Greensill-Affäre
Mit der 92-seitigen Finma-Verfügung kam bereits viel Verborgenes ans Licht. Doch es gibt weitere Berichte, die nach wie vor unter Verschluss sind. Sie sollten endlich offengelegt werden.
1. Juli 2025 • Beat Schmid

Stück für Stück kommen die Hintergründe ans Licht. Es geht um das Versagen des CS-Managements im Zusammenhang mit dem Financier Lex Greensill und seinen gleichnamigen Fonds, die die Credit Suisse im Jahr 2017 auflegte. Der Zusammenbruch der Fonds im Frühling 2021 stürzte die Bank in eine Vertrauenskrise, von der sie sich nicht mehr erholte.

In einem Prozess in London gegen Greensill kamen erstmals bisher unter Verschluss gehaltene Dokumente an die Öffentlichkeit. Ein zentrales Papier ist das Finma-Ruling vom 9. Dezember 2022. Dieses seziert auf 92 Seiten das ganze Unvermögen des damaligen Managements im Umgang mit Greensill. In den vergangenen zwei Wochen publizierte Tippinpoint dazu mehrere Artikel. Hier der jüngste zur Rolle von Ruedi Noser und Bruno Pfister.

Doch die Finma-Verfügung sowie der noch umfangreichere Bericht der Kanzlei Wenger Plattner, auf dem das Dokument basiert, bringen zwar viel bisher Verborgenes ans Licht – aber längst nicht alles. Zwei weitere Berichte, die die Credit Suisse zur Aufarbeitung der Verfehlungen in Auftrag gab, bleiben weiterhin unter Verschluss. Es sind dies Berichte, die von Deloitte und von der Kanzlei Walder Wyss erstellt wurden.

UBS besitzt weitere Berichte

Die UBS als Rechtsnachfolgerin der Credit Suisse ist im Besitz dieser Berichte. Anfragen von Tippinpoint, diese Berichte einsehen zu können, wurden von der Bank mehrfach abgelehnt. Dabei geht es auch um die Rolle von Iqbal Khan, dem heutigen Co-Chef der globalen Vermögensverwaltung. Er vertrat zum Zeitpunkt der Lancierung der Greensill-Fonds das Asset Management in der CS-Konzernleitung. Die Abteilung war damals Teil des Private Bankings, dem Khan vorstand.

Das Finma-Ruling erhebt nicht den geringsten Vorwurf gegen Khan. Im Bericht wird Khans Name nur zweimal erwähnt, einmal wurde er sogar falsch geschrieben. Nichtsdestotrotz muss die Frage erlaubt sein: Wie kommt Khan in den Berichten von Deloitte und Walder Wyss weg? Solange die Berichte unter Verschluss sind, kann man das nicht wissen.

Die UBS reagiert mit dem stets gleichen Statement: «Die Angelegenheit wurde während zweier Jahre akribisch von CS-internen und externen Experten untersucht, die Finma hat ein Enforcement-Verfahren durchgeführt und abgeschlossen. Iqbal Khan ist von keinem dieser Verfahren betroffen, und keine Untersuchung hat eine Verfehlung von ihm festgestellt.»

Es ist davon auszugehen, dass diese Berichte im Rahmen von weiteren Gerichtsverfahren dereinst veröffentlicht werden – wie die bislang geheime Finma-Verfügung.

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