Finma nicht nur ein Facelifting, sondern eine grundlegende Erneuerung. Auf personeller Ebene und strukturell.
Eine Wiedergeburt der EBK?
Grundsatzfragen müssen auf den Tisch: Ist es wirklich sinnvoll, Banken, Versicherungen, Finanzmarkt unter die Aufsicht einer grossen Behörde zu stellen? Oder braucht es wieder eine eigenständige, auf Banken fokussierte Eingreiftruppe, also eine Renaissance der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK)?
Marlene Amstad verlangt seit Monaten nach neuen Instrumenten wie die Möglichkeit, Bussen auszusprechen oder die Einführung eines sogenannten Senior-Manager-Regimes, das die Verantwortung innerhalb einer Bank festlegt. Auf dem Finanzplatz gibt es grosse Zweifel, ob diese Instrumente irgendeinen Einfluss auf den Kurs der CS gehabt hätten.
Ein Finma-Ex-Mann bringt es im Tagi auf den Punkt. All diese zusätzlichen Instrumente hätten die CS-Krise auch nicht verhindert, sagt er. Viel wichtiger sei, dass die Chefs der Aufsicht auf «Augenhöhe» mit den Bankmanagern sprechen könnten. Das gilt auch für die Zukunft im Umgang mit der neuen, viel grösseren UBS. Dafür braucht es anderes Personal an der Spitze der Behörde.