SIX-Konsultation
Bei einer Aufstockung des SMI auf 30 Titel würde der Small & Mid Cap-Bereich rund 100 Milliarden Franken an Marktkapitalisierung verlieren. Schneidet sich die Börse damit ins eigene Fleisch?
9. Oktober 2023 • Beat Schmid

Es ist ein bisschen wie im Fussball. Immer, wenn eine Liga den Modus ändern will, gehen die Emotionen hoch. Nicht anders ist es in der Finanzindustrie. Die Schweizer Börse plant, den SMI von 20 auf 30 Titel zu erweitern. Als Hauptgrund für die angestrebte Änderung gibt die Börsenbetreiberin an, dass der SMI dadurch attraktiver und diversifizierter würde.

Die Fakten: Der Small & Mid Cap Index SPI Extra würde dadurch verkleinert. Die 10 Unternehmen, die neu in den SMI aufgenommen würden, kämen auf eine Marktkapitalisierung von rund 100 Milliarden Franken. Dies entspricht mehr als einem Drittel der heutigen Grösse des SPI Extra und noch deutlich mehr der gehandelten Liquidität. Gemessen an der Gesamtkapitalisierung sinkt der Anteil der Small & Mid Caps von heute gut 20 Prozent auf nur noch 13 Prozent.

Um den Puls der Marktteilnehmer zu fühlen, hat die SIX eine Konsultation gestartet. Die sogenannte Market Consultation Swiss Indices läuft noch bis Anfang November.

Skeptische Stimmen

Bisher sind im Markt vor allem negative Stimmen zu hören. Eines der Hauptargumente für eine Erweiterung, dass der SMI breiter diversifiziert würde, treffe nicht zu, schreibt ein grosses Fondshaus in einer Stellungnahme. Nestlé, Novartis und Roche würden auch nach der Erweiterung fast 50 Prozent der gesamten Kapitalisierung des SMI auf sich vereinen und auch die Branchengewichte würden sich kaum verändern.

Die marginale Verbesserung der Diversifikation hätte aber erhebliche Kollateralschäden zur Folge. Schweizer Small & Mid Caps würden als Anlageklasse an Bedeutung verlieren, da der SPI Extra kleiner, deutlich illiquider und damit unattraktiver würde.

Eine Marginalisierung des Small & Mid Cap-Sektors wäre vor allem für einige aktive Manager problematisch. In dieser Anlageklasse könne durch aktives Management ein Mehrwert erzielt werden, so das Fondhaus. Einigen Asset Managern würde es gelingen, durch aktives Management den Index langfristig zu schlagen.

Alpha-Quelle versiegt

Mit der viel geringeren Bedeutung von Small & Mid Caps werde diese Alpha-Quelle verschwinden, schreibt der Asset Manager in einer Stellungnahme an die SIX. Die Folge sei, dass vor allem institutionelle Anleger dazu tendieren würden, den Schweizer Markt nur noch mit dem SMI abzudecken, der neu 87 Prozent der Gesamtgewichtung ausmachen würde.

Da der SMI grösstenteils passiv gecovert wird, würden viele Buy- und Sell-Side-Analysten verschwinden. Die Berichterstattung über Schweizer Aktien würde abnehmen. Die Finanzindustrie befürchtet, dass dadurch viele Arbeitsplätze verloren gehen könnten.

Ein anderer Fondsmanager befürchtet, dass die Bewertungen von Schweizer Aktien sinken würden, da es weniger Marktteilnehmer gäbe und die Liquidität abnehmen würde. Dies wiederum schmälert die zu erwartenden Renditen am Schweizer Aktienmarkt, was weder im Interesse der Börse noch der passiv oder aktiv verwalteten Anleger sein kann.

Fazit: Die Börse würde sich mit einer Erweiterung des SMI von 20 auf 30 Titel ins eigene Fleisch schneiden. Die Handelsvolumina würden sinken, es gäbe weniger IPOs, internationale Unternehmen könnten sich andere Börsenplätze suchen.

Im Januar will die Börse über den Ausgang der Konsultation und allfällige weitere Schritte informieren. Es müsse ein eindeutiges Ergebnis vorliegen, um eine Änderungen vorzunehmen, heisst es.

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