Andrey Bykov habe innerhalb von 30 Tagen 73,5 Millionen Franken in Form einer Bareinlage auf das Postkonto der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bei der Postfinance Bern zu senden oder in Form einer Solidarbürgschaft oder einer Bankgarantie bei einer Schweizer Bank oder einer Schweizer Versicherung zu leisten. So die Sicherstellungsverfügung gegen den 1963 geborenen Russen unbekannten Aufenthalts, die die ESTV am vergangenen Donnerstag im Bundesblatt veröffentlichte.
Grund ist eine Verrechnungssteuerforderung von 41,1 Millionen Franken zuzüglich Verzugszinsen betreffend die Geschäftsjahre 2007 bis 2009 zweier inzwischen liquidierter Firmen. Laut Urteilen vom September 2022 beziehungsweise vom März 2024 wehrte sich Bykov vergeblich vor Bundesgericht gegen die Steuerforderung und die Bemessung der Verzugszinsen. Bykov kann die Verfügung innerhalb von 30 Tagen beim Bundesverwaltungsgericht anfechten.
Bei den betroffenen Firmen handelt es sich um die Eurepa Suisse SA und die Pro Life Systems AG, beide liquidiert und im Handelsregister gelöscht. Sie waren 2006 gegründet worden und gehörten zu einem Netzwerk von Unternehmen, die von Bykov beherrscht wurden. Aufsehen erregte damals, dass der Schwyzer CVP-Ständerat Bruno Frick zu den Geschäftspartnern Bykovs gehörte. «Bruno Frick trägt viele Hüte» titelte die NZZ im November 2009 und wies darauf hin, dass der Ständerat mit einem russischen Firmengeflecht verbunden sei. Kurze Zeit später trat Frick als Präsident der Schweizerischen Paraplegiker-Stiftung zurück. Die Russland-Connection Fricks poppte 2013 nochmals auf, als die Wahl des Schwyzer Politikers und Rechtsanwalts in den Verwaltungsrat der Finma eine Kontroverse auslöste.
Ein Preis für Putin sorgte für Aufregung
In der Zentralschweiz hatte Bykov bereits im Herbst 2002 für Schlagzeilen gesorgt. Er war Geschäftsführer der Firma Nuclear Disaramament Forum (NDF) mit Sitz in Zug, die einen Friedenspreis an Wladimir Putin übergeben wollte. Michail Gorbatschow und Bischof Desmond Tutu traten an der Preisverleihung im Casino Zug auf, nicht aber Putin. Die Zuger Kantonsregierung leistete der Einladung keine Folge, nachdem die Ehrung Putins Proteste ausgelöst hatte. «Schaffung eines internationalen Forums mit Sitz in der Schweiz zur Förderung der weltweiten nuklearen Abrüstung, insbesondere durch die zivile Nutzung der spaltbaren waffenfähigen Materialien ..», hiess es zum Zweck der NDF, die 2006 liquidiert wurde.
Der damals gemäss Handelsregister in Moskau ansässige Bykov beschäftigte die Schweiz neben dem Steuerverfahren zehn Jahre später noch einmal. Und zwar wegen eines deutschen Rechtshilfegesuchs. Seit Jahren lagen sich der Energiekonzern EnBW und der russische Lobbyist in den Haaren. Es ging um Verträge aus den Jahren 2001 bis 2008 und um rund 130 Millionen Euro, die EnBW wegen Nichterfüllung von Bykov zurückforderte.
2012 schaltete sich zudem die Staatsanwaltschaft Mannheim ein und eröffnete ein Verfahren wegen Verdachts auf Untreue gegen mehrere ehemalige und einen amtierenden Manager des Stromkonzerns. Ihnen wurde vorgeworfen, den Konzern mit Sitz in Karlsruhe durch nicht genügend besicherte Zahlungen sowie durch Verträge mit Bykov geschädigt zu haben. Laut einem Entscheid des Bundesstrafgerichts von 2017 erhielten die deutschen Ermittler umfangreiche Geschäfts- und Bankunterlagen aus der Schweiz. Es ging um Bykovs hiesige Firmen, über die er auch Geschäfte mit EnBW abwickelte. Die Staatsanwaltschaft Mannheim liess den Verdacht auf Untreue aber fallen, und die EnBW unterlag mit Klagen vor Schiedsgerichten. Zurück blieb für den Konzern aus den Geschäften mit Bykov ein dreistelliges Millionenloch.

