Nach erfolgloser Attacke auf die CS
Vincent Kaufmann, der Direktor der Ethos Stiftung, über die gescheiterte Aktionärsresolution bei der Credit Suisse und was er in Zukunft anders machen will.
3. Mai 2022 • Beat Schmid

Am vergangenen Freitag kam es zu einem Novum in der Schweizer Aktionärsdemokratie. Erstmals konnten Aktionärinnen und Aktionäre über eine sogenannte Klimaresolution abstimmen. Allerdings befürworteten nur 18,5 Prozent der Investoren der Credit Suisse den Vorstoss der Ethos-Stiftung und der britischen NGO ShareAction.

Vincent Kaufmann, einer der Initianten des Vorstosses, hätte eigentlich eine höhere Zustimmung erwartet. Im Interview äussert er sich zur Kampagne, die 31 institutionelle Investoren hinter sich bringen konnte, und welche Pläne seine Stiftung in Zukunft verfolgt.

Der Vorschlag zur Änderung der Statuten erhielt 18,5 Prozent der Stimmen. Wie werten Sie das Ergebnis? Sind Sie zufrieden oder doch enttäuscht?

Es ist ein sehr gutes Ergebnis. Besonders wenn man bedenkt, dass ISS und Glass Lewis empfohlen haben, den Antrag abzulehnen. Ausserdem haben die beiden Aktionäre aus Katar mit jeweils 5 Prozent der Stimmrechte den Antrag nicht unterstützt. Es ist auch deshalb positiv, weil es die CS dazu veranlasst, ihre Finanzierungspolitik in Bezug auf die Ölsandindustrie und Bohrungen in der Arktis zu überdenken. Berücksichtigt man die Enthaltungen von 4,3 Prozent, so hat fast jeder vierte Investor den Verwaltungsrat nicht unterstützt. Für die erste Klimaresolution in der Schweiz ist das ein sehr gutes Ergebnis. Schliesslich weiss die CS, dass die Erwartungen der Aktionäre gross sind und dass sie ihre Finanzierungspolitik weiter verbessern und ihr Kreditportfolio überprüfen muss, um ihr Engagement in fossilen Anlagen zu reduzieren.

Sie hatten 31 Investoren hinter sich, die insgesamt 5000 Milliarden Dollar an Vermögenswerten in ihren Büchern haben. Hatten Sie angesichts dieser geballten Kraft ein besseres Ergebnis erwartet?

Angesichts der Klimakrise und der Tatsache, dass viele Investoren behaupten, nachhaltig zu sein, haben wir eine höhere Unterstützung erwartet. Andererseits war uns bewusst, dass einige Aktionäre einer Statutenänderungen zum jetzigen Zeitpunkt eher negativ gegenüberstehen. Das Argument, dass der Verwaltungsrat die Statuten nächstes Jahr im Rahmen der Revision des Gesellschaftsrechts überprüfen muss, hat uns nicht geholfen, mehr Stimmen zu sammeln. Wir haben während der Kampagne auch festgestellt, dass einige verantwortungsbewusste Investoren, die uns normalerweise unterstützen, ihre CS-Aktien aufgrund der Kontroversen verkauft haben. Ausserdem weiss ich, dass viele Investoren, die uns nicht unterstützt haben, die CS nach wie vor dazu anhalten, ihr Engagement in Kohlenstoffanlagen zu reduzieren.

Was kann Ethos tun, um noch mehr Unterstützung für ihren Aktionärsaktivismus zu erhalten?

Die Unterstützung der Investoren für einen Aktionärsantrag zu gewinnen, ist ein sehr ressourcenintensiver Prozess. Wir müssen mit vielen Investoren diskutieren und ihnen erklären, warum das Thema wichtig ist und warum sie uns unterstützen sollten. Wir haben vor, dies in Zukunft noch besser zu machen und haben vor kurzem unsere Engagement-Teams erweitert. Wir sind auch Teil vieler internationaler Investoren-Koalitionen wie Climate Action 100+ und der Investor Decarbonization Initiative, um Unterstützung für diese wichtigen Resolutionen zu gewinnen.

Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihren Stakeholdern erhalten?

Ich war wirklich beeindruckt von dem Engagement der Schweizer Pensionskassen, die uns unterstützen. Sie waren alle sehr motiviert, mit uns zusammenzuarbeiten. Ich werte es als sehr positives Zeichen, dass die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen bereit sind, das Engagement zu verstärken und Aktionärsanträge mit einzureichen, um von den Firmen in ihren Portfolios Verantwortung einzufordern.

Blackrock hat Ihrem Vorschlag nicht zugestimmt, obwohl CEO Larry Fink stets behauptet, dass ihm der Kampf gegen den Klimawandel besonders am Herzen liegt. Was sagen Sie zum Abstimmungsverhalten von Blackrock?

Es ist natürlich enttäuschend, dass ein so grosser Vermögensverwalter diesen pragmatischen Vorschlag, der ja voll und ganz auf seiner Linie liegt, nicht unterstützt. Aber ich habe ehrlich gesagt nicht erwartet, dass sie mitmachen würden, da ihnen normalerweise das direkte Engagement mit Unternehmen lieber ist. Ich hoffe, dass unser Vorschlag Diskussionen zwischen der Credit Suisse und Blackrock ausgelöst hat und somit der Druck auf die CS steigt, wirkungsvolle Massnahmen zu ergreifen.