In diesen Tagen findet in Hongkong der Global Financial Leaders Investment Summit statt. Neben den Chefs von Goldman Sachs, Citigroup, Morgan Stanley und anderen Vertretern westlicher und chinesischer Finanzkonzerne trat auch Colm Kelleher auf, der Präsident der UBS. Er, der nie um klare Worte verlegen ist, machte dabei provokante Aussagen über die Schweiz und kritisierte indirekt die Politik scharf.
Kelleher, der seit gut drei Jahren in der Schweiz lebt, mass sich dabei ein recht harsches Urteil über die gegenwärtige Verfassung des Landes an. Die Schweiz sei gar nicht so gross, wie man vielleicht meine – mit ihren nur gerade neun Millionen Einwohnern, begann er. «Die Schweiz sei das weltweite Zentrum des Wealth Managements – oder war es vielmehr, da der Finanzplatz schnell von Singapur oder Hongkong eingeholt werde», so Kelleher.
Lange habe das Land in vieler Hinsicht von seiner Neutralität profitiert. Doch die Schweiz sei auch sehr teuer – insbesondere wegen ihrer starken Währung. «Jetzt befindet sich die Schweiz an einem Scheideweg, und das Land steht vor grossen Herausforderungen», glaubt der irischstämmige Banker. «Zum ersten Mal sehe sich die Schweiz im Vermögensverwaltungsgeschäft ernsthafter Konkurrenz aus Asien gegenüber.» Zweitens werde die Pharmaindustrie «ausgehöhlt» – durch US-Strafzölle und die Verlagerung von Produktionsstandorten.
Und drittens stecke die Schweiz in einer «Identitätskrise», da sie nicht wisse, welche Rolle sie im globalen Banking künftig spielen wolle. Insgesamt glaube er, dass die Schweiz dabei sei, «von ihrem einstigen Glanz zu verlieren».
Tiefsitzender Frust
Kelleher mag mit Teilen seiner Einschätzung recht haben. Seit Jahren ist klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Hongkong die Schweiz als grössten grenzüberschreitenden Finanzplatz ablösen wird. Das ist jedoch nicht primär ein Problem der Schweiz, sondern vor allem dem Umstand geschuldet, dass die bevölkerungsstarken asiatischen Volkswirtschaften in den letzten Jahren massiv aufgeholt haben.
Heikel sind seine Aussagen zur Aushöhlung der Pharmaindustrie und insbesondere zur Identitätskrise im Banking. Hier spiegelt sich seine unverhohlene Kritik an der Berner Politik – und möglicherweise auch sein Frust darüber, mit seinen Argumenten im Fall der Grossbankenregulierung bisher nicht durchgedrungen zu sein. Kommunikativ ist es ein Seiltanz, als hochbezahlter Expat und Repräsentant der grössten Schweizer Bank den Heimmarkt schlechtzureden.

