Im Februar startete der US-Hedgefonds einen Angriff auf den Genfer Bankensoftwarehersteller Temenos. Trotz dementierter Vorwürfe hat sich die Aktie noch nicht erholt.
23. Juli 2024 • Beat Schmid

Heute nach Börsenschluss gibt Temenos die Zahlen für das erste Halbjahr bekannt. Es waren turbulente sechs Monate. Am 19. Februar liess der New Yorker Hegefonds Hindenburg die Bombe platzen. In einem über 17'000 Wörter langen Bericht erhob er massive Vorwürfe gegen das Management der Genfer Softwarefirma Temenos. Die Rede war von gravierenden Unregelmässigkeiten in der Buchhaltung, gescheiterten Produkten und einem illusorischen Turnaround.

Die Attacke verfehlte ihre Wirkung nicht. Mitten im Handel brach die Aktie um 32 Prozent ein. Heute, ein halbes Jahr später, liegt das Papier immer noch knapp 30 Prozent im Minus. Zwar hat sich die Aktie seit Mai wieder erholt. Doch der vor einem halben Jahr vernichtete Börsenwert von 2 Milliarden Franken bleibt. Der für seine waghalsigen Short-Strategien bekannte Hedgefonds dürfte Millionen verdient haben.

Temenos ging sofort in die Gegenoffensive. Unmittelbar nach dem Angriff wies das Unternehmen in einer Stellungnahme die Vorwürfe «entschieden zurück» und kündigte eine externe Untersuchung an. Ein Sonderausschuss unter der Leitung von Verwaltungsratspräsident Thibault de Tersant wurde eingesetzt. Dieser zog die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Alvarez & Marsal sowie die Anwaltskanzleien Schellenberg Wittmer und Sullivan & Cromwell hinzu.

Am 15. April wurde das Resultat veröffentlicht. Die Untersuchung habe ergeben, dass Hindenburg Research «falsche und irreführende Behauptungen» aufgestellt und angebliche Fakten über Temenos «verzerrt oder aus dem Zusammenhang gerissen» dargestellt habe, teilte das Genfer Unternehmen mit. Temenos hielt fest, dass die Ergebnisse keinen Einfluss auf die zuvor publizierten Jahresabschlüsse hätten.

Der Untersuchungsbericht verfehlte seine Wirkung nicht. Am Tag der Veröffentlichung schoss der Aktienkurs um 15 Prozent in die Höhe. Kurz darauf fiel der Kurs wieder deutlich. Zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts notierte die Temenos-Aktie noch tiefer als unmittelbar nach dem Angriff. Der Bericht, der einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet haben dürfte, war ein Schuss in den Ofen.

Es kann Monate dauern, bis eine Aktie sich von einem Kurssturz erholt, er auf scheinbar unbegründeten Vorwürfen beruht. Eine Auswertung der Angriffe von Hindenburg zeigt, dass bei 25 von 27 Attacken die Aktien am ersten Tag einbrachen. In 11 Fällen erholten sich die Kurse nach 12 Monaten wieder auf das Niveau vor dem Angriff, teilweise sogar deutlich darüber. In 14 Fällen fielen die Kurse in den 12 Monaten nach dem Angriff weiter.

Heute nach Börsenschluss gibt Temenos die Ergebnisse für die ersten sechs Monate bekannt. Wie auch immer das Ergebnis ausfallen wird, die Hindenburg-Delle wird es nicht ausbügeln können.

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