Wie viele Tonnen Kohlendioxid stösst mein Unternehmen aus? Darüber müssen die Chefs und Chefinnen 2024 erstmals in ihren Nachhaltigkeitsberichten Rechenschaft ablegen. So will es der indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, die im Herbst 2020 am Ständemehr gescheitert ist.
Das Gesetz verlangt, dass Unternehmen neben der finanziellen Berichterstattung auch über «nichtfinanzielle Aspekte» Rechenschaft ablegen. Unter anderem müssen Geschäftsleitungsmitglieder nachvollziehbar darlegen können, wie sie für ihr Unternehmen bis 2050 CO₂-Neutralität erreichen wollen. Eine weitere Pflicht: Sie müssen angeben, wie viel Treibhausgase sie in einem Geschäftsjahr ausgestossen haben.
Nun will der Bundesrat das Gesetz verschärfen. Letzten Freitag hat der Bundesrat die Eckwerte für einen geplanten Gesetzesentwurf festgelegt. Darin heisst es: «Unter anderem soll der Schwellenwert für die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von 500 auf 250 Mitarbeitende gesenkt werden.»
In der Schweiz gibt es 1698 Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigen
Die neuen Eckwerte, die kaum wahrgenommen wurden, haben weitreichende Konsequenzen. Bisher fallen unter das Gesetz Unternehmen von «öffentlichem Interesse» (Publikumsgesellschaften und Unternehmen des Finanzsektors), die mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen und einen Umsatz von 40 Millionen Franken erzielen. Man schätzt die Zahl auf rund 250 Unternehmen.
Künftig müssen Unternehmen also schon ab einer Grösse von 250 Mitarbeitenden über die Risiken ihrer Geschäftstätigkeit in den Bereichen Umwelt, aber auch Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung berichten. Wie viele Unternehmen sind das? Dazu macht der Bundesrat in seiner Mitteilung keine Angaben.
Einen Hinweis liefert das Bundesamt für Statistik: Gemäss einer Erhebung aus dem Jahr 2021 gibt es in der Schweiz 1698 Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden. Neu verlangt der Bundesrat zudem, dass die Unternehmen die Berichterstattung «zwingend durch eine externe Revisionsstelle prüfen lassen» müssen.
Der Bundesrat begründet die Ausweitung der Berichterstattungspflichten mit europäischem Recht. Anfang 2023 hat die EU eine Richtlinie in Kraft gesetzt, die in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss. «Aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung sind sowohl grosse als auch kleine Schweizer Unternehmen direkt oder indirekt von den neuen EU-Regeln betroffen», schreibt der Bundesrat. Im Unterschied zu den Unternehmen in der EU sollen Firmen in der Schweiz die Wahl haben, sich bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung entweder am EU-Standard oder an einem anderen «gleichwertigen» Standard zu orientieren.