Im Benko-Strudel
Neben den 60 Millionen Franken für die Globus-Kredite hat die Graubündner Kantonalbank auch drei Millionen Euro in ein «unbesichertes Schuldscheindarlehen» investiert. Jetzt ist klar, was es damit auf sich hat.
3. Mai 2024 • Beat Schmid

Die Graubündner Kantonalbank (GKB) hat dem inzwischen zusammengebrochenen Signa-Imperium von René Benko insgesamt rund 63 Millionen Franken an Krediten gewährt. Dies wurde vor zwei Wochen bekannt, als die Bank die Ergebnisse eines Untersuchungsberichts von Ernst & Young (EY) veröffentlichte. Die Öffentlichkeit bekam allerdings nur eine zweiseitige Zusammenfassung zu lesen. Vieles bleibt also im Dunkeln.

Bereits vor der Veröffentlichung der EY-Zusammenfassung war bekannt, dass sich die GKB mit 60 Millionen Franken an einem Syndikatskredit mit anderen Banken zur Finanzierung der Übernahme der Globus-Warenhäuser in der Schweiz durch die Signa Prime Selection beteiligte. Diese Kredite sind wie gewöhnliche Hypotheken grundpfandgesichert und bieten daher eine relativ hohe Ausfallsicherheit.

Die mittlerweile insolvente Signa Prime Selection ist die wichtigste Gesellschaft des Innsbrucker Financiers René Benko. In ihrem Portfolio befinden sich die meisten Prestige-Immobilien, die der verschachtelte Konzern in den vergangenen Jahren auf Pump zusammengekauft hat.

Warum nahm die GKB einen Green Bond auf die Bilanz?

Bis zur Veröffentlichung der Zusammenfassung vor zwei Wochen verschwieg die GKB hingegen die Existenz eines zweiten Kredits in Höhe von 3 Millionen Euro. Im Bericht ist lediglich von einem «unbesicherten Schuldscheindarlehen» die Rede, das einer weiteren Signa-Gesellschaft gewährt wurde.

Recherchen haben ergeben, dass es sich dabei um einen sogenannten Green Bond handelt. Ein Sprecher der Bank bestätigt auf Anfrage, die GKB habe den unbesicherten Kredit an die Signa Prime Green Finance 2021 GmbH vergeben. Als Garantin sei «zusätzlich» die Signa Prime Selection in Innsbruck aufgetreten, sagt er.

Die Idee hinter dem Green Bond: Das so aufgenommene Geld sollte zweckgebunden in grüne Projekte fliessen – zum Beispiel in energetische Sanierungsmassnahmen. Das Problem: Schuldtitel wie Green Bonds bieten keine Sicherheiten. Geht das Unternehmen Konkurs, verfallen sie wertlos.

Die GKB hat diese Position im vergangenen Oktober wertberichtigt, wie aus der Zusammenfassung des EY-Berichts hervorgeht. Die Prime Green Finance 2021 GmbH hat am 7. März an ihrem Sitz in München Insolvenz angemeldet, wie aus Handelsregistereinträgen hervorgeht. In einigen Jahren könnte aus der Liquidation Geld zurückfliessen. Wann und wie viel, ist völlig offen.

Der Sprecher der Bank schreibt dazu: Es sei noch offen, ob und in welcher Höhe die GKB diesen Kredit abschreiben muss. «Vorsorglich» habe die GKB das Schuldscheindarlehen bereits im Herbst 2023 vollständig «wertberichtigt». Keine Erklärung lieferte der Sprecher zum Grund des Investments. Konkret: Warum kaufte die GKB für sich einen Green Bond und nahm ihn auf die Bilanz? In der Regel kaufen Banken solche Papiere im Kundenauftrag.

Die Privatinvestments von Peter Fanconi

Dass die Graubündner Kantonalbank in den Signa-Morast geriet, hat auch mit ihrem Bankratspräsidenten Peter Fanconi zu tun. Er stellte den Kontakt zu René Benko her und war an den ersten Gesprächen beteiligt. In die eigentlichen Kreditverhandlungen war er dann nicht mehr involviert. Die Rolle von Fanconi wurde in Graubündner Politkreisen scharf kritisiert.

Bekannt ist, dass Peter Fanconi auch persönlich drei Transaktionen im Zusammenhang mit René Benko getätigt hat. Wie tippinpoint diese Woche berichtete, hat der Zürcher Banker mit Bündner Wurzeln insgesamt vier bis fünf Millionen privates Geld in das Signa-Firmengeflecht gesteckt.

So investierte Fanconi knapp eine Million Franken in eine sogenannte Signa-Prime-Note. Dabei handelt es sich um ein festverzinsliches Papier, das mit 3,5 Prozent verzinst wurde. Die Privatplatzierung erfolgte über die Bank Vontobel. Über eine Million Franken investierte Fanconi in eine zweite Anleihe. Sie wurde mit 4,5 Prozent verzinst.

Die dritte Investition war eine Beteiligung an Signa Sports United (SSU), einem Online-Sporthandelsunternehmen im Signa-Firmengeflecht. Im Jahr 2021 hatte Fanconi die Möglichkeit, im Vorfeld des Börsengangs an der New Yorker Nasdaq ein Aktienpaket des Onlinehändlers zu erwerben. Das Investment wurde vom ehemaligen Migros-Manager Dieter Berninghaus eingefädelt. Fanconi soll zwischen 2 und 3 Millionen Franken investiert haben.

Berninghaus war ein enger Vertrauter Benkos und baute das Handelsgeschäft der Signa auf. Obwohl er sich mit Benko überworfen hat, ist er heute noch Vizepräsident der Magazine zum Globus AG.


Eine Bemerkung zur Begrifflichkeit: tippinpoint verwendet im Artikel den Begriff Schuldscheindarlehen synonym mit Bond. Bzw. Green Bond, da im vorliegenden Fall ein Mittelverwendungszweck vorlag. Ein Bond ist im Wesentlichen ein Schuldschein, den ein Unternehmen ausgibt, um Kapital aufzunehmen. Der Emittent des Bonds (Schuldner) verpflichtet sich, dem Inhaber des Bonds (Gläubiger) regelmässige Zinszahlungen zu leisten und das geliehene Kapital zum Fälligkeitsdatum zurückzuzahlen. Ein Sprecher der Graubündner Kantonalbank legt indessen Wert auf die Feststellung, dass es sich beim Engagement um ein «Schuldscheindarlehen» handelt und nicht um einen «Green Bond».

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