Ende April 2022 entfielen rund 1,6 Prozent der von Julius Bär verwalteten Vermögen auf russische Personen, die weder im Europäischen Wirtschaftsraum noch in der Schweiz wohnhaft sind, teilte die Bank am Donnerstagmorgen mit. Das entspricht einer Summe von 6,4 Milliarden Franken.
1,6 Prozent, die von Russinnen und Russen grenzüberschreitend in der Schweiz angelegt werden. Das klingt nach wenig. Der Präsident der Bankiervereinigung sprach im Februar davon, dass vier Prozent aller in der Schweiz verwalteten Gelder von Russen stammen könnten. So kam er auf eine Summe von 200 Milliarden Franken.
Tippinpoint schrieb im März von 17 Milliarden Vermögen mit Russland-Bezug. Allerdings umfasste diese Zahl auch Vermögen von Russen, die in der Schweiz und in EWR-Staaten wohnhaft sind. Ebenso von solchen, die sanktioniert wurden. Die Bank Bär wie auch die beiden Grossbanken Banken geben ihr russisches Gesamtexposure weiterhin nicht bekannt. Darum sagen die 1,6 Prozent relativ wenig aus.
Was Julius Bär ebenfalls nicht bekanntgibt: Wie viele Gelder von Russen von der Bank seit Ausbruch des Kriegs im Februar bis Ende April abgezogen wurden. Sie weist lediglich aus, dass sie in den ersten vier Monaten Nettoabflüsse in der Höhe von 2,7 Milliarden Franken hinnehmen musste. Bär erklärt den Rückgang mit dem Abbau von Krediten. Eine “beschränkte Anzahl grosser Kunden vor allem in Asien” hätte ihre Portfolios zurückgefahren. Die Bank spricht von einem “Deleveraging-Trend”, der im März am deutlichsten gewesen war und sich danach wieder verlangsamte.
Dass Julius Bär einen negativen Neugeldzufluss verzeichnet, ist aussergewöhnlich. Im ersten Halbjahr 2021 flossen der Bank netto 10 Milliarden Franken zu. Auf der Website sind historische Zeitreihen bis 2014 verfügbar: In keinem Halbjahr erlitt die Bank je Neugeldabflüsse. Auch im Jahr 2020 nicht, als wegen des Corona-Virus die Börsen einbrachen und ebenfalls viele Kunden den Leverage herunterfuhren.
Fakt ist, nicht-sanktionierte russische Kunden – egal wo sie wohnen – können ihre Gelder aus der Schweiz abziehen. Etliche vermögende Russen dürften das auch getan haben. Sie verschoben ihre Gelder in Staaten, die eine neutrale Positionen gegenüber Russland einnehmen, was die Schweiz bekanntlich nicht mehr tut. Zu den wichtigsten neutralen Finanzplätzen gehören Dubai und Israel. Haben auch Kunden von Julius Bär ihre Gelder in diese neuen sicheren Häfen transferiert? "Mögliche Outflows von russischen Geldern kommentieren wir nicht", sagt eine Sprecherin.
Erstmals überhaupt machte Julius Bär Angaben zu Gelder von Russen, die auf den Sanktionslisten stehen. Die Bank spricht von 800 Millionen Franken, die zu sogenannten Custody-Vermögen umklassifiziert wurden und nun eingefroren wurden. Im März noch machte sie keine genauen Angaben und sprach von einer "niedrigen einstelligen Anzahl Kunden", die von den eingeführten Sanktionen betroffen seien.